Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 27.04.2012 - F 7 C 17/10 (Lieferung 2013)

Aktenzeichen F 7 C 17/10 Entscheidung Urteil Datum 27.04.2012
Gericht Sächsisches Oberverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung 2013

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FlurbG beinhaltet ein Veränderungsverbot.
2. Die Flurbereinigungsbehörde kann den früheren Zustand gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2, § 137 FlurbG wiederherstellen lassen, wenn es der Flurbereinigung dienlich ist und Änderungen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FlurbG vorgenommen wurden.

Aus den Gründen

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 12. April 2010 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12. Juli 2010 sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1VwGO).


Die Verpflichtung zur Wiederherstellung des über das Grundstück der Klägerin verlaufenden Wegs beruht auf § 63 Abs. 2 LwAnpG i. V. m. § 34 Abs.2 Satz 1und 2 FlurbG. Diese Anordnungsberechtigung besteht nach § 34 Abs.4 und 5 FlurbG dann, wenn - wie hier - in formeller Hinsicht das Erfordernis der Zustimmung zu einer solchen wesentlichen Änderung oder Beseitigung und die Folgen der Nichtbeachtung entweder mit dem entscheidenden Teil des Anordnungsbeschlusses gem. § 6 Abs.1 FlurbG (§ 34 Abs. 4 FlurbG) oder gesondert öffentlich bekanntgemacht (§ 34 Abs.5 FlurbG) worden sind (vgl. auch Beschluss des Senats vom 6. April 2005 1 BS 60/05 -). Dies ist hier mittels Bekanntmachung des Anordnungsbeschlusses vom 10. November 1998 - mit dem Hinweis auf die zeitweilige Einschränkung des Eigentums - im Amtsblatt der Gemeinde R... vom Dezember 1998 geschehen (§ 34 Abs. 4 und 5 FlurbG i. V. m. § 110 FlurbG).


Die Flurbereinigungsbehörde kann sodann, den früheren Zustand gemäß §§ 34 Abs. 2 Satz 2, § 137 FlurbG wiederherstellen lassen, wenn es der Flurbereinigung dienlich ist und Änderungen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FlurbG vorgenommen wurden. Die Vorschrift beinhaltet ein Veränderungsverbot. Von der Anordnung des Flurbereinigungsbeschlusses bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplans gilt danach die Einschränkung, dass (Nr. 1) Änderungen in der Nutzungsart der Grundstücke, die zum ordnungsgemäßen Wirtschaftsbetrieb gehören, ohne Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde nicht vorgenommen werden dürfen sowie (Nr. 2) Bauwerke, Brunnen, Gräben, Einfriedungen, Hangterrassen und ähnliche Anlagen nur mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde errichtet, hergestellt, wesentlich verändert oder beseitigt werden dürfen. Dabei folgt aus § 63 Abs. 2 LwAnpG, dass die Vorschriften des Flurbereinigungsgesetz auf das Bodenordnungsverfahren sinngemäß anzuwenden sind, da das Landwirtschaftsanpassungsgesetz insoweit keine Bestimmungen enthält (vgl. SächsOVG Urt. v. 27. Juli 2006, - F 7 D 27/04 - zitiert nach juris, Rn. 18; s. auch Schwantag, in: Seehusen/ Schwede/Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Aufl. 2008, § 34 Rn. 10). § 34 FlurbG statuiert damit auch für die Zeitspanne zwischen der Bekanntgabe des Bodenordnungsbeschlusses und der Unanfechtbarkeit des Bodenordnungsplans ein (Veränderungs-)Verbot mit Erlaubnis- bzw. Zustimmungsvorbehalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 1989, NVwZ 1990, 336 m. w. N. <= RzF - 25 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG>). Eine Aufhebung der gesetzlichen Veränderungssperre im Einzelfall erfolgt mithin erst mit der Zustimmung.


Hintergrund der Beschränkung ist, dass jeder Teilnehmer eine seiner Einlage entsprechende wertgleiche Abfindung beanspruchen, aber nicht verlangen kann, in bestimmter Lage abgefunden zu werden. Die Vorschrift dient dazu, die Neugestaltung des Bodenordnungsgebietes zu gewährleisten und die planerische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Verfahrenszweckes zu sichern (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. April 1989 a. a. O.).


Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin den streitgegenständlichen Weg wesentlich verändert (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG). Sie hat eine Veränderung trotz des Hinweises im bestandskräftigen Anordnungsbeschluss vom 10. November 1998 auf die zeitweilige Einschränkung des Eigentums vorgenommen. Der Weg, der über das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Nr. F1. führt, unterfällt dem Begriff der "ähnlichen Anlagen" (Schwantag, in: Seehusen/Schwede/Schwantag/Wingerter a. a. O., § 34 Rn. 3). Er ist auch wesentlich i. S. der hier zu prüfenden Vorschrift verändert worden. Denn die Klägerin hat - wie auf den in der Behördenakte befindlichen Fotografien ersichtlich - nicht nur marginale Änderungen am Weg vorgenommen, sondern diesen in seiner Beschaffenheit und Breite verändert, in dem sie teilweise drei Reihen der zuvor vorhandenen 7 Reihen mit Betonplatten beseitigt und an ihrer Stelle ein Beet errichtet hat. Dieser Rückbau, der mehr als ein Drittel der Breite des Weges umfasst, stellt eine einschneidende und damit erhebliche Veränderung dar, denn der Weg ist aufgrund der vorgenommenen Verengung nur noch eingeschränkt - insbesondere für schwere und landwirtschaftliche Fahrzeuge - kaum noch oder gar nicht mehr sowie auch sonst nur mit höherem Anspruch an das Geschick und Können des Fahrers bei einem erheblichen Risiko des Abkommens vom Weg befahrbar. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob mit der Maßnahme der Klägerin auch eine Veränderung der Nutzungsart (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG) verbunden ist.


Der Klägerin ist auch keine Zustimmung für die von ihr veranlasste bauliche Maßnahme erteilt worden, so dass sie die gesetzliche Veränderungssperre missachtet hat. Der Beklagte hat ferner, das ihm gemäߧ 34 Abs. 2 Satz 2 FlurbG eingeräumte Ermessen sachgerecht ausgeübt. Weder ist ersichtlich, dass die Zustimmung - bei der es sich um eine gebundene Entscheidung handelt (vgl. BayVGH, Urt. v. 14. Oktober 1976, BayVBl. 1978, 210) -, offensichtlich zu erteilen gewesen wäre noch, dass sich der Beklagte von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet hat. Vielmehr stehen seine Ausführungen, dass eine Zusammenführung von Gebäude- und Grundeigentum nur sinnvoll ist, wenn für die landwirtschaftlich genutzte Anlage eine Erschließung vorhanden sei, die ein Befahren mit der insoweit erforderlichen Technik erlaube mit dem gesetzlichen Anliegen der Veränderungssperre und der insoweit ergangenen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. April 1989 a. a. O. <= RzF - 25 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG>) in Übereinstimmung. Die Anordnung steht zudem nicht im Widerspruch zu den in den §§ 1, § 2 LwAnpG verankerten Grundsätzen sowie den in § 3 LwAnpG enthaltenen Zielstellungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes, vielmehr wird mit ihr dem Zweck der Veränderungssperre des § 34 Abs. 1 FlurbG, ein reibungsloses Durchführen des Bodenordnungsverfahren ohne Veränderungen durch die Teilnehmer durchführen zu können, Rechnung getragen.


In Bezug auf die erfolgte Androhung der Ersatzvornahme sind keine Fehler ersichtlich, sie steht vielmehr in Einklang mit § 137 FlurbG. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.