Landgericht Mannheim, Beschluss vom 23.10.2006 - 6 T 46/06 (Lieferung 2008)
Aktenzeichen | 6 T 46/06 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 23.10.2006 |
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Gericht | Landgericht Mannheim | Veröffentlichungen | Lieferung | 2008 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Beim Grundbuchberichtigungsersuchen ist die Flurbereinigungsbehörde nicht verpflichtet, einen Grundschuldbrief vorzulegen. |
2. | Der Grundschuldbrief gehört nicht zu den erforderlichen Unterlagen nach § 80 FlurbG. |
3. | Eine Vorlage hat auch nicht nach §§ 40, 41 Grundbuchordnung zu erfolgen, da keine Eintragung "bei einer Grundschuld" durchzuführen ist. |
Aus den Gründen
I.
Im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens A. wurde das Grundbuchamt R. am 20.09.1999 durch das damals zuständige Amt für Flurneuordnung und Landentwicklung (AFL) S. ersucht, u.a. eine Berichtigung des hier betroffenen Grundbesitzes, als dessen Eigentümer der Beteiligte Ziffer 1 im Grundbuch eingetragen ist, vorzunehmen. Im Flurbereinigungsverfahren wurde dem Beteiligten Ziffer 1 anstelle des Grundstücks Lgb.Nr. 1511 das Grundstück Lgb.Nr. 7744 zugeteilt. Dieses ist 107 qm kleiner. Das Grundstück 1511 ist seit Juli 1968 mit einer Briefgrundschuld in Höhe von 2.000,00 DM zu Gunsten der Rechtsvorgängerin der Beteiligten Ziffer 2 belastet.
Nachdem das Grundbuchamt zunächst erfolglos versucht hat, bei der Beteiligten Ziffer 2 den Grundschuldbrief beizuziehen, hat es mit Zwischenverfügung vom 02.05.2006 das beteiligte Amt aufgefordert, den Grundschuldbrief vorzulegen. Da dies nicht erfolgte, hat das Grundbuchamt - Notar - mit Beschluss vom 16.05.2006 das Ersuchen zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des beteiligten Amtes, das die Auffassung vertritt, eine Vorlage des Grundschuldbriefes sei vorliegend zum Vollzug des Ersuchens nicht erforderlich.
II.
Die Beschwerde (§ 71 GBO) ist zulässig. Das beteiligte Amt ist gemäß § 38 GBO i.V.m. § 79 FlurbG zu dem Ersuchen um Grundbuchberichtigung zuständig und daher gegen dessen Ablehnung auch beschwerdeberechtigt (vgl. Demharter, GBO, 25. Aufl. Rdnr. 76).
Die Beschwerde ist begründet. Eine Vorlage des Grundschuldbriefs ist vorliegend zum Vollzug der Grundbuchberichtigung nicht erforderlich.
Im Flurbereinigungsverfahren gilt nach § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG im Falle der hier gegebenen Landabfindung der Grundsatz der dinglichen Surrogation. Mit der Anordnung der Ausführung des Flurbereinigungsplans tritt zu dem darin bestimmten Zeitpunkt (hier dem 07.04.1999) der im Plan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen Rechtszustandes (§ 61 Satz 2 FlurbG). Damit gehen die alten Grundstücke rechtlich unter; an ihre Stelle treten im Wege der Surrogation die als Ersatz ausgewiesenen Grundstücke. Das bedeutet, dass die Rechtsverhältnisse, die an den alten Grundstücken bestanden, sich ohne weiteres an den Ersatzgrundstücken fortsetzen, d.h. hier auch die Belastung mit einer Grundschuld. Das Grundbuch wird durch die Rechtsänderung in seinen Bestandsangaben unrichtig. Es ist auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde (§ 79 Abs. 1 FlurbG) entsprechend den neuen Verhältnissen zu berichtigen. Das Ersuchen ersetzt in Verbindung mit dem Flurbereinigungsplan und den sonstigen Unterlagen den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO. Das Grundbuchamt hat nur zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen des Eintragungsersuchens erfüllt sind, ob es alle für die beantragte Eintragung notwendigen Angaben enthält und ob die erforderlichen Unterlagen (vgl. § 80 FlurbG) vorliegen (BayObLG Rpfleger 86, 129).
Zu diesen erforderlichen Unterlagen gehört hier nicht der Grundschuldbrief. Eine Vorlage hat auch nicht nach §§ 40, 41 GBO zu erfolgen, da keine Eintragung "bei einer Grundschuld" durchzuführen ist, denn die Berichtigung erfolgt zum einen durch die Abschreibung des früheren Grundstücks im Bestandsverzeichnis und zum anderen dadurch, dass das neue Grundstück als neuer Bestand im Grundbuch vorgetragen wird. Die insoweit vorgenommene Änderung stellt im übrigen keinen wesentlichen Inhalt des Grundschuldbriefs dar und ist daher nicht nach § 62 GBO, sondern nach dem hier maßgeblichen (Art. 8 § 2 Satz 1 des Gesetzes vom 22.06.1977; BGBl. I, 998) § 57 Abs. 2 b i.V.m. Abs. 3 GBO a.F. bei einer Inhaltsänderung nur auf Antrag zu ergänzen.
Ob dies dann, wenn z.B. die Enthaftung bestehen bleibender Grundstücke eingetragen werden soll (so im Fall OLG Düsseldorf NJW RR 1997, 1375) oder die Haftung für übergangene Rechte auf dem Abfindungsgrundstück auf Bruchteile beschränkt wird (LG Karlsruhe BWNotZ 60, 24), anders zu beurteilen wäre und ob in diesen Fällen die Flurbereinigungsbehörde als Antragsteller zur Vorlage des Grundbuchbriefes verpflichtet wäre, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls muss nur für Eintragungen von Rechtsänderungen bei einem Grundpfandrecht der Brief vorliegen, im übrigen (so hinsichtlich der belasteten Grundstücke) werden Grundpfandrechtsbriefe nach § 57 GBO nur auf Antrag ergänzt (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 3875).
Anmerkung
so auch LG Mosbach, 20.01.2006