Flurbereinigungsgericht Weimar, Urteil vom 04.11.2003 - 7 F 364/01 (Lieferung 2005)
Aktenzeichen | 7 F 364/01 | Entscheidung | Urteil | Datum | 04.11.2003 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Weimar | Veröffentlichungen | Lieferung | 2005 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Auf der Grundlage von § 13 GBBerG i.V.m. § 6 Abs. 4 BoSoG kann ein Zustimmungsvorbehalt zugunsten der unteren Flurbereinigungsbehörde auch schon vor der Anordnung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 56 LwAnpG angeordnet und eingetragen werden, wenn ein Antrag nach § 64 LwAnpG vorliegt, der nicht offensichtlich unbegründet ist. |
2. | Der Vermerk über die Eröffnung eines Vermittlungsverfahrens nach § 92 Abs. 5 SachenRBerG steht der Eintragung eines Zustimmungsvorbehaltes nach § 13 GBBerG i.V.m. § 6 Abs. 4 BoSoG nicht entgegen. |
Aus den Gründen
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Anordnung des Zustimmungsvorbehaltes durch das Flurneuordnungsamt G. und der Widerspruchsbescheid des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 10. Mai 2001 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Anordnung und Eintragung des Zustimmungsvorbehalts ist § 13 Grundbuchbereinigungsgesetz - GBBerG - vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2192) i.V.m. § 6 Abs. 4 des Gesetzes über die Sonderung unvermessener und überbauter Grundstücke nach der Karte - Bodensonderungsgesetz (BoSoG) - vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2215). § 13 Satz 1 GBBerG bestimmt, dass in Verfahren nach dem 8. Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes - LwAnpG - dingliche Rechte an Grundstücken im Plangebiet und Rechte an einem ein solches Grundstück belastenden Recht aufgehoben, geändert oder neu begründet werden können; nach § 13 Satz 2 GBBerG ist die Bestimmung über die Eintragung eines Zustimmungsvorbehalts für Veräußerungen in § 6 Abs. 4 BoSoG entsprechend anzuwenden. Als dingliches Recht im Sinne dieser Vorschrift ist ein auf einem Grundstück lastendes Gebäudesondereigentum anzusehen. § 6 Abs. 4 BoSoG sieht vor, dass die Sonderungsbehörde in Verfahren nach § 1 Nr. 3 und 4 BoSoG anordnen kann, dass über die dinglichen Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten bis zum Abschluss des Verfahrens nur mit ihrer Genehmigung verfügt werden darf; die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Verfügung die Durchführung des Verfahrens nicht beeinträchtigen wird. Die Anordnung hindert Verfügungen über das dingliche Recht an dem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht nur, wenn im Grundbuch ein Zustimmungsvorbehalt unter Angabe dieser Vorschrift eingetragen ist. Das Grundbuchamt trägt den Zustimmungsvorbehalt nur auf Ersuchen der Sonderungsbehörde ein.
Das Flurneuordnungsamt Gera hat von der Ermächtigung in §§ 13 GBBerG, 6 Abs. 4 BoSoG Gebrauch gemacht. Dass es den Kläger vor der - angegriffenen - Anordnung nicht angehört hat, stellt zwar einen Verfahrensfehler dar. Dieser Fehler ist jedoch im Widerspruchsverfahren geheilt worden (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ThürVwVfG).
Der das Grundstück des Klägers betreffende Zustimmungsvorbehalt ist auch gemäß § 13 GBBerG "in" einem Verfahren nach dem 8. Abschnitt des LwAnpG angeordnet worden. Die L-GmbH hatte am 21. Juli 1999 die Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 64 LwAnpG beantragt. Dieser Antrag ist entgegen der Auffassung des Klägers bestimmt genug. Die GmbH hat am 30. Oktober 2002 klargestellt, dass das Bodenordnungsverfahren für die Flurstücke a) und b) durchgeführt werden soll. Damit steht fest, dass sich ihr Antrag auf die Horizontalsilos auf diesen Flurstücken erstrecken soll.
Der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts steht, anders als der Kläger meint, nicht entgegen, dass zu seinen Lasten im Grundbuch bereits ein Vermerk über die Eröffnung eines Vermittlungsverfahrens nach § 92 Abs. 5 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes - SachenRBerG - vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2457) eingetragen ist. Auch wenn dieser Vermerk - ebenso wie der Zustimmungsvorbehalt nach §§ 13 GBBerG, 6 Abs. 4 BoSoG - einen gutgläubigen Erwerb durch Dritte verhindern soll, hat er eine andere rechtliche Qualität als der angegriffene Zustimmungsvorhbehalt. Ihm kommt gemäß § 92 Abs. 6 SachenRBerG die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung der Ansprüche auf Erbbaurechtsbestellung und Ankauf des Grundstücks oder des Gebäudes zu, während der Zustimmungsvorbehalt nach §§ 13 GBBerG, 6 Abs. 4 BoSoG lediglich eine Verfügung über das Grundstück ohne Genehmigung der Flurneuordnungsbehörde verhindern soll.
Der angefochtenen Anordnung kann auch nicht entgegen gehalten werden, der Antrag auf Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens sei offensichtlich unbegründet (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 22. Januar 2002 - 9 K 20/01 - Leitsatz in JURIS). Die Durchführung eines Verfahrens nach § 64 LwAnpG ist nicht von vornherein ausgeschlossen.
Es spricht zunächst alles dafür, dass an den Silos auf dem Grundstück des Klägers gesondertes Gebäudeeigentum entstanden ist.
Gebäudeeigentum kann auf verschiedene Weise entstanden sein. Zum einen dadurch, dass eine der beiden in Art. 233 § 2b Abs. 1 Satz 1 EGBGB durch Bezugnahme auf § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und b bezeichneten Alternativen eingreift, zum anderen aufgrund der Verweisung auf § 27 des Gesetzes der DDR über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 2. Juli 1982 (GBl. I S. 443) - LPG-Gesetz 1982 - in Art. 233 § 2b Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Darüber hinaus kann selbständiges Gebäudeeigentum auf der Grundlage des § 13 des Gesetzes der DDR über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 3. Juni 1959 (GBl. I S. 577) - LPG-Gesetz 1959 - entstanden sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 1999 - 3 C 21.98 - AgrarR 2000, 238 = VIZ 2000, 35).
Im vorliegenden Fall spricht alles dafür, dass selbständiges Gebäudeeigentum an den Silos bereits auf der Grundlage des LPG-Gesetzes 1959 entstanden ist. § 13 Abs. 2 dieses Gesetzes bestimmte, dass die von der Genossenschaft auf Grund ihres Nutzungsrechts auf eingebrachtem bzw. übergebenem Boden errichteten Gebäude unabhängig vom Eigentum an Grund und Boden genossenschaftliches Eigentum werden. § 8 Abs. 1 des LPG-Gesetzes 1959 sah vor, dass die LPG an dem Boden, der durch die Mitglieder eingebracht worden war, ein volles Nutzungsrecht erhielt. Die Horizontsilos auf den Flurstücken a... und b... sind nach den Behördenvorgängen der OFD Erfurt zwischen 1974 und 1976 im Auftrag der Schweinemastanlage U. errichtet worden. An dem Betrieb der Schweinemastanlage war die LPG "W." beteiligt, die im Jahre 1973 u.a. das Flurstück c) und das Flurstück a) des Klägers zur Errichtung bereit gestellt hatte. Nach dem derzeitigen Sachstand ist davon auszugehen, dass der Kläger sein Flurstück in die LPG "W." eingebracht hatte, denn er war Genossenschaftsbauer dieser LPG, die im Übrigen ab 1. Januar 1973 die Schweinefleischproduktion seines eigenen Betriebes übernommen hatte. Danach spricht alles dafür, dass die LPG "W." ein Nutzungsrecht an dem Flurstück a) hatte und dass an den Silos auf diesem Flurstück genossenschaftliches Eigentum entstanden ist; dass für das (ehemalige) Flurstück c) etwas anderes gelten könnte, ist nicht erkennbar.
Wem heute das Gebäudeeigentum an den beiden Silos zusteht, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Die L.-GmbH, die den Antrag auf Durchführung des Bodenordnungsverfahrens gestellt hat, ist jedenfalls Eigentümerin des Flurstücks b) und als solche berechtigt, die Zusammenführung von Boden und Gebäudeeigentum zu beantragen (vgl. § 64 LwAnpG).
Der Durchführung des beantragten Bodenordnungsverfahrens steht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht der geringe Wert oder die geringe Restnutzungsdauer der Silos entgegen. Der Anordnung eines Bodenordnungsverfahrens können nicht die Einwendungen und Einreden entgegengehalten werden, die dem Betroffenen bei einer Neuordnung der Rechtsverhältnisse an Gebäuden und Grundstücken nach SachenRBerG zustehen würden; dies gilt insbesondere für die Einrede der geringen Restnutzungsdauer nach § 31 SachenRBerG. Für deren entsprechende Anwendung als ein bereits die Einleitung des Bodenordnungsverfahrens hindernder Ausschlussgrund ist kein Raum, weil die Bestimmung auf eine verfahrensrechtliche Lage zugeschnitten ist, die sich mit der Lage zum Zeitpunkt der Anordnung des Bodenordnungsverfahrens nicht vergleichen lässt (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 2000 - 7 F 930/98 - ThürVGRspr. 2001, 65 = VIZ 2001, 155 = AgrarR 2001, 219).
Die Anordnung des Zustimmungsvorbehalts ist ferner nicht wegen eines Ermessensfehlers aufzuheben. Ihr liegt die tragende Erwägung zugurnde, dass ohne den Zustimmungsvorbehalt die sachgerechte Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens erschwert oder verhindert werden könnte. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 11 C 1.98 - SächsVBl. 1999, 104 = VIZ 1999, 543 = AgrarR 1999, 322). Ein Ermessensfehler kann auch nicht darin erblickt werden, dass das Flurneuordnungsamt zunächst davon ausging, die L.-GmbH habe als Gebäudeeigentümerin die Durchführung des Bodenordnungsverfahrens beantragt. Der Beklagte hat zulässigerweise im Gerichtsverfahren die Erwägung nachgeschoben, die GmbH sei als Grundstückseigentümerin berechtigt, das Verfahren zu beantragen (vgl. zum Nachschieben von Ermessenserwägungen BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 11 C 2.98 - AgrarR 1999, 250).
Schließlich erweist sich der angeordnete Zustimmungsvorbehalt nicht als unverhältnismäßig. Zunächst hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass der Kläger jederzeit eine Genehmigung für dingliche Verfügungen über sein Grundstück erhält, wenn die Verfügung die Durchführung des Bodenordnungsverfahrens nicht beeinträchtigt. Unverhältnismäßig ist der Zustimmungsvorbehalt auch nicht deshalb, weil bereits im Grundbuch ein Vermerk über die Eröffnung eines Vermittlungsverfahrens nach dem SachenRBerG eingetragen ist. Dieser Vermerk gewährleistet - anders als der angefochtene Zustimmungsvorbehalt - nicht, dass das Flurneuordnungsamt über eine Änderung der privatrechtlichen Eigentumsverhältnisse in Kenntnis gesetzt wird. Überdies sei darauf hingewiesen, dass der Notar des Vermittlungsverfahrens im vorliegenden Fall die Beteiligten aufzufordern hat mitzuteilen, ob das Bodenordnungsverfahren fortgesetzt werden soll; wird dies von einem Beteiligten erklärt, ist das Vermittlungsverfahren einzustellen (vgl. § 95 Abs. 2 SachenRBerG) und der entsprechende Vermerk im Grundbuch zu löschen.