Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 27.04.2005 - 9 K 2/03 (Lieferung 2006)
Aktenzeichen | 9 K 2/03 | Entscheidung | Urteil | Datum | 27.04.2005 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Flurbereinigungsgericht Greifswald | Veröffentlichungen | Lieferung | 2006 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Investitionen, die vor Aufhebung des § 18 LPG-G 1982 mit Wirkung vom 01. Juli 1990 begonnen wurden, begründen Gebäudesondereigentum, wenn ihre spätere Realisierung nicht stecken blieb. |
2. | Ein (auf Grund Art. 233 § 2a EGBGB) rechtskräftig festgestelltes Besitzrecht bewirkt keine zwingende Vorgabe zur Gestaltung der Abfindung; maßgebend ist, welche Funktionsflächen im Sinne des § 22 Absatz 3 in Verbindung mit § 12 Absatz 3 Satz 2 SachenRBerG Gebäude und bauliche Anlagen benötigen. |
Aus den Gründen
Mit der Aufhebung des § 18 LPGG mit Wirkung vom 01. Juli 1990 durch § 7 Nr. 6 des Gesetzes über die Änderung oder Aufhebung von Gesetzen der DDR vom 28. Juni 1990 (GBl. I S. 483) war die Entstehung neuen, selbstständigen Gebäudeeigentums ausgeschlossen (BT- Drucks. 12/7135 S. 72). Somit galt nach dem 30.06.1990 wieder der in § 295 Abs. l ZGB anerkannte, wenngleich in der Rechtswirklichkeit der DDR vielfach durchbrochene Grundsatz, dass das Eigentum am Grundstück auch die mit dem Boden fest verbundenen Gebäude und Anlagen sowie die Anpflanzungen umfasst (BGH, U. v. 04.12.1997 - III ZR 270/96 - VIZ 1998, 162 = NJ 1998, 369).
Das Gebäudeeigentum war bereits zum 30.06.1990 entstanden. Der BGH hat für ein Bauvorhaben, das über die Herstellung einer Fundamentplatte nicht hinausgekommen war, entschieden, dass durch den Guss der Fundamentplatte allein Gebäudeeigentum der LPG nicht entstanden sei (BGH, U. v. 09.07.1999 - V ZR 148/98-VIZ 1999, 614). Indes hat der Gesetzgeber durch die verschiedenen Regelungen etwa in § 8 Nr. 3 SachenRBerG, zum Ausdruck gebracht, dass Investitionen, die während der Geltung des § 18 LPGG begonnen worden sind, als zu Zeiten der alten Rechtsordnung getätigte Investitionen geschützt werden sollen (so BGH, U. v. 09.07.1999 - a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den eingereichten Unterlagen, dass wesentliche Teile des Bauvorhabens vor dem 03.06.1990 realisiert waren. Dies wird insbesondere deutlich aus dem Prüfbescheid vom 07.06.1990 in dem die "bauaufsichtliche Zustimmung zur weiteren Bauausführung" erteilt wird. In den Anmerkungen heißt es "aus technologischen Gründen wurde die Bewehrung der Mittel- und Westwand noch nicht ausgeführt". Die Bewehrung ist gemäß Projekt verlegt worden". Das Vorhaben ist auch nicht - wie in der Entscheidung des BGH zu Grunde gelegt - in seiner Realisierung stecken geblieben. Hinzu kommt, dass gemäß § 64 LwAnpG von dem Investitionsschutz auch Anlagen umfasst werden, die nicht als Gebäude angesehen werden können.
Der Bodenordnungsplan geht maßgebend davon aus, dass die Zuordnung der Fahrbahn zu der Tankstelle und des Abstellplatzes deswegen geboten ist, weil das Oberlandesgericht der Beigeladenen hieran ein Besitzrecht zugesprochen hat. Das Oberlandesgericht hat rechtskräftig eine Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber der Klägerin auf Herausgabe dieser Flächen gemäß § 985 BGB verneint mit der Begründung, dass der Beigeladenen ein Besitzrecht zukomme. Die Rechtskraft dieser Vorentscheidung wirkt auch, soweit es um diese Vorfrage geht (vgl. OLG Hamburg, U. v. 06.12.2000 - 4 U 142/99 - ZMR 2003, 255 - zit. nach juris). Könnte sich die Klägerin im hier zu beurteilenden Bodenordnungsverfahren darauf berufen, dass der Beigeladenen kein Besitzrecht zusteht, würde sie sich im Widerspruch zu den zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellten Rechtsverhältnis setzen (vgl. BGH, U. v. 02.06.1984 - IV AZR 34/83 - JZ 1984, 902).
Dies führt indessen nicht dazu, dass insoweit für die Planungsentscheidung eine zwingende Vorgabe besteht. Nach der Rechtsprechung des Senates kommt es nämlich wesentlich auf die Wertentscheidungen an, die das Sachenrechtsbereinigungsgesetz für die Zusammenführung getrennten Gebäude- und Grundeigentums aufstellt. Hier wird nicht auf den Besitz von Flächen außerhalb der betroffenen Gebäude abgestellt, sondern im Ausgangspunkt ist maßgebend zu beurteilen, welche Funktionsfläche das Gebäude benötigt, an dem getrenntes Gebäudeeigentum entstanden ist (§ 22 Abs. 3 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 2 SachenRBerG). Der Senat wendet daher die §§ 22f. SachenRBerG entsprechend an, soweit dies nach den oben dargelegten Grundsätzen mit einer sachgerechten Planung nach den Zielen des § 3 LwAnpG vereinbar ist. Bei den Betriebsgebäuden sind nach § 12 Abs. 3 Satz 2 SachenRBerG die Flächen einzubeziehen, die für die zweckentsprechende Nutzung des Gebäudes im Betrieb des Nutzers notwendig sind. Dabei kommt es auf die Zweckbestimmung zur Zeit der Errichtung bzw. der Inanspruchnahme der fremden Grundstücksfläche für das Bauwerk an. Eine nachträgliche Nutzungsänderung ist unbeachtlich und erhöht die Teilflächen des Grundstücks nicht, die Nutzeransprüchen nach dem Gesetz unterliegen soll (vgl. Zimmermann in: Prütting/Zimmermann/Heller: Grundstücksrecht Ost § 22 SachenRBerG Rn. 11).