Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 01.10.2003 - 9 C 10827/03.OVG = RdL 2004 S. 45= AUR 2004 S. 191 (Lieferung 2005)
Aktenzeichen | 9 C 10827/03.OVG | Entscheidung | Urteil | Datum | 01.10.2003 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = RdL 2004 S. 45 = AUR 2004 S. 191 | Lieferung | 2005 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Als geringfügige Änderungen sind solche anzusehen, die nicht die Frage aufwerfen, ob die Voraussetzungen für eine Flurbereinigung, nämlich ihre Erforderlichkeit und das Interesse der Beteiligten, gegeben sind (§ 4 FlurbG), so dass es lediglich darum geht, das Gebiet, für das diese Voraussetzungen vorliegen, so zu begrenzen, dass der Zweck der Flurbereinigung möglichst vollkommen erreicht wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). |
2. | Eine geringfügige Änderung des Flurbereinigungsgebietes ist nur anzunehmen, wenn sie keine wesentlichen Auswirkungen auf die Planung und die Bodenordnung hat, so dass die betroffenen Eigentümer vor der Anordnung der Gebietserweiterung nicht angehört werden müssen und auch ihre Mitwirkungsrechte nicht durch eine andere Zusammensetzung des Teilnehmervorstandes nach § 21 Abs. 6 FlurbG beachtet werden müssen. |
3. | Liegt zwischen der Aufklärungsversammlung nach § 5 Abs. 1 FlurbG und einem Änderungsbeschluss nach § 8 Abs. 2 FlurbG ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren, muss eine neue Aufklärungsversammlung stattfinden, weil innerhalb eines derart langen Zeitraums eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sein kann, so dass die Ergebnisse der Anhörung nicht mehr verwertbar sind. |
Aus den Gründen
Eine Anhörung der Beteiligten und Nebenbeteiligten zu der Änderung ist erforderlich (§ 8 Abs. 2, § 5 FlurbG). Die Auslegung des Begriffes geringfügige Änderung hat sich neben dem Wortlaut, der umfangreiche Änderungen ausschließt, auch an dem Sinn der Regelung des § 8 Abs. 1 im Verhältnis zum § 8 Abs. 2 FlurbG zu orientieren. Als geringfügige Änderungen sind danach solche anzusehen, die gerade nicht die Frage aufwerfen, ob die Voraussetzungen für eine Flurbereinigung, nämlich ihre Erforderlichkeit und das Interesse der Beteiligten, gegeben sind (§ 4 FlurbG), so dass es lediglich darum geht, das Gebiet, für das diese Voraussetzungen vorliegen, so zu begrenzen, dass der Zweck der Flurbereinigung möglichst vollkommen erreicht wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Für die Abgrenzung zwischen geringfügigen und erheblichen Änderungen ist maßgeblich, ob die Änderung so wesentlich ist, dass das förmliche Verfahren nach § 4, § 5, § 6 FlurbG als notwendig erscheint (BVerwG, Urteil vom 16. April 1971 - IV C 36.68 - in DÖV 1972, 173). Eine geringfügige Änderung des Flurbereinigungsgebietes ist nur anzunehmen, wenn sie ihrem Umfang nach keine wesentlichen Auswirkungen auf die Planung und die Bodenordnung hat, so dass die betroffenen Eigentümer vor der Anordnung der Gebietserweiterung nicht angehört werden müssen und auch ihre Mitwirkungsrechte nicht durch eine andere Zusammensetzung des Teilnehmervorstandes nach § 21 Abs. 6 FlurbG beachtet werden müssen (Flurbereinigungsgericht Koblenz, Beschluss vom 14. Oktober 1988 - 9 B 5/88 - in RdL 1989, 217).
Eine geringfügige Änderung in diesem Sinne liegt hier nicht vor.
Dies ergibt sich aus der Vorgeschichte des Änderungsbeschlusses. Die umstrittene Fläche der Gemarkung ... war ursprünglich von der Flurbereinigungsbehörde als Teil des Flurbereinigungsgebietes vorgesehen. In der Aufklärungsversammlung am 27. April 1995 wurde jedoch vom Amtsleiter des Kulturamtes erklärt, das Gebiet nördlich der Bahn und westlich der Straße nach ... werde nicht in das Verfahren einbezogen, nachdem der Ortsbürgermeister von ... geäußert hatte, eine Einbeziehung solle nicht erfolgen, weil hier Bauland ausgewiesen werden solle. Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 bestätigte die Flurbereinigungsbehörde dem Bevollmächtigten der Klägerin, dass die Fläche westlich der Ortslage und nördlich der Bahnlinie entgegen der ursprünglichen Absicht nicht in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen werde. Nachträgliche Zuziehungen und Ausschließungen von einzelnen Grundstücken seien jedoch weiterhin möglich. Sie würden jedoch nur auf Einzelantrag vorgenommen, wenn sie den Zielen der Flurbereinigung etwa durch bessere Zusammenlegung dienten. Die Flurbereinigungsbehörde machte also einen Unterschied zwischen der Zuziehung des umstrittenen Gebietes und der Zuziehung einzelner Grundstücke.
Diese Unterscheidung lässt erkennen, dass die Zuziehung des umstrittenen Gebietes nicht erfolgte, weil sie dem Zweck des gesamten Verfahrens diente, sondern aus eigenständigen, nur für dieses Gebiet zutreffenden Gründen. Dies wird auch aus der Begründung des Änderungsbeschlusses deutlich. Danach erfolgt die Zuziehung der Grundstücke aus der Gemarkung ... auf Antrag der Verbandsgemeinde ..., "um neben agrarstrukturellen Zielen die Umsetzung eines Gewässerpflegeplanes für den ...graben bodenordnerisch umsetzen zu können." Es wird nicht dargelegt, dass die agrarstrukturellen Ziele in einer Verbesserung des Zusammenlegungserfolges durch Flächentausch mit dem übrigen Flurbereinigungsgebiet bestehen. Vielmehr wurde, wie die Beigeladene unwidersprochen vorgetragen hat und auch durch die Niederschrift zur Vorstandssitzung der Beigeladenen vom 5. November 2002 bestätigt wird, eine Verlegung nur im Einverständnis mit den Beteiligten angekündigt....
Es fehlt jedoch an der nach § 8 Abs. 2, § 5 FlurbG vorzunehmen Anhörung der Eigentümer und Behörden. Zwar hat im Jahr 1995 ein Anhörungsverfahren stattgefunden, insbesondere eine Aufklärungsversammlung i.S.v. § 5 Abs. 1 FlurbG. Diese Anhörung entspricht jedoch nicht den Anforderungen an eine Anhörung für den Änderungsbeschluss vom 22. Januar 2003. Dies folgt zum einen aus dem Zeitablauf. Zwischen dem Anhörungsverfahren im Jahr 1995 und dem Änderungsbeschluss liegen mehr als sieben Jahre. Innerhalb eines derart langen Zeitraumes kann durchaus eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sein, so dass die Ergebnisse der Anhörung nicht mehr verwertbar sind.