Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 24.04.2007 - 13 A 05.3249 (Lieferung 2008)

Aktenzeichen 13 A 05.3249 Entscheidung Urteil Datum 24.04.2007
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung 2008

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zu den Umständen im Sinn von § 44 Abs. 2 FlurbG, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben und deshalb bei der Landabfindung im Flurbereinigungsverfahren zu berücksichtigen sind, können auch Bewirtschaftshindernisse in Gestalt von Biotopen gehören.

Aus den Gründen

Neben dieser rechnerischen Wertgleichheit (Summe der Wertverhältniszahlen) sind aber auch die in § 44 Abs. 2 und 4 FlurbG aufgeführten gleichwertigkeitsbestimmenden Umstände und Faktoren zu beachten (BVerwG vom 10.5.1990 BVerwGE 85, 129/131). Im vorliegenden Fall widerspricht die Gestaltung der Abfindung dem Gebot, alle Umstände zu berücksichtigen, die u.a. auf die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben (§ 44 Abs. 2 Alt. 2 FlurbG).


Der Kläger hatte in das Flurbereinigungsverfahren unstreitig Wiesenflächen eingebracht, die – abgesehen von der ungünstigen Form der in der Gemarkung K. gelegenen Flurstücke – eine hindernisfreie Bewirtschaftung zuließen. Er hat aber insoweit keine adäquate Abfindung erhalten. Das ca. 100 m mal 200 m (1,9921 ha) große Flurstück 1001 der Gemarkung Unterw. ist mit seiner rechteckigen Form zwar günstig geschnitten, weist aber erhebliche innere Bewirtschaftungshindernisse auf, die so in der Einlage nicht vorhanden waren. Es gibt in dem Abfindungsflurstück insgesamt acht Biotope im Sinn von Art. 13d Abs. 1 BayNatSchG: vier seggen- oder binsenreiche Feuchtwiesen, drei Weidengebüsche (300 m2) und einen ca. 200 m langen, flachen Graben mit Hochstaudenflur, der den größten Teil des Furstücks diagonal durchzieht und sich nach Süden zu verjüngt (ca. 3 m bis 1 m Breite). Die Feuchtwiesen weisen zwar nur eine Gesamtfläche von 0,24 ha auf, sind aber ebenso wie die Weidengebüsche so ungünstig verteilt, dass sie einer rationellen Traktor-Bewirtschaftung im Wege stehen. Davon ausgehend, dass eine solche üblicherweise auf parallelen Bahnen in Längsrichtung des Flurstücks erfolgt, ist hier festzustellen, dass die Biotope fast nirgends einen ungehinderten Arbeitsgang in einem Zug von einem Ende des Grundstücks zum anderen zulassen. Außerdem müssten die Biotope markiert und bei der Ausbringung von Gülle als Dünger ausgespart werden, was unpraktikabel und aufwändig wäre. Eine Beseitigung der Bewirtschaftungshindernisse wäre als Maßnahme, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung dieser Biotope führen würde, nach Art. 13d Abs. 1 BayNatSchG unzulässig. Ob hierfür eventuell eine Ausnahme nach Art. 13d Abs. 2 BayNatSchG in Betracht käme, wie es von der Beklagten für möglich gehalten wird, kann dahinstehen, weil jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine ausdrückliche entsprechende Äußerung der zuständigen Naturschutzbehörde vorlag. Nach Einschätzung des sachverständig besetzten Senats (vgl. BVerwG vom 29.9.2003 AUR 2004, 346) wirken sich die über das gesamte Abfindungsflurstück 1001 verteilten Bewirtschaftungshindernisse so stark aus, dass sie selbst durch den hohen Zusammenlegungsgrad und die gute Formung nicht kompensiert werden.