Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 20.01.1959 - F III 38/56

Aktenzeichen F III 38/56 Entscheidung Urteil Datum 20.01.1959
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Anfechtung eines durch Vergleich anerkannten Flurbereinigungsplans.

Aus den Gründen

Die Vereinbarung, die die Kläger am 28.6.1955 mit der Flurbereinigungsbehörde getroffen haben, stellt sich, wie schon erwähnt und wie auch die Kläger zutreffend vorgetragen haben, rechtlich als Vergleich dar. Es sollte dadurch der Streit über ein Rechtsverhältnis, über den Abfindungsanspruch der Kläger, im Wege beiderseitigen Nachgebens beseitigt werden. Dieser Streit betraf in erster Linie die Abfindung der Kläger im "Heiligen Land". Die Beseitigung des Streites erfolgte dadurch, daß die Flurbereinigungsbehörde den Klägern u. a. eine einmalige Entschädigung in Höhe von 2 000,-- DM zubilligte und daß die Kläger ihre Zuteilung nach dem Flurbereinigungsplan anerkannten. Darin liegt das beiderseitige Nachgeben. Daß auch öffentlich-rechtliche Streitigkeiten sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch im Verwaltungsstreitverfahren durch Vergleich beendet werden können, ist anerkannten Rechts. Vereinbarungen dieser Art können allerdings nur dann getroffen werden, wenn beiden Vertragschließenden ein Verfügungsrecht über den Streitgegenstand zusteht (vgl. insbesondere Urteil des VGH Stuttgart vom 11.6.1953, RdL 1954, 19; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.6.1957, BVerwGE 5, 128; RGZ 147, 280; Palandt, BGB 17. Aufl. Vorbem. zu § 779). Im vorliegenden Falle war das Verfügungsrecht der Kläger ohne weiteres gegeben; aber auch das der Flurbereinigungsbehörde lag vor. Denn die Flurbereinigungsbehörde kann in Anwendung der Bestimmungen des Flurbereinigungsgesetzes in das Eigentum des einzelnen Beteiligten eingreifen und es entsprechend der Vorschrift des § 37 FlurbG neu gestalten. Im Rahmen dieser Zuständigkeit und unter Wahrung der sie bindenden gesetzlichen Vorschriften kann die Flurbereinigungsbehörde mit den Beteiligten Vergleiche schließen.

Ein Vergleich ist aber, wie die Kläger mit Recht geltend machen, nach § 779 BGB unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Diese Bestimmung gilt zwar zunächst nur für das bürgerliche Recht. Sie enthält jedoch einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch im Bereich des öffentlichen Rechts gelten muß (vgl. dazu das bereits erwähnte Urteil des VGH Stuttgart RdL 1954, 9) jedenfalls aber im Flurbereinigungsverfahren.