Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren
von Anonymer Benutzer

RzF - 9 - zu § 58 Abs. 1 FlurbG

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.11.1992 - 7 U 122/91

Aktenzeichen 7 U 122/91 Entscheidung Urteil Datum 26.11.1992
Gericht Oberlandesgericht Köln Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Den Beamten der Flurbereinigungsbehörden obliegt gegenüber den Beteiligten eines Flurbereinigungsverfahrens die Amtspflicht, Flurbereinigungsmaßnahmen so zu planen und auszuführen, daß es hierdurch nicht zu Schäden an Rechtsgütern der Beteiligten kommt.
2. Ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung ist nicht begründet, wenn der Geschädigte es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels gegen die schädigende Amtshandlung abzuwenden.

Aus den Gründen

Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung kommen vorliegend nur nach Maßgabe der Vorschrift des § 839 BGB (in Verbindung mit Art. 34 GG) in Betracht. Die Bediensteten der beteiligten Flurbereinigungsbehörden haben bei der Planung und Durchführung der Flurbereinigungsmaßnahmen in der Gemeinde O. öffentlich-rechtliche Tätigkeit ausgeübt. Die dabei unter anderem vorgenommene Verlegung des G.-Grabens und Verfüllung des früheren G.-Grabens sind in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit dieser hoheitlichen Tätigkeit erfolgt. Den Beamten der Flurbereinigungsbehörden oblag gegenüber dem Kläger als (Mit-)Eigentümer eines im Flurbereinigungsgebiet befindlichen Grundstücks insbesondere die Amtspflicht, flurbereinigungsrechtliche Maßnahmen nicht so zu planen oder auszuführen, daß es hierdurch zu Schäden an den Rechtsgütern des Klägers kam. Ob ein Planungsfehler oder sonstiges Fehlverhalten der Bediensteten der Flurbereinigungsbehörden für die Verletzung des Hauseigentums des Klägers und somit für die von ihm behaupteten Schäden ursächlich gewesen ist, kann jedoch dahinstehen. Ein Schadenersatzanspruch wegen einer eventuell begangenen schuldhaften Amtspflichtverletzung scheitert jedenfalls an der Vorschrift des § 839 Abs. 3 BGB, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat. Nach dieser Bestimmung tritt eine Ersatzpflicht des Beamten dann nicht ein, wenn der Geschädigte es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Als Rechtsmittel werden dabei alle Rechtsbehelfe angesehen, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung richten und das Ziel haben, diese zu beseitigen oder zu berichtigen und damit den Schaden abzuwenden (ständige Rechtsprechung, z. B. BGH NJW 1978, 1522, 1523). Als ein Rechtsmittel in diesem Sinne sind vorliegend sowohl der Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan (insbesondere Wege- und Gewässerplan) nach § 59 Abs. 2 FlurbG sowie auch der Widerspruch gegen die Ausführungsanordnung gemäß § 61, § 141 Abs. 1 FlurbG anzusehen. Mit beiden Rechtsbehelfen hätte der Kläger nämlich eine Abänderung des Flurbereinigungsplans von der Flurbereinigungsbehörde verlangen können (§ 60 Abs. 1, § 64 FlurbG) dergestalt, daß Maßnahmen zur Verhütung von Überschwemmungen im Bereich des alten G.-Grabens geplant wurden. Im Falle der Nichtabhilfe hätte dann im Wege der Klage vor dem Flurbereinigungsgericht eine Planänderung erstritten werden können. Falls die Planung nicht fehlerhaft war, sondern lediglich ein technischer Ausführungsfehler vorlag, hätte dem Kläger die Möglichkeit der Leistungsklage (sogenannte Ausbauklage) gegen die Teilnehmergemeinschaft zugestanden (vgl. dazu BVerwGE 57, 31, 36; VGH Baden-Württemberg Agrarrecht 1974, 327, 328).

Der Nichtgebrauch dieser Rechtsbehelfe ist auch für den vom Kläger behaupteten Schaden ursächlich geworden. Kausalität ist dann gegeben, wenn bei rechtzeitiger Einlegung des Rechtsmittels der Schaden abgewendet oder gemindert worden wäre. Bei der Frage, ob das schuldhaft versäumte Rechtsmittel den Schaden hätte abwenden können, ist maßgebend, wie nach Auffassung des mit der Amtshaftungsklage befaßten Gerichts die Entscheidung über das versäumte Rechtsmittel hätte ausfallen müssen (ständige Rechtsprechung, z. B. BGH NJW 1986, 1924, 1925). Bei Unterstellung des klägerischen Sachvortrags, wonach ein Planungs- und/oder Ausbaufehler vorgelegen hat, hätte ein von ihm ergriffener flurbereinigungsrechtlicher Rechtsbehelf aufgrund des für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden Prinzips der Amtsaufklärung zu einer Änderung des Flurbereinigungsplans bzw. einer entsprechenden Ausführung der Maßnahmen geführt. Zu den schadensstiftenden Überschwemmungen wäre es dann nicht mehr gekommen.

Anmerkung

S. a. BGH, Urteil vom 15.05.1986 - III ZR 241/84