Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 13.04.1989 - 13 A 87.00420

Aktenzeichen 13 A 87.00420 Entscheidung Urteil Datum 13.04.1989
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die flurbereinigungsgerichtliche Zweckmäßigkeitsüberprüfung hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob ein Abwägungsausfall vorliegt, die Abwägung mit einem Abwägungsdefizit behaftet oder eine Abwägungsfehleinschätzung zu verzeichnen ist.
2. Ergibt diese Prüfung, daß kein Ermessensfehler vorliegt, so ist das Flurbereinigungsgericht nicht befugt, eine seines Erachtens zweckmäßigere Abfindungslösung anzuordnen.

Aus den Gründen

Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist die Landabfindung eines Teilnehmers im Flurbereinigungsplan als Ergebnis des Abwägungsvorganges, der die in § 44 ff. FlurbG aufgestellten Planungsgrundsätze zu beachten hat. Dem Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens steht das subjektiv-öffentliche Recht zu, den seine Abfindung berührenden Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle dahin zu unterstellen, ob Ermessensfehler im Sinne der § 114 VwGO, § 146 Nr. 2 FlurbG vorliegen, weil die Behörde eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht vorgenommen hat (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht einbezogen hat, was nach Lage der Dinge in sie einzubeziehen war (Abwägungsdefizit), oder diese Belange verkannt bzw. falsch gewichtet hat (Abwägungsfehleinschätzung). Ergibt diese Prüfung, daß kein Ermessensfehler vorliegt, der Teilnehmer demnach dem Gesetz entsprechend abgefunden ist, so steht dem Gericht auch im Rahmen seines Prüfungsauftrags nach § 146 Nr. 2 FlurbG nicht die Befugnis zu, eine seines Erachtens zweckmäßigere Abfindung anzuordnen (BVerwGE 57, 192 = RzF - 7 - zu § 146 Nr. 2 FlurbG).

Gemäß § 44 Abs. 2 FlurbG hatte die Beklagte bei der Erstellung des Flurbereinigungsplanes die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen. In diese Abwägung mit einzubeziehen waren dabei auch die von den Teilnehmern bei den Abfindungsverhandlungen nach § 57 FlurbG geäußerten, und am Gesetz orientierten Wünsche. Hinsichtlich der Zuteilung des - weder vom Kläger noch vom Beigeladenen eingelegten - Flurstücks 41, das an die Hofstellen dieser beiden Beteiligten angrenzt und dessen Zuteilung beide Beteiligten bei den Abfindungsverhandlungen vom 24. (Kläger) bzw. 27.02.1984 (Beigeladener) gewünscht hatten, bedeutete dies konkret, daß die Interessen des Klägers und des Beigeladenen an der Zuteilung dieses Grundstücks gegeneinander abzuwägen waren.

Bei der Abwägung war davon auszugehen, daß es sich bei beiden Beteiligten um Landwirte handelte, deren Hofstellen wegen ihrer geringen Größen und der fehlenden Durchfahrtsmöglichkeiten ungünstig zu bewirtschaften waren. Für beide Beteiligten hatte die Beklagte als Flurbereinigungsbehörde daher im Rahmen des ihr Möglichen dafür Sorge zu tragen, die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe zu verbessern, den Arbeitsaufwand zu vermindern und die Bewirtschaftung zu erleichtern (§ 37 Abs. 1 FlurbG). Die Zuteilung des Flurstücks 41 an den Kläger hätte diesem die Möglichkeit geboten, sich durch erhebliche Umbaumaßnahmen am Schweinestall eine Abfahrt nach Norden zu schaffen. Der Kläger hätte dann seine Silos ohne Rangieren im Hof problemlos füllen und den umgebauten Stall als Schlepperunterstellraum nutzen können. Darüber hinaus wäre keine weitere Verbesserung der Betriebsabläufe zu erreichen gewesen, insbesondere hätte die Scheune im Westen des Hofgrundstücks nicht durchfahren werden können; bei dieser Scheune wäre nach wie vor rückwärts ein- oder auszufahren gewesen. Zu bedenken war außerdem, daß nach den Feststellungen des Senats beim Augenschein die Ausfahrt nach Norden ein Gefälle von 15 % aufgewiesen hätte und damit durch abfahrende Fahrzeuge eine Gefährdung des Verkehrs auf der vorbeiführenden Ortsstraße nicht auszuschließen gewesen wäre. Für den Beigeladenen H. konnte die Zuteilung des Flurstücks 41 keine Durchfahrtsmöglichkeit durch seinen Hof bringen. Dieser Beteiligte konnte die Fläche jedoch dazu nutzen, sich durch den Bau eines landwirtschaftlichen Nebengebäudes dringend benötigte Unterstellmöglichkeiten zu schaffen und - wie im Spruchausschußbescheid zutreffend ausgeführt ist - die unterschiedlichen Nutzungsarten seiner an das Wohnhaus angrenzenden Scheune als Stall, Vorratsraum und Maschinenunterstellplatz zu trennen.

Bei der Größe von nur 217 qm und der Hängigkeit des Flurstücks 41 kam nur die Zuteilung der gesamten Fläche an einen der beiden Bewerber in Betracht. Eine - wie auch immer gestaltete - Aufteilung des Grundstücks hätte weder dem Interesse des Klägers gedient, eine bei dem Gefälle von 15 % einigermaßen ungefährliche Einmündung in die Ortsstraße zu schaffen, noch hätte der Beigeladene eine zum Abstellen von Fahrzeugen und größeren Maschinen geeignete Halle erstellen können. Diese Überlegungen konnte das Gericht bei seiner Entscheidung wegen der ihm zustehenden Prüfungsbefugnis nach § 146 Nr. 2 FlurbG mit einstellen, so daß es der vom Kläger hierwegen - hilfsweise - beantragten Zurückverweisung (§ 144 FlurbG) nicht bedarf.

Bei dem vom Gericht festgestellten örtlichen Gegebenheiten war somit die Zuteilung des Flurstücks 41 an jeden der beiden Teilnehmer als Maßnahme im Sinne des § 37 Abs. 1 FlurbG möglich. Die Entscheidung der Beklagten, nach Abwägen aller Umstände das Flurstück 41 dem Beigeladenen H. - ganz - zuzuteilen, ist sonach ermessensfehlerfrei getroffen worden; das Gericht kann weder einen Abwägungsausfall noch ein Abwägungsdefizit noch eine Abwägungsfehleinschätzung feststellen.