Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 27.01.1989 - 9 C 34/87 = RdL 1989 S. 123

Aktenzeichen 9 C 34/87 Entscheidung Urteil Datum 27.01.1989
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen RdL 1989 S. 123  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Einer Teilnehmergemeinschaft können landespflegerische Maßnahmen nur auferlegt werden, wenn es sich dabei um gemeinschaftliche Anlagen oder aber um Ersatzmaßnahmen im Sinne des Landespflegerechts handelt, zu deren Ausführung sie als Verursacherin verpflichtet ist.
2. § 18 Abs. 1 Satz 3 FlurbG enthält keine selbständige Rechtsgrundlage, der Teilnehmergemeinschaft neue und zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen.

Aus den Gründen

Die Klägerin - eine Teilnehmergemeinschaft - wendet sich dagegen, daß ihr im Wege- und Gewässerplan die Herstellung bestimmter landespflegerischer Anlagen auferlegt worden ist.

Die zu ihren Lasten getroffene Festsetzung im Wege- und Gewässerplan findet weder im Flurbereinigungsgesetz noch in anderen gesetzlichen Bestimmungen eine Stütze.

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG hat die Flurbereinigungsbehörde zwar das Flurbereinigungsgebiet unter Beachtung der jeweiligen Landschaftsstruktur neu zu gestalten, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten sowie den Interessen der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung entspricht und wie es das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Der hier festgelegte Handlungsrahmen der Flurbereinigungsbehörde wird durch § 37 Abs. 2 FlurbG dahin ergänzt, daß "bei der Durchführung der Maßnahmen nach Abs. 1" die öffentlichen Interessen zu wahren sind, vor allem den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege wie der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes Rechnung zu tragen ist. Die Flurbereinigungsbehörde hat sich jedoch bei der Verwirklichung von Flurbereinigungszielen innerhalb dieses Handlungsrahmens der rechtlichen Mittel zu bedienen, die ihr das Flurbereinigungsgesetz zur Verfügung stellt. Das bedeutet, daß der Teilnehmergemeinschaft nur solche Aufgaben übertragen werden können, die ihr durch das Gesetz auferlegt worden sind. Dazu gehört die Wahrnehmung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Teilnehmer, insbesondere die Herstellung und Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 42 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Bei den im Wege- und Gewässerplan ausgewiesenen landschaftspflegerischen Anlagen handelt es sich jedoch nicht um gemeinschaftliche Anlagen im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen. Denn nach der Legaldefinition des § 39 Abs. 1 Satz 1 FlurbG sind gemeinschaftliche Anlagen nur solche Einrichtungen, die der gemeinschaftlichen Benutzung oder einem gemeinschaftlichen Interesse der Flurbereinigungsbeteiligten dienen. Das kann von den hier in Rede stehenden landschaftspflegerischen Anlagen nicht angenommen werden. Denn nach den Darlegungen des Beklagten kommt ihnen die Funktion zu, zum einen das vorhandene Landschaftsbild vielfältiger zu gestalten und darüber hinaus aber auch die Bildung von naturbelassenen Biotopen zu ermöglichen. Das sind Zielsetzungen, die sich eindeutig auf die Verbesserung des optischen Landschaftsschutzes und auch darauf richten, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu stärken. Die geplanten Anlagen charakterisieren sich deshalb als solche, die im öffentlichen Interesse liegen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die vorgesehenen landschaftspflegerischen Anlagen der Verhütung von Bodenerosionen sowie der Schaffung eines günstigeren Kleinklimas und damit der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit dienen würden. Nur dann könnte von einer Anlage im gemeinschaftlichen Interesse der Flurbereinigungsbeteiligten gesprochen werden. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Kann die Klägerin somit als gesetzliche Ausbau- und Unterhaltungsträgerin nach den § 39 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 Satz 1 FlurbG nicht in Anspruch genommen werden, so verbleibt als mögliche Rechtsgrundlage für die angefochtene Festsetzung im Wege- und Gewässerplan lediglich § 18 Abs. 1 Satz 3 FlurbG.

Nach dieser Bestimmung hat die Teilnehmergemeinschaft u. a. auch die "übrigen nicht der Flurbereinigungsbehörde obliegenden Aufgaben" zu erfüllen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine selbständige Rechtsgrundlage, die es der Flurbereinigungsbehörde gestattet, der Teilnehmergemeinschaft neue und zusätzliche Verpflichtungen auferlegen zu können. Ihrem Zweck und Sinn entsprechend setzt sie vielmehr voraus, daß der Teilnehmergemeinschaft aufgrund anderer spezieller Gesetzesvorschriften bestimmte Verpflichtungen auferlegt werden können (so offensichtlich auch Seehusen-Schwede-Hegele, FlurbG, 4. Aufl., RdNr. 8 Abs. 2 zu § 18). Als eine derartige spezielle Ermächtigungsnorm, der Teilnehmergemeinschaft Verpflichtungen auferlegen zu können, kommt § 5 Abs. 3 des Landespflegegesetzes für Rheinland-Pfalz (LPflG) i. d. F. vom 05.02.1979 (GVBl. S. 36), geändert durch Gesetz vom 27.03.1987 (GVBl. S. 70), in Betracht. Nach dieser Bestimmung i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 LPflG soll die Planfeststellungsbehörde den Verursacher - der in Natur und Landschaft eingreift - verpflichten, Maßnahmen zur Verbesserung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes durchzuführen, die geeignet sind, die durch einen Eingriff gestörten Funktionen der Landschaft an anderen Stellen zu gewährleisten (Ersatzmaßnahmen), wenn der vorgenommene Eingriff in Natur und Landschaft nicht ausgleichbar ist und die Belange der Landespflege nicht vorgehen. Grundsätzlich können zwar der Teilnehmergemeinschaft nach dieser Bestimmung Ersatzmaßnahmen auferlegt werden, wenn sich die im Wege- und Gewässerplan zugelassenen gemeinschaftlichen Maßnahmen als nicht ausgleichbare Eingriffe in Natur und Landschaft i. S. d. §§ 4, 5 LPflG darstellen. Die Teilnehmergemeinschaft wird in diesen Fällen in der Regel als Verursacherin anzusehen sein, obwohl die genannten gemeinschaftlichen Maßnahmen von der Planfeststellungsbehörde angeordnet werden. Denn entscheidend ist hierbei, daß derartige Maßnahmen von ihr selbst durchzuführen sind und ausschließlich dem Interesse der Flurbereinigungsteilnehmer dienen. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 LPflG indessen nicht gegeben.

Zunächst kann es zweifelhaft sein, ob die in dem Wege- und Gewässerplan vorgesehenen - hier streitigen - landschaftspflegerischen Anlagen ihrer Beschaffenheit nach geeignet sind, die durch den Eingriff gestörter Funktionen der Landschaft an einer anderen Stelle zu gewährleisten. Denn bei den beseitigten Obstbaumbeständen handelte es sich unstreitig um Versuchsanlagen der Landeslehr- und Forschungsanstalt und um Erwerbsobstanlagen mit dreiviertelstämmigen und halbstämmigen Obstbäumen. Da die vorgesehene landschaftspflegerische Anlage mit hochstämmigen Obstbäumen in erster Linie im Interesse des optischen Landschaftsschutzes ausgewiesen wurde, erscheint es fraglich, ob sie im Vergleich zu den beseitigten Obstbaumbeständen als funktionell gleichwertige Ersatzmaßnahme angesehen werden kann. Letztlich kommt es im vorliegenden Fall auf die Entscheidung dieser Frage jedoch nicht an. Denn nach dem unstreitigen Vorbringen der Prozeßbeteiligten läßt sich zumindest nicht feststellen, daß die Teilnehmergemeinschaft als Verursacherin der beseitigten Obstbaumbestände in Betracht kommen kann. Die genannten Baumbestände sind nämlich nicht von ihr selbst, sondern nach der Zuteilung der neuen Grundstücke von den einzelnen Eigentümern beseitigt worden. In soweit kann von einer Verursachung durch die Teilnehmergemeinschaft nicht ausgegangen werden.