Sozialgericht Mannheim, Urteil vom 25.01.1989 - S 4 U 1999/87
Aktenzeichen | S 4 U 1999/87 | Entscheidung | Urteil | Datum | 25.01.1989 |
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Gericht | Sozialgericht Mannheim | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die landwirtschaftlichen Sachverständigen handeln bei der Wertermittlung ehrenamtlich im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO, weil sie zur Flurbereinigungsbehörde in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen und kein Entgelt, sondern nur eine Aufwandsentschädigung erhalten. |
2. | Sie stehen daher bei Arbeitsunfällen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO. |
3. | Versichert sind auch Unfälle auf dem Wege zur Wertermittlungstätigkeit. |
Aus den Gründen
Gemäß § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 550 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Der Kläger stand zum Zeitpunkt seines Unfalls vom 14.05.1986 gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Hiernach sind gegen Arbeitsunfall versichert die für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder eine andere Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ehrenamtlich Tätigen, wenn ihnen nicht durch Gesetz eine laufende Entschädigung zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts gewährt wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Bei der vom Kläger seit dem 01.10.1985 ausgeübten Tätigkeit handelte es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit. Die Berufung des Klägers zum landwirtschaftlichen Sachverständigen erfolgte gemäß § 31 Abs. 1 des Flurbereinigungsgesetzes durch die Flurbereinigungsbehörde im Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung. Durch die Berufung zum landwirtschaftlichen Sachverständigen trat der im übrigen als Landwirt selbständige Kläger nicht in ein Beschäftigungsverhältnis zur Flurbereinigungsbehörde. Charakteristisches Merkmal dafür, daß der Kläger eine ehrenamtliche Tätigkeit wahrnahm, ist, daß diese Tätigkeit nur vorübergehend und im Nebenberuf ausgeübt wurde. Sie war zeitlich begrenzt auf die Dauer der Flurbereinigung des Gebietes A.; das Ende der Tätigkeit war bereits bei deren Aufnahme abzusehen. Der Annahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit steht nicht entgegen, daß der Kläger eine Entschädigung sowie Reisekostenerstattung erhielt. Die Vergütung in Höhe von 14,-- DM pro Stunde stellt eine Entschädigung für den Zeitaufwand dar; angesichts ihrer geringen Höhe hat sie nicht die Bedeutung eines Entgelts.
Demgegenüber kann die Rechtsauffassung des Beklagten, der Kläger sei im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Werkvertrages tätig gewesen, nicht überzeugen. Gegen die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Werkvertrages spricht die geringe Höhe der dem Kläger gewährten Vergütung sowie der Umstand, daß diese Vergütung nach den Festsetzungen des Finanzministeriums vom 21.10.1983 gewährt wurde. Wäre der Kläger im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Werkvertrages tätig geworden, hätte er die Möglichkeit gehabt, eine der Tätigkeit angemessene Vergütung frei auszuhandeln. Darüber hinaus spricht auch die Tatsache, daß das Flurbereinigungsamt Zeit und Ort der Tätigkeit des Klägers festlegte, und daß der Kläger auch im übrigen der Dienstaufsicht und Weisungsbefugnis des Flurbereinigungsamts unterworfen war, gegen die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Werkvertrages.
Der Kläger hat die Tätigkeit des landwirtschaftlichen Sachverständigen auch im öffentlich-rechtlichen Bereich, nämlich für das Land Baden-Württemberg ausgeübt. Die ihm gewährte Aufwandsentschädigung diente nicht zur Sicherstellung seines Lebensunterhalts.