Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 19.02.1987 - 13 A 87.00613 = RdL 1987 S. 318= AgrarR 1988 S. 141
Aktenzeichen | 13 A 87.00613 | Entscheidung | Urteil | Datum | 19.02.1987 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = RdL 1987 S. 318 = AgrarR 1988 S. 141 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Vorschrift des § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ermächtigt nicht dazu, im Flurbereinigungsplan von gesetzlichen Unterhaltungsvorschriften abzuweichen. Trifft der Flurbereinigungsplan die Regelung, daß die Wege als gemeinschaftliche Anlagen öffentliche Wege sind, so gelten in Bayern nur die Unterhaltungsbestimmungen des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes. |
2. | Die Festsetzung im Flurbereinigungsplan mit Satzungswirkung (§ 58 Abs. 4 FlurbG) stellt eine Allgemeinverfügung und keine Rechtsnorm dar. |
Aus den Gründen
Bei der streitgegenständlichen Festsetzung handelt es sich um einen Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung (Seehusen/Schwede, Kommentar zum Flurbereinigungsgesetz, 4. Aufl., Anm. 32 zu § 58). Die im Flurbereinigungsplan zusammengefaßten Verwaltungsakte sind das Ergebnis der Verwaltungstätigkeit der Flurbereinigungsbehörde, die jedenfalls in diesem Rahmen nicht zur Normsetzung berufen ist (Hess. VGH vom 23.01.1975, AgrarR 1976, 297). Die Bestimmung in § 58 Abs. 4 FlurbG, daß die im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffenen Festsetzungen die Wirkung von Gemeindesatzungen haben, ändert nichts an der Rechtsnatur dieser Festsetzungen als Verwaltungsakte; hierdurch wird vielmehr lediglich sichergestellt, daß die Gemeinde nach Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens diese Festsetzungen nur durch künftige Gemeindesatzungen ändern oder aufheben kann.
§ 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ermächtigt die Beklagte nicht, gesetzlich geregelte Unterhaltungsvorschriften im Flurbereinigungsplan abweichend zu regeln. Eine solche gesetzliche Unterhaltungsregelung liegt hier vor, nachdem im Flurbereinigungsplan die Entscheidung getroffen wurde, daß die als gemeinschaftliche Anlagen geschaffenen Wege öffentliche Straßen und Wege im Sinne des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes sind und damit den Regelungen dieses Gesetzes unterliegen.
Die Bestimmung des § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG besagt, daß Eigentum und Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen in der Regel auf die Teilnehmergemeinschaft zu übertragen sind. Abweichend von diesem Grundsatz wird die Teilnehmergemeinschaft nicht Eigentümerin von gemeinschaftlichen Anlagen oder sie hat diese nicht zu unterhalten, wenn der Flurbereinigungsplan eine andere Regelung trifft oder wenn bereits auf Grund eines Gesetzes das Eigentum einem anderen zusteht bzw. die gemeinschaftlichen Anlagen von einem anderen zu unterhalten sind.
Für die als gemeinschaftliche Anlagen geschaffenen Wege bedeutet das nach der Rechtslage in Bayern, daß Eigentum wie Unterhaltung der Privatwege mangels einer entgegenstehenden gesetzlichen Regelung durch den Flurbereinigungsplan entweder der Teilnehmergemeinschaft oder einer anderen Rechtsperson übertragen werden können, wobei jedoch das Zustimmungserfordernis des Art. 12 Satz 1 AGFlurbG i. V. m. § 42 Abs. 2 Satz 3 FlurbG zu beachten ist, wenn Zuteilungsempfänger eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sein soll. Bei öffentlichen Straßen und Wegen im Sinne des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes dagegen steht der Flurbereinigungsbehörde nur die Entscheidung zu, wem das Eigentum zugeteilt werden soll. Ihrer Disposition entzogen ist die Bestimmung, wer unterhaltspflichtig sein soll, da das Bayer. Straßen- und Wegegesetz hierfür abschließende Regelungen enthält (vgl. Art. 1 BayStrWG).
Mit der Feststellung, daß die im Flurbereinigungsplan ausgewiesenen Straßen und Wege öffentliche Straßen und Wege im Sinne des Bayer. Straßen- und Wegegesetzes sind, hat die Verwaltung im vorliegenden Fall somit zugleich entschieden, daß nicht die Teilnehmergemeinschaft - wie in § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG grundsätzlich vorgesehen - die Wege unterhält, sondern daß sich deren Unterhaltung nach dem Bayer. Straßen- und Wegegesetz richtet. Die Ermächtigung in § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG, im Flurbereinigungsplan anderes bestimmen zu können, erstreckt sich nur darauf, eine vom Grundsatz des § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG abweichende Regelung zu treffen; sie reicht jedoch nicht soweit, Regelungen anderer Gesetze auszuschließen oder abzuändern. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG, wonach alternativ entweder der Flurbereinigungsplan oder gesetzliche Vorschriften anderes, d. h. im Gegensatz zur grundsätzlichen Regelung Stehendes, bestimmen können. § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG trifft keine Regelung über das gegenseitige Verhältnis der beiden Alternativen; diese Bestimmung räumt insbesondere der Regelung durch den Flurbereinigungsplan keinen Vorrang vor der gesetzlichen Regelung ein, geschweige denn, eröffnet sie die Möglichkeit, durch Verwaltungsakt gesetzliche Regelungen zu ändern. Nur wenn das Gesetz selbst - hier das Bayer. Straßen- und Wegegesetz - einen Regelungsspielraum offen läßt, kann der Flurbereinigungsplan ergänzende Bestimmungen treffen.
Richtet sich die Unterhaltung der im Flurbereinigungsplan ausgewiesenen öffentlichen Straßen und Wege nach dem Bayer. Straßen- und Wegegesetz, so können nach alldem die Aufwendungen aus der Unterhaltung der ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldwege, für welche die Gemeinde unterhaltungspflichtig ist (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG), nur nach Art. 54 Abs. 3 BayStrWG auf die Beteiligten - d. h. diejenigen, deren Grundstücke über die betreffenden Wege bewirtschaftet werden - umgelegt werden. Denn der Umlegungsmaßstab ist notwendiger Bestandteil der Unterhaltungsregelung und auch er kann nicht durch eine Festsetzung des Flurbereinigungsplans abgeändert oder ergänzt werden, wenn die Unterhaltungsregelung selbst von der Flurbereinigungsbehörde nicht geändert oder ergänzt werden kann.
Die Unterhaltung der nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldwege obliegt nach Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG denjenigen, deren Grundstücke über diese Wege bewirtschaftet werden. Die Gemeinde kann jedoch auch die nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldwege in ihre Baulast überführen (Sonderbaulast). Dies geschieht entweder durch Satzung (Art. 54 Abs. 1 Satz 3 BayStrWG) oder durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit den Beteiligten (Art. 44 Abs. 1 i. V. m. Art. 56 Abs. 2 BayStrWG). Im vorliegenden Fall kann in der Vereinbarung vom 15.03.1974 zwischen der Beklagten und dem Markt D. wohl eine diese Sonderbaulast begründende Vereinbarung gesehen werden.
Nach Auffassung des Gerichts ist der Umlegungsmaßstab des Art. 54 Abs. 3 BayStrWG auch für die Fälle zwingendes Recht, in denen eine Gemeinde nicht ausgebaute öffentliche Feld- und Waldwege in ihre Sonderbaulast übernommen hat. Hiefür spricht der Wortlaut dieser Bestimmung, in der von der Baulast an öffentlichen Feld- und Waldwegen allgemein die Rede ist. Selbst wenn jedoch die Meinung geteilt würde, in der Vereinbarung über die Übernahme der Unterhaltungspflicht könne auch ein von Art. 54 Abs. 3 BayStrWG abweichender Umlegungsmaßstab festgelegt werden, muß die angefochtene Festsetzung des Flurbereinigungsplanes T. aufgehoben werden. In der Vereinbarung vom 15.03.1974 ist nämlich hierzu lediglich festgehalten, daß eine Umlegungsregelung für die Unterhaltung dem Flurbereinigungsplan vorbehalten bleibt. Ein Übereinkommen zwischen der Beklagten und dem Markt D. dahingehend, daß letzterer die Aufwendungen aus der Baulast nicht nur nach Art. 54 Abs. 3 BayStrWG, sondern auch nach dem Kostenverteilungsplan der Flurbereinigung T. umlegen kann, ist mit dieser Formulierung nicht zustandegekommen.