Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 21.04.1986 - 7 S 2984/85

Aktenzeichen 7 S 2984/85 Entscheidung Urteil Datum 21.04.1986
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Von einer Gemeinde kann keine Erstattung für Obstbäume verlangt werden, die Bestandteil eines Straßenkörpers sind, der der Gemeinde über den Abfindungsanspruch hinaus zugeteilt wurde.

Aus den Gründen

Das Gelände, auf dem diese Bäume sich befinden, ist kein Land, das der Klägerin (Gemeinde) für Grundstücke zugeteilt wurde, die sie in das Verfahren zur Umteilung eingebracht und für die sie nach § 44 ff. FlurbG Anspruch auf wertgleiche Abfindung hat. Da der Wortlaut des § 50 Abs. 2 Satz 1 FlurbG - "von dem Empfänger der Landabfindung" - klar und unzweideutig ist und damit den Willen des Gesetzes ebenso eindeutig erkennen läßt, bleibt für die vom Beklagten vertretene Auslegung von § 50 FlurbG kein Raum.

Darüber hinaus gestatten es weder der rechtspolitische Zweck des Gesetzes noch sein in der Systematik des Gesetzes erkennbarer Regelungszusammenhang § 50 Abs. 2 Satz 1 FlurbG als allgemeine Erstattungsnorm bei der Übernahme von Holzpflanzen zu betrachten. Die systematische Einteilung des Gesetzes und die gesetzliche Gliederung des Verfahrens in bestimmte Abschnitte weist § 50 FlurbG als Norm aus, die die Grundsätze der Abfindung in bezug auf Holzpflanzen konkretisiert. Dafür besteht nach der Natur der Sache ein besonderes Regelungsbedürfnis, weil hier eine Abfindung mit Bäumen von gleichem Wert nicht in jedem Einzelfall realisierbar und auch nicht betriebswirtschaftlich notwendig ist. Diese Besonderheit spricht aber nicht für ein Regelungsbedürfnis im Sinne einer generellen Erstattungspflicht über den Anspruch eines jeden Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung hinaus.

Der vorliegende Fall betrifft ausschließlich die Bereitstellung von öffentlichen Wegen und Straßen als gemeinschaftliche oder öffentliche Anlagen i. S. v. § 39 ff. FlurbG, einem gesonderten Abschnitt im Zusammenhang der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets. Die im Wege- und Gewässerplan als Teil des Flurbereinigungsplans ausgewiesenen öffentlichen Wege und Straßen sind nach § 40 Satz 2, § 42 Abs. 2 S. 1 FlurbG i. V. m. § 13 Straßengesetz für Baden-Württemberg im Flurbereinigungsplan der Gemeinde, also hier der Klägerin, zu Eigentum zuzuteilen. Zu diesen Anlagen gehören als sogenannter Straßenkörper nach der Definition des Gesetzes (vgl. § 2 Straßengesetz) nicht nur die befestigten Teile einer Straße, sondern auch Böschungen, Gräben und Sicherheitszonen am Rande der Trasse. Dazu gehört auch die Bepflanzung auf diesem Straßenkörper. Die hier in Rede stehenden Obstbäume sind unstreitig als eine solche Bepflanzung anzusehen.

Für die Zuteilung des Eigentums an Wegen und Straßen, die der gemeinschaftlichen Benutzung durch am Verfahren Beteiligte dienen, sieht das Gesetz keine Entschädigung vor. Im Hinblick auf die Zweckbestimmung dieser gemeinschaftlichen Anlagen und die Unterhaltslast des neuen Eigentümers wäre dies auch schwerlich vertretbar. Es besteht nach Billigkeitsgesichtspunkten oder zum Schutze des Eigentums auch keine Notwendigkeit, zwischen einzelnen Bestandteilen der Anlage zu trennen und etwa für die Bepflanzung des Straßenkörpers eine Ausnahme zu machen. Diese Bepflanzung dient regelmäßig der ansprechenden Gestaltung der Erschließungsanlage und damit ihrer rechtlich geforderten Einordnung in das schützenswerte Orts- und Landschaftsbild. Es kann aus diesem Grund nur eine Gesamtbetrachtung der Anlage zulässig sein. Es ist somit einerseits gerechtfertigt, den Begriff des Straßenkörpers nicht zu eng zu fassen und andererseits eine gegebenenfalls notwendige - kostenfreie - Übertragung seiner schützenswerten Bepflanzung als Ausfluß der Sozialpflichtigkeit des Eigentums anzusehen. Die Teilnehmergemeinschaft wird dadurch nicht enteignet.

Soweit die hier in Rede stehenden Obstbäume sich auf dem Straßenkörper von Gemeindeverbindungsstraßen befinden, also als Anlagen im öffentlichen Interesse i. S. v. § 40 FlurbG zu betrachten sind, kommt nach § 40 Satz 3 FlurbG eine Entschädigungsleistung der Klägerin an die Teilnehmergemeinschaft ebenfalls nicht in Betracht, denn nach den vorgelegten Übersichts- und Besitzstandskarten dienen alle hier der Klägerin zu eigen zugewiesenen Straßen auch der Erschließung des Flurbereinigungsgebiets und damit zugleich dem wirtschaftlichen Interesse der Teilnehmer.