Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.05.1985 - 5 C 38.82 = RdL 1986 S. 69
Aktenzeichen | 5 C 38.82 | Entscheidung | Urteil | Datum | 14.05.1985 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1986 S. 69 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Flurbereinigungsbehörden sind nicht befugt, als Entschädigung für die flurbereinigungsbedingte Beeinträchtigung von Fischereirechten öffentlich-rechtliche Wasserbenutzungsrechte festzusetzen und diese ohne Zustimmung des betroffenen Dritten durch Grunddienstbarkeiten zu sichern. |
2. | Die Pflicht zur Schaffung der erforderlichen Vorflut nach § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG begründet keine Ermächtigung zur Regelung wasserrechtlicher Gestattungen, die ausschließlich dem Ausgleich von Nachteilen durch Verlust oder Minderung anderweitiger Rechte dienen. |
3. | Die Abfindungsregelung des § 49 Abs. 1 FlurbG läßt neben der Abfindung in Land oder Geld nur eine Abfindung durch gleichartige Rechte zu. Rechte mit andersartigem Inhalt, die nur dazu beitragen das ursprünglich ausgeübte Recht weiter auszuüben, dürfen nicht begründet werden. |
4. | Die Einräumung eines Wasserentnahmerechtes für den Betrieb einer Fischteichanlage gehört nicht zu den in § 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG aufgeführten sonstigen Maßnahmen, soweit damit ausschließlich entschädigungsrechtliche Zwecke verfolgt werden. |
Aus den Gründen
Die Klage ist auch begründet. Dabei ist für die rechtliche Prüfung davon auszugehen, daß die Spruchstelle für Flurbereinigung, die von ihr beschlossene Planänderung auch hinsichtlich der damit verbundenen wasserrechtlichen Regelungen nur vornehmen konnte, wenn sich hierfür materiellrechtlich eine Ermächtigung aus dem Flurbereinigungsgesetz ergibt. Dem steht nicht entgegen, daß ihre Entscheidung insoweit auf § 74 Abs. 6 des Landeswassergesetzes von Rheinland-Pfalz vom 01.08.1960 (GVBl. S. 153) - LWG - gestützt ist.
Bei der von dem Beigeladenen zu 2 beabsichtigten Fischteichanlage handelt es sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts, an die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, um eine allein im Einzelinteresse ihres Betreibers liegende Einrichtung (Urteilsabdruck S. 13). Sie ist deshalb weder gemeinschaftliche noch gar öffentliche Anlage im Sinne des § 41 FlurbG. Mit Recht ist daher im Nachtrag IX zum Flurbereinigungsplan im vorliegenden Zusammenhang nicht auf diese Bestimmung, sondern auf § 74 Abs. 6 LWG abgestellt worden. Das Flurbereinigungsgericht hat diese Vorschrift aber dahin ausgelegt, daß sie - nach Verzicht der oberen Wasserbehörde auf ein Planfeststellungsverfahren - der oberen Flurbereinigungsbehörde die Genehmigung eines im Rahmen der Flurbereinigung erfolgenden Gewässerausbaus einschließlich der Benutzung von Vorflutern nur gestattet, wenn das Flurbereinigungsgesetz dafür eine konkrete Ermächtigungsvorschrift enthält (Urteilsabdruck S. 12 f.). An dieses Normverständnis ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 173 VwGO in Verbindung mit § 562 ZPO gebunden.
Zutreffend hat das Flurbereinigungsgericht angenommen, daß es für das von der Klägerin angegriffene Wasserentnahmerecht des Beigeladenen zu 2 an einer solchen Ermächtigung fehlt. § 44 FlurbG, aus dem die Spruchstelle für Flurbereinigung in ihrem Bescheid über den Widerspruch der Klägerin die Verpflichtung abgeleitet hat, den Beigeladenen zu 2 für die Beeinträchtigung seines Fischereirechts wertgleich abzufinden, scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Wie schon im angefochtenen Urteil ausgeführt, regelt diese Vorschrift allein den Anspruch des Flurbereinigungsteilnehmers auf wertgleiche Abfindung in Land für die in das Verfahren eingebrachten Grundstücke. Eine Abfindungsverpflichtung auch für die flurbereinigungsbedingte Beeinträchtigung von Rechten läßt sich ihr nicht entnehmen. Auch § 44 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 FlurbG führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Bestimmung begründet nur eine prinzipielle Pflicht zur Schaffung von Vorflutern, gibt indessen keine Ermächtigung für wasserrechtliche Gestattungen in bezug auf die Benutzung bereits vorhandener Vorflutanlagen mit dem Ziel, dadurch Nachteile auszugleichen, die durch den Verlust oder die Minderung anderweitiger Rechte entstanden sind.
Entgegen der Auffassung der Revision ist das hier zu beurteilende Wasserbezugsrecht des Beigeladenen zu 2 auch nicht durch § 45 FlurbG gedeckt. Die Vorschrift ist nur negatorische Schutznorm gegenüber Eingriffen in die in ihr aufgeführten Flächen und Anlagen und ermächtigt deshalb nicht positiv zur Einräumung von Rechten, wie sie dem Beigeladenen zu 2 in dem Plannachtrag IX gewährt worden sind. Abgesehen davon kommt der erhöhte Schutz, den § 45 Abs. 1 FlurbG gegen Veränderungen bietet, nur dem jeweils betroffenen Eigentümer zugute (vgl. BVerwG, Beschluß vom 20.04.1959 BVerwG 1 B 18.59 - (Buchholz 424.01 § 45 FlurbG Nr. 1); BVerwGE 47, 133 (134); speziell zu § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FlurbG auch BVerwGE 26, 173 (178)). Der Beigeladene zu 2 ist jedoch nicht Eigentümer des Salzbaches, den er als eine Einrichtung im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 FlurbG versteht. Er hat an diesem Gewässer vielmehr, wie das Flurbereinigungsgericht auf den Seiten 7 und 8 des angefochtenen Urteils für das Bundesverwaltungsgericht verbindlich festgestellt hat (§§ 137 Abs. 2, 173 VwGO, 562 ZPO), nur ein selbständiges Fischereirecht, das nach § 6 Abs. 1 des hier maßgeblichen Landesfischereigesetzes von Rheinland-Pfalz vom 09.12.1974 (GVBl. S. 601) begrifflich voraussetzt, daß es vom Eigentum am Gewässergrundstück getrennt ist.
Inwieweit die vom Beigeladenen zu 2 weiter genannten Vorschriften des § 46 und des § 51 FlurbG das ihm gewährte Wasserbezugsrecht rechtfertigen könnten, ist nicht ersichtlich. In der Revision ist dazu auch nichts weiter ausgeführt. Aber auch § 49 FlurbG bietet hierfür keine Grundlage. Er enthält zwar in Absatz 1 Satz 3 bis 5 für den Fall, daß Rechte im Sinne des Satzes 1 aufgehoben und durch die Flurbereinigung nicht entbehrlich werden, eine besondere Abfindungsregelung. Doch läßt diese Regelung neben der Abfindung in Land oder Geld nur eine Abfindung durch gleichartige Rechte zu. § 49 FlurbG hätte deshalb vorliegend allenfalls zur Begründung eines neuen Fischereirechts führen können (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 22.01.1980 - BVerwG 5 B 28.78 - (Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 15 = RdL 1981, 11, 12)), stützt aber nicht auch das dem Beigeladenen zu 2 eingeräumte Wasserentnahmerecht, das einen anders artigen Inhalt hat, auch wenn es letztlich dazu beitragen soll, dem Beigeladenen zu 2 die Verfolgung fischereirechtlicher Interessen zu ermöglichen. Im Hinblick auf § 49 Abs. 1 Satz 5 FlurbG ist auch kein Raum, den Begriff der gleichartigen Rechte wegen dieses Zweckzusammenhangs ausdehnend auszulegen. Die Regelung zeigt, daß andere als die im Gesetz aufgeführten Abfindungsformen nicht in Betracht kommen können. Dies würde auch gelten, wenn § 49 Abs. 1 Satz 3 FlurbG, der eine Abfindung nur für die Aufhebung von Rechten vorsieht, in Fällen analog angewendet werden könnte, in denen, wie es das Flurbereinigungsgericht für das Fischereirecht des Beigeladenen zu 2 festgestellt hat, das betreffende Recht zwar fortbesteht, aber faktisch in seinem Wert beeinträchtigt ist. Schon aus diesem Grunde ist dem Flurbereinigungsgericht auch darin zu folgen, daß das dem Beigeladenen zu 2 verliehene Wasserentnahmerecht auch nicht im Wege einer entsprechenden Anwendung des § 49 FlurbG gerechtfertigt werden kann.
Zutreffend hat die Vorinstanz ferner angenommen, daß die Befugnis zur Einräumung dieses Rechts auch nicht aus § 37 FlurbG hergeleitet werden kann. Die Einräumung des von der Klägerin angefochtenen Wasserentnahmerechts gehört aber auch nicht zu den in § 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG am Ende des zweiten Halbsatzes weiter aufgeführten sonstigen Maßnahmen, durch die die Grundlagen landwirtschaftlicher Betriebe verbessert, der Arbeitsaufwand vermindert und die Bewirtschaftung erleichtert werden sollen. Anders als in dem mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.1967 - BVerwG 4 C 43.65 (BVerwGE 26, 173 (176 ff.)) entschiedenen Fall kommt eine Verwirklichung dieser Zielsetzungen hier nicht in Betracht. Das genannte Wasserbezugsrecht ist nämlich allein dazu bestimmt, zusammen mit den anderen im Plannachtrag IX getroffenen wasserrechtlichen Regelungen einen Ausgleich dafür zu schaffen, daß das Fischereirecht des Beigeladenen zu 2 durch den Ausbau des Salzbachs beeinträchtigt worden ist. Es dient mithin, wovon mit Recht auch das Flurbereinigungsgericht ausgegangen ist (Urteilsabdruck S. 14), ausschließlich entschädigungsrechtlichen Zwecken. Dafür aber gibt § 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG auch mit den hier erörterten Neugestaltungsaufgaben keine Grundlage.
Schließlich kann sich der Beigeladene zu 2 für die hier zu beurteilende Regelung auch nicht auf die zwischen ihm und der Flurbereinigungsbehörde am 23.04.1968 geschlossene und in der Verhandlung vom 10.12.1976 als weiterhin verbindlich behandelte Vereinbarung berufen. Auch wenn man diese Vereinbarung mit dem Flurbereinigungsgericht (vgl. Urteilsabdruck S. 9 ff.) dahin versteht, daß sich die Flurbereinigungsbehörde verpflichten wollte, für die von dem Beigeladenen zu 2 geplante Fischteichanlage neben den tatsächlichen auch die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, kann sich daraus eine Rechtfertigung für das von der Klägerin angegriffene Wasserentnahmerecht nicht ergeben. Dabei kann offenbleiben, ob der genannte Vertrag, wie das Flurbereinigungsgericht vor allem unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.11.1975 - BVerwG 4 C 84.73 (BVerwGE 49, 359 = NJW 1976, 686) angenommen hat, unwirksam ist, ob insbesondere die darin enthaltene Zusage mit den Besonderheiten des Flurbereinigungsrechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.05.1961 - BVerwG 1 C 102.58 - (NJW 1961, 1882, 1883 = RdL 1961, 274)) in Einklang steht. Denn jedenfalls ist das Recht des Beigeladenen zu 2 zur Wasserentnahme aus dem Vorfluter Flur 6 Nr. 35, auf dessen Einräumung ein gesetzlicher Anspruch nicht besteht, durch die Vereinbarung deshalb nicht gedeckt, weil es zu ihrer Durchführung in der im Plannachtrag IX vorgesehenen Weise, d. h. bei Sicherung des Wasserbezugsrechts mittels des zu Lasten der Klägerin festgesetzten Rohrleitungsrechts, neben der Absprache zwischen der Flurbereinigungsbehörde und dem Beigeladenen zu 2 auch der Zustimmung der Klägerin bedurft hätte. Daran aber fehlt es. Die Klägerin hat sich gegen die ihr auferlegte Belastung von Anfang an zur Wehr gesetzt.
Ist nach allem die in dem Nachtrag IX zum Flurbereinigungsplan ergangene Regelung über die Wasserentnahme aus dem Vorflutgraben Flur 6 Nr. 35 ohne rechtliche Grundlage, so ist die Planänderung insoweit rechtswidrig. Für die an der Wegeparzelle Flur 6 Nr. 95 festgesetzte Dienstbarkeit zur Gestattung einer Rohrleitung führt dies notwendig zu demselben Ergebnis, weil danach für eine Anwendung des § 37 FlurbG, der allein diese Belastung rechtfertigen könnte, die rechtlichen Voraussetzungen fehlen. Die Flurbereinigungsbehörde kann von der ihr in Abs. 1 Satz 4 dieser Vorschrift eingeräumten Befugnis, im Flurbereinigungsgebiet die rechtlichen Verhältnisse zu ordnen und im Rahmen dieser Ermächtigung Dienstbarkeiten zu bestellen, nach der schon erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13.11.1958 - BVerwG 1 C 132.57 -, vom 10.02.1967 - BVerwG 4 C 43.65 - und vom 19.08.1970 - BVerwG 4 C 61.67 -) nur Gebrauch machen, wenn die im Einzelfall angeordnete Regelung Abfindungszwecken oder der Durchführung anderer im Flurbereinigungsgesetz vorgesehener Maßnahmen dient. Davon aber kann hier nicht ausgegangen werden, weil, wie dargelegt, das von der Klägerin angefochtene Wasserbezugsrecht des Beigeladenen zu 2 flurbereinigungsrechtlich nicht gedeckt ist. Auch die Begründung des damit verknüpften Rechts, in dem Wegegrundstück der Klägerin eine Rohrleitung zu verlegen und zu unterhalten, ist demzufolge rechtswidrig. Als Eingriff in das Eigentum der Klägerin ist deshalb der Plannachtrag IX sowohl hinsichtlich der insoweit festgesetzten Dienstbarkeit als auch hinsichtlich des hierfür vorgreiflichen Rechts zur Wasserentnahme aus dem Vorfluter Flur 6 Nr. 35 aufzuheben.