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von Anonymer Benutzer

RzF - 18 - zu § 40 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.04.1984 - 5 C 110.83 = BVerwGE 69, 183= RdL 1984 S. 266= NuR 1986 S. 23

Aktenzeichen 5 C 110.83 Entscheidung Urteil Datum 12.04.1984
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen BVerwGE 69, 183 = RdL 1984 S. 266 = NuR 1986 S. 23  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Der Begriff der Anlage, für die gemäß § 40 Satz 1 FlurbG Land bereitgestellt werden kann, umfaßt planmäßig gestaltete Flächen, errichtete Bauten und hergestellte Einrichtungen, nicht aber die Bereitstellung einer naturnahen in ihrer Substanz unveränderten Fläche.
2. Für Vorhaben, die dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen, ist eine Landbereitstellung nach § 40 Satz 1 FlurbG dann nicht zulässig, wenn damit weder eine Anlage geschaffen noch eine vorhandene Anlage umgestaltet oder erweitert wird.
3. Gehölzpflanzungen im Bereich von Uferstreifen stellen dann eine Anlage dar, wenn sie insgesamt nicht nur der Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes dienen, sondern darüber hinaus eine prägende Umgestaltung des Uferstreifens bewirken.

Aus den Gründen

Dem Flurbereinigungsgericht ist zwar darin beizupflichten, daß die Bereitstellung des Uferschutzstreifens die Interessen des Landschaftsschutzes und der Landschaftspflege wahren und damit dem öffentlichen Interesse dienen kann. Es kann auch nicht in Abrede gestellt werden, daß die vom Flurbereinigungsgericht von Seite 9 an seiner Entscheidung angeführten, mit dem Gewässerpflegeplan Vils II verbundenen Bestrebungen zur Erhaltung des naturnahen Gewässerabschnitts dem vorbezeichneten naturschützenden und landschaftspflegerischen Anliegen dienen. Entgegen der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts kann jedoch der streitgegenständliche Uferschutzstreifen, "dessen Schutz sich gerade in der unveränderten Belassung" aktualisiere und von der dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienenden "Interessenlage her gesehen gerade unverändert bleiben" solle, nicht als Anlage im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG begriffen werden. Der Begriff der Anlage im Sinne des § 40 FlurbG ist im Gesetz nicht abgegrenzt oder näher bestimmt. Er ist im angeführten Beschluß des Senats vom 03.03.1978 - BVerwG 5 CB 34.75 (RzF - 12 - zu § 40 FlurbG) dahin umschrieben, "daß eine künstlich geschaffene Anlage hergestellt werden soll, die dem öffentlichen Verkehr oder einem anderen öffentlichen Interesse zu dienen bestimmt" sei. An dieser Entscheidung ist mit einer näheren Begriffsbestimmung der Anlage im Sinne des § 40 FlurbG festzuhalten. Auszugehen ist davon, daß diese Bezeichnung äußerer Erscheinungsformen in mehreren Bestimmungen des Flurbereinigungsgesetzes mit teilweise attributiven Zusätzen verwendet wird (z. B.: bauliche Anlagen in §§ 29 Abs. 1 und 4, 34 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2; gewerbliche Anlagen in § 45 Abs. 1 Nr. 11; gemeinschaftliche Anlagen in §§ 10 Nr. 2 Buchst. b, 18 Abs. 1, 37 Abs. 1 Satz 2, 39 Abs. 1, 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1, 58 Abs. 1, 88 Nr. 8; öffentliche Anlagen in §§ 10 Nr. 2 Buchst. b, 40 Satz 1, 41 Abs. 1, 47 Abs. 1, 58 Abs. 1; besondere Anlagen in § 19 Abs. 2; vorhandene Anlagen in §§ 39 Abs. 2, 47 Abs. 1). Den angeführten Bestimmungen ist zu entnehmen, daß die darin beschriebenen Erscheinungsformen entweder angelegt, ausgebaut, errichtet, gebaut, geschaffen oder hergestellt werden müssen oder als schon vorhandene unterhalten, verändert oder beseitigt werden (vgl. auch § 34 Abs. 2, § 86 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FlurbG). Daraus folgt, daß als Anlage im Sinne des Flurbereinigungsrechts vom sachlichen Inhalt her nur ein wahrnehmbares Gebilde begriffen werden kann, für das Planungen aufgrund von Strukturdispositionen und Gestaltungsanweisungen sowie damit verbundenen Funktionszuweisungen prägend sind. Der Begriff der Anlage umfaßt danach sowohl gestaltete Flächen, errichtete Bauten, geschaffene Vorrichtungen als auch hergestellte Einrichtungen. Den so umschriebenen Erscheinungsgebilden lassen sich ohne Schwierigkeiten auch die in § 45 Nrn. 2, 6, 9 und 11 FlurbG angeführten besonderen Anlageformen wie Parkanlagen, Sportanlagen sowie technische und gewerbliche Anlagen zuordnen. Der begrifflichen Abgrenzung der Anlage im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG kann der streitgegenständliche Uferschutzstreifen nicht ohne weiteres unterstellt werden. Die Überführung des Eigentums an dem abgemarkten Uferstreifen von den Klägern in die öffentliche Hand des Beigeladenen kann ohne eine damit verbundene Gestaltung bzw. Umgestaltung dieser Flächen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der landschaftspflegerischen und naturschützenden Zielsetzung dieser Maßnahme den öffentlichen Anlagen zugerechnet werden. Aus der Verpflichtung der Flurbereinigungsbehörde, nach § 37 Abs. 2 FlurbG auch den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Rechnung zu tragen, läßt sich nicht herleiten, daß die diesen Zwecken dienenden Maßnahmen rechtlich auch dann die Annahme einer Anlage gestatten, wenn sie ohne gestalterische Erschließung des Flächenbereichs durchgeführt werden. Dabei darf nicht verkannt werden, daß bei den nach diesen anerkannten Zwecken zu schaffenden gemeinschaftlichen Anlagen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) es sich um die Durchführung von Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde selbst, und zwar in eigener Gestaltungsverantwortung handelt, auch soweit ein anderer den Ausbau übernimmt (§ 37 Abs. 1, § 42 Abs. 1 FlurbG), dagegen nicht um Vorhaben der Träger von Anlagen im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG, die öffentlichen Interessen dienen. Von daher sind die Gestaltungsziele in § 37 FlurbG weder identisch mit dem nach § 40 FlurbG bei der Bereitstellung von Land verfolgten öffentlichen Interesse noch diesem untergeordnet. Mit der Anwendung des § 40 FlurbG wird deshalb nicht ein Gestaltungsziel des § 37 FlurbG erledigt.

§ 37 FlurbG als Aufgabenorm ermächtigt die Flurbereinigungsbehörde nicht zur Landbereitstellung. Die gesetzliche Ermächtigung zur Bereitstellung von Land im öffentlichen Interesse ist allein der Befugnisnorm des § 40 FlurbG zu entnehmen. Daraus folgt, daß dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienliche Vorhaben, die anerkanntermaßen auch dem öffentlichen Interesse dienen, eine Landbereitstellung nach § 40 FlurbG dann nicht zulässig ist, wenn damit weder eine Anlage geschaffen noch eine vorhandene Anlage umgestaltet oder erweitert wird. Die Herstellung oder Gestaltung einer Anlage ist nach den Ausführungen des Flurbereinigungsgerichts mit der Bereitstellung des Uferschutzstreifens nicht verbunden und auch nicht beabsichtigt. Vielmehr soll dieser naturnahe Gewässerabschnitt gerade unverändert erhalten bleiben. Die mit der Biotop-Kartierung verbundene Darstellung des als schützenswert ausgewiesenen Gewässerabschnitts führt allein auch nicht dazu, den ebenfalls als schützenswert anzusehenden Uferschutzstreifen rechtlich als Anlage zu behandeln. Hierfür reicht auch die im Gewässerpflegeplan Vils II enthaltene Darstellung des Uferschutzstreifens als "erwerbswürdige Flächen" nicht aus. Die Ausweisung von Landschafts- und Naturschutzgebieten bildet für sich allein keine Anlage im Sinne des § 40 FlurbG, weil, auch soweit damit Duldungs- und Erhaltungspflichten der Eigentümer und der sonstigen Berechtigten an den unter Schutz gestellten Flächen verbunden sind, dadurch nur die Öffentlichrechtlichkeit des Bereichs bewirkt wird (Widmung im Rahmen der Planfeststellung), nicht aber eine Anlage hergestellt und in Dienst gestellt wird. Die mit der Bereitstellung des Uferschutzstreifens angestrebte erleichterte Gewässerpflege mag die Eigentumsübertragung dieser erwerbswürdigen Flächen nicht nur wünschenswert erscheinen lassen, sondern dem naturschützenden und landschaftspflegerischen Anliegen besonders dienlich sein. Eine nach § 40 FlurbG erforderliche Anlage im öffentlichen Interesse ist in der Bereitstellung der in ihrer naturnahen Substanz unverändert bleibenden, lediglich von Eigentumswechsel betroffenen Fläche nicht gegeben. Auch dann, wenn das vorbezeichnete Gewässer als wasserwirtschaftliche Anlage hier in Betracht gezogen würde - was nahe läge, vom Flurbereinigungsgericht aber nicht in die Überlegung mit einbezogen wurde -, könnte der Uferschutzstreifen nicht als Anlageerweiterung (Nebenanlage) angesehen werden, weil an der Gewässeranlage, am Flußverlauf und an den Ufern selbst nichts geändert wird, ungeachtet dessen, daß - wie bereits hervorgehoben - für die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers fachplanungsrechtliche Sonderzuständigkeiten zu beachten wären. Für eine keinen Änderungen oder Ausbaumaßnahmen unterworfene Gewässeranlage bedarf es aber keiner Bereitstellung von Land. Es bleibt danach festzuhalten, daß in der Bereitstellung eines unveränderten Landschaftsstreifens keine Anlage im öffentlichen Interesse nach § 40 Satz 1 FlurbG gesehen werden kann.

Nach den vorstehenden Darlegungen zur Abgrenzung einer Anlage im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG kann - ebenso wie beispielsweise eine Parkanlage, eine Waldschonung oder eine Obstbaumanlage (vgl. z. B. § 45 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG) - auch eine Gehölzpflanzung, insbesondere eine mehrreihige, diesem Begriff unterfallen, vor allem dann, wenn es sich nicht lediglich um Maßnahmen zur Ergänzung und Erneuerung eines vorhandenen Bestandes im Rahmen der Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustandes des Gewässers und seiner Ufer handelt, sondern um planerische Vorkehrungen zur naturnahen Gestaltung und Bewirtschaftung der Ufer und der in angemessener Breite daran anschließenden Uferstreifen in einem solchen Umfang, daß von einer prägenden Gestaltung des Landschaftsstreifens zugunsten der dortigen Lebensgemeinschaft (Biozönose) gesprochen werden kann. Danach können Gehölzpflanzungen, die nach Anlagedichte und Aufwuchs mit dem vorhandenen Bestand sich zu einem Ufergehölzsaum von nicht unerheblicher Breite entwickeln, der Neuanlegung eines biologisch wirksamen Uferstreifens gleichgeachtet werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht auszuschließen, die vom Flurbereinigungsgericht auf Seite 12 seines Urteils angeführte Gehölzpflanzung, die auf dem ausgewiesenen Grundstücksstreifen als landschaftspflegerische Gestaltungsmaßnahme von der zuständigen Fachbehörde vorgenommen werden soll, als eine Anlage im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG zu begreifen, die dem Naturschutz und der Landschaftspflege dient. Ob die Gehölzpflanzung, die im Gewässerpflegeplan Vils II zwischen L. und L. des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft vom 27.05.1981 dargestellt ist, nach Planung, Umfang und Ausgestaltung einer solchen Anlage entspricht, muß vom Flurbereinigungsgericht festgestellt werden. Dabei wird zu prüfen sein, ob die im Rahmen der Gewässerunterhaltung erforderlichen Maßnahmen, die in der Äußerung des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft vom 27.05.1981 zur Beschreibung des Gewässerpflegeplans Vils II aufgeführt sind, und zu denen die streitgegenständlichen Gehölzpflanzungen gehören, insgesamt nur der Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes dienen, worauf die als maßgeblich angeführte Rechtsgrundlage (§ 28 WHG und Art. 42 BayWG) hindeuten könnte, oder ob über den Umfang der Unterhaltung hinaus eine sichtbar prägende Umgestaltung des Uferstreifens vorgenommen oder bewirkt werden soll, dergestalt, daß von einer Anlage im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG, die dem Naturschutz und der Landschaftspflege dient, ausgegangen werden kann. Für die Abgrenzung wird auch von Bedeutung sein, daß Ufergehölze als solche im Flurbereinigungsgesetz nicht als Anlagen bezeichnet oder als ähnliche Anlagen behandelt, sondern neben Anlagen als besondere Anpflanzungen angeführt werden, die Nutzungseinschränkungen unterliegen (vgl. § 34 Abs. 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 und 3 sowie die abfindungsrechtliche Sonderbehandlung der Feldgehölze und sonstigen Holzpflanzungen in § 50). Die Qualifizierung als Anlage im vorbezeichneten Sinne ist unabhängig von den besonderen Pflichten der Anlieger vorzunehmen. Ist von einer Anlage im Sinne des § 40 Satz 1 FlurbG auszugehen, für die dem Träger der Anlage Land in verhältnismäßig geringem Umfange bereitgestellt werden kann, dann obliegen allein dem Träger die zur Betreibung und Erhaltung der Anlage erforderlichen Pflichten. Gehen die Gewässerpflegemaßnahmen über den Umfang der gesetzlichen öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Unterhaltung des Gewässers nicht hinaus, dann hat dies zur Folge, daß die Anlieger oberirdischer Gewässer zu dulden haben, daß der zur Unterhaltung Verpflichtete, hier im wesentlichen der Beigeladene, die Ufer bepflanzt, soweit es für die Unterhaltung erforderlich ist, daß sie verpflichtet werden können, die Ufergrundstücke in erforderlicher Breite so zu bewirtschaften, daß die Unterhaltung nicht beeinträchtigt wird, und daß sie bei der Nutzung die Erfordernisse des Uferschutzes zu beachten haben (§ 30 Abs. 2 WHG, Art. 51 BayWG).