Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.05.1983 - 5 C 2.81 = RdL 1983 S. 293
Aktenzeichen | 5 C 2.81 | Entscheidung | Urteil | Datum | 05.05.1983 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1983 S. 293 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Aus dem Anliegen des § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, den entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen, folgt, daß es für den großen Umfang im Sinne der Vorschrift nicht auf die Zahl der Grundstücke, sondern auf die große Inanspruchnahme des einzelnen Grundstückes ankommt. |
2. | Für den Begriff "ländliche Grundstücke in großem Umfang" kommt es nicht auf das Verhältnis zwischen dem in Anspruch genommenen Land und der Gesamtfläche des Flurbereinigungsgebietes an. |
Aus den Gründen
Entgegen der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts werden durch den genannten Flächenbedarf ländliche Grundstücke auch "in großem Umfang" in Anspruch genommen. Hierfür ist, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem - vom Flurbereinigungsgericht zitierten - Urteil vom 26. November 1969 - BVerwG IV C 22.66 - (BVerwGE 34, 199 (202)) ausgesprochen hat, in erster Linie auf den räumlichen Umfang des sich aus dem Planfeststellungsbeschluß ergebenden Landbedarfs abzustellen. Der für das Unternehmen erforderliche Landbedarf ist dann von großem Umfange, wenn die beanspruchten Flächen zusammen und für sich betrachtet eine nicht unbeträchtliche Hektar-Anzahl aufweisen. Von da her wird man als großen Umfang im Sinne des § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG eine Fläche nicht ansehen können, wenn sie unter 5 ha bleibt. Ein Landbedarf von mindestens 5 ha kann aber keine absolute Grenze für eine Unternehmensflurbereinigung sein (vgl. dazu ebenfalls BVerwGE 34, 199 (202)). Vielmehr kann eine geringere Fläche ausreichend sein, dann nämlich, wenn berücksichtigungsfähige qualitative Momente eine Korrektur des Flächenumfangs nach unten bedingen. Schon das vorerwähnte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hielt es nicht für ausgeschlossen, auch von einem Landbedarf in großem Umfange zu sprechen, wenn die nachteiligen Auswirkungen des Unternehmens für die allgemeine Landeskultur den Aufwand einer Flurbereinigung gerechtfertigt erscheinen lassen. Da die Inanspruchnahme von ländlichen Grundstücken immer objektbezogen und damit orts- und lagebedingt ist, kann bei der Feststellung des Umfangs der Inanspruchnahme die Landschaftsstruktur nicht unberücksichtigt bleiben. Denn bei der Einzelbetroffenheit, die die Landinanspruchnahme auslöst, spielt die jeweilige Bodenqualität eine nicht unerhebliche Rolle. Da insoweit ein freihändiger Ankauf auch eines quantitativ nicht besonders umfänglichen, aber besonders wertvollen Geländes schwerlich zu erreichen wäre, könnte das Unternehmen immer nur im Wege der Enteignung durchgeführt werden, wenn nicht mit Hilfe der Unternehmensflurbereinigung eine Verteilung des entstehenden Landverlusts auf einen größeren Kreis von Eigentümern möglich wäre.
Aus dem Anliegen des § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, den entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen, folgt, daß es für den großen Umfang im Sinne der Vorschrift nicht etwa auf die Zahl der Grundstücke, sondern auf die große Inanspruchnahme des einzelnen Grundstücks ankommt. Für eine Unternehmensflurbereinigung würde es gerade nicht ausreichen, daß viele ländliche Grundstücke verschiedener Eigentümer nur wenig betroffen, also mit nur verhältnismäßig geringer Fläche in Anspruch genommen sind. Denn in diesem Falle wäre nicht erforderlich, einen ohnehin bei vielen Betroffenen nur geringfügig entstehenden Landverlust auf einen noch größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen.
Entgegen der Ansicht des Flurbereinigungsgerichts kommt es für den Begriff "ländliche Grundstücke in großem Umfange" nicht auch auf eine Relation zu der Gesamtfläche des Flurbereinigungsgebiets an. Es ist zwar richtig, daß bei § 40 Satz 1 FlurbG für die Beschränkung der Bereitstellung von Land für öffentliche Anlagen auf einen "verhältnismäßig geringen Umfang" das Verhältnis zwischen dem Wert der bereitzustellenden Fläche und dem Wert der Gesamtfläche des Flurbereinigungsgebiets herzustellen ist (vgl. BVerwGE 34, 199 (201)). Und es trifft auch zu, daß § 40 FlurbG hinsichtlich der Umfangsbestimmung im Zusammenhang mit § 87 FlurbG gesehen werden muß. Für § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann aber das Verhältnis zwischen dem in Anspruch genommenen Land und der Gesamtfläche des Flurbereinigungsgebiets keine Rolle spielen. Vom Wortlaut her ergibt sich dies schon daraus, daß in § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG der ausdrückliche Hinweis auf eine Verhältnismäßigkeit fehlt. Zudem ist ein Abstellen auf dieses Verhältnis aus dem Ziel der Unternehmensflurbereinigung, der Verteilung des Landverlustes auf eine größere Zahl von Eigentümern, nicht erlaubt; in einem großen Flurbereinigungsgebiet läßt sich das Ziel sogar besser erreichen. Schließlich steht vor Einleitung der Unternehmensflurbereinigung das Flurbereinigungsgebiet, das die obere Flurbereinigungsbehörde zusammen mit der Anordnung festsetzt (§ 4 FlurbG), noch nicht endgültig fest.
Nach alledem ist die Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung entgegen der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts nicht zu beanstanden. Die Inanspruchnahme von etwa 6,5 bis 7 ha gestattet eine Unternehmensflurbereinigung. Nach den anhand der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gebietskarte vom Flurbereinigungsgericht getroffenen Feststellungen werden nicht nur die in den Gewannen "O.-Weg", "R." und "L." gelegenen privaten Grundstücke mit verhältnismäßig geringer Fläche betroffen, sondern im Gewann "H." auch einige landwirtschaftliche Grundstücke in voller Größe in Anspruch genommen. Danach kommt es auf den weiteren vom Flurbereinigungsgericht angeführten Gesichtspunkt, ob daneben ländliche Grundstücke für die landwirtschaftliche Betriebsführung unwirtschaftlich zerschnitten werden, nicht an.