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von Anonymer Benutzer

RzF - 12 - zu § 112 Abs. 1 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.04.1983 - 7 C 36/80 = NJW 1983 S. 2401

Aktenzeichen 7 C 36/80 Entscheidung Urteil Datum 15.04.1983
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen NJW 1983 S. 2401  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Der Beförderungsvorbehalt des § 2 Abs. 1 PostG dient dem Schutz der Deutschen Bundespost vor postähnlichen Konkurrenzunternehmen. Voraussetzung einer postähnlichen Konkurrenz ist, daß die Beförderungsleistung Dritten angeboten wird.
2. Die Beförderung eigener Sendungen - hier die Verteilung von Wahlbenachrichtungen und Lohnsteuerkarten durch Arbeitskräfte einer Gemeinde an deren Einwohner - unterfällt nicht dem Beförderungsvorbehalt.

Aus den Gründen

Die Revision der Bekl. ist unbegründet. Das VG hat der - zulässigen - Feststellungsklage zu Recht stattgegeben, denn die Verteilung der Wahlbenachrichtigungen und Lohnsteuerkarten durch Arbeitskräfte der Kl. an deren Einwohner unterfällt nicht dem zugunsten der Bekl. bestehenden Beförderungsvorbehalt des § 2 I PostG.

Nach § 2 I PostG ist das Errichten und Betreiben von Einrichtungen zur entgeltlichen Beförderung von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen oder mit sonstigen Nachrichten von Person zu Person der Deutschen Bundespost ausschließlich vorbehalten. Zwar sind sowohl die Wahlbenachrichtigungen wie auch die Lohnsteuerkarten, die jeweils die Empfängeranschrift tragen, schriftliche Mitteilungen von Person zu Person i. S. dieser Bestimmung, und das Austragen durch Arbeitskräfte der Kl. ist eine Beförderung (§ 2 II PostG) von Sendungen. Mit ihrer umstrittenen Betätigung hat die Kl. aber keine Einrichtung zur entgeltlichen Beförderung von Sendungen errichtet oder betrieben.

Das Tatbestandsmerkmal der Einrichtung zur entgeltlichen Beförderung von Sendungen stellt im vorliegenden Fall das maßgebliche Abgrenzungskriterium dafür dar, ob die Verteilungsaktionen der Kl. dem Beförderungsvorbehalt des § 2 I PostG unterfallen. Aufgrund einer Zerlegung dieses Tatbestandsmerkmals in seine Einzelbegriffe und deren inhaltliche Bestimmung läßt sich diese Frage allerdings nicht beantworten. Der Begriff der Einrichtung bezeichnet lediglich das Vorhandensein einer gewissen Mindestausstattung an personellen oder sächlichen Mitteln, die für einen bestimmten Zweck bereitstehen. Er leistet für sich genommen nicht mehr als eine Ausgrenzung jener Sachverhalte aus dem Bereich des Beförderungsvorbehalts, die nicht einmal diese Mindestanforderung erfüllen; die Kl. erfüllt bei ihren Verteilungsaktionen aber jenes Mindestmaß an Organisation, das der Einrichtungsbegriff voraussetzt. Auch der Begriff der Entgeltlichkeit der Beförderung kann - für sich genommen - nur jene Fälle vom Beförderungsvorbehalt ausnehmen, in denen eine Gegenleistung für die Beförderung - von wem und an wen und in welcher Form auch immer - ausscheidet. Entscheidend für die Auslegung jenes Tatbestandsmerkmals ist vielmehr, daß die finale Verknüpfung zwischen den Begriffen der Einrichtung und der entgeltlichen Beförderung beachtet wird, die das Gesetz dadurch ausdrückt, daß die Einrichtung "zur" entgeltlichen Beförderung von Sendungen errichtet oder betrieben werden muß. Dem Beförderungsvorbehalt unterfallen mithin nur solche Einrichtungen, deren Zweck auf die entgeltliche Beförderung von Sendungen der bezeichneten Art gerichtet ist. Die Entgeltlichkeit der Beförderung ist hiernach in den Zweck der Einrichtung einbezogen. Wenn aber der Zweck der Einrichtung nicht nur auf die Beförderung, sondern auf ein hierdurch anfallendes Entgelt gerichtet ist, so muß das Entgelt als Gegenleistung für die Beförderung demjenigen zustehen, der die Einrichtung betreibt; es muß demgemäß nicht von dem Betreiber der Einrichtung, sondern von einem Dritten entrichtet werden, der die Beförderungsleistung in Anspruch nimmt. Anderenfalls würde die Einrichtung ihren Zweck verfehlen. Soweit in Literatur und Rechtsprechung eine abweichende Auffassung vertreten wird (vgl. Altmannsperger, Gesetz über das Postwesen, Komm., Stand: Juni 1981, § 2 PostG Rdnrn. 22 ff.; Kämmerer-Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen, Stand Dezember 1982, PostG § 2 Anm. 2; Ohnheiser, PostR, 3. Aufl. (1980), PostG § 2 Rdnrn. 3 ff.; OLG Hamm, NJW 1979, 1312 = DÖV 1980, 103 (m. abl. Anm. Baden) = ArchPF 1979, 363 (m. zust. Anm. Altmannsperger)), vermag der erkennende Senat ihr nicht zu folgen. Auf die Rechtsprechung des RG (vgl. hierzu Aschenborn-Schneider, Das Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reiches, 2. Aufl. (1928), S. 93 ff., § 1 ReichsPostG Anm. 10) läßt sie sich nicht stützen, denn diese betrifft die frühere Rechtslage, die sich von der durch das Gesetz über das Postwesen vom 28.07.1969 geschaffenen, wie noch auszuführen ist, erheblich unterscheidet.

Errichterin und Betreiberin der hier in Frage stehenden Einrichtung ist die Kl. Es trifft zwar zu, daß - wie die Bekl. geltend macht - zwischen dem Errichten und dem Betreiben der Einrichtung begrifflich zu unterscheiden ist, daß also derjenige, der eine Einrichtung einrichtet, nicht mit dem identisch sein muß, der sie betreibt, und daß sowohl das Errichten als auch das Betreiben einer Einrichtung der in § 2 I PostG bezeichneten Art je für sich genommen einen selbständigen Verstoß gegen den Beförderungsvorbehalt darstellen. Unrichtig ist aber die Auffassung der Bekl., daß Errichter und Betreiber im vorliegenden Fall nicht identisch seien: Errichterin sei die Kl., Betreiber aber die Gesamtheit der von der Kl. eingesetzten Boten. Daß die Kl. als juristische Person sich beim Betreiben der Einrichtung - ebenso wie bei der Errichtung - natürlicher Personen bedient, ändert nichts daran, daß sowohl das Errichten als auch das Betreiben rechtlich nicht den tatsächlich handelnden natürlichen Personen, sondern der Kl. zuzurechnen ist. Die Bekl. vermengt den Begriff des Betreibers der Einrichtung mit dem Einrichtungsbegriff. Die weisungsabhängigen Arbeitskräfte der Kl., die den Botendienst wahrnehmen, sind Bestandteil der Einrichtung; sie gehören zu deren personeller Ausstattung. Betreiber der Einrichtung ist dagegen nur, wer hierüber zu verfügen befugt ist. Das aber ist allein die Kl.

Die Kl. erhält für die hier in Frage stehenden Beförderungen kein Entgelt und verfolgt mit der Einrichtung der Verteilungsaktionen auch nicht einen derartigen Zweck, denn sie stellt die Beförderungsleistungen, die sie mit der Einrichtung erbringt, nicht Dritten gegen Entgelt zur Verfügung. Der Zweck der Einrichtung besteht in der Beförderung, nicht in der Erzielung eines Entgelts. Die Absicht der Gebührenersparnis macht die Beförderung nicht zu einer entgeltlichen. Andernfalls gäbe es, wie das VG zutreffend dargelegt hat, praktisch keine unentgeltliche Beförderung mehr, von der als Möglichkeit das Gesetz aber ausgeht.

Daß die Beförderung für die eingesetzten Boten im Hinblick auf die ihnen von der Kl. gewährten Leistungen - sei es das reguläre Arbeitsentgelt, sei es eine besondere Vergütung ("Sohlengeld") - eine entgeltliche Tätigkeit ist, hat auf den hier maßgeblichen Zweck der Einrichtung keinen Einfluß. Insofern kann sich die Bekl. für ihre Auffassung auch nicht auf das Urteil des RG vom 15.05.1923 (RGSt. 57, 297) berufen. Nach dieser Entscheidung ist eine "Beförderung gegen Bezahlung" auch dann gegeben, wenn eine Beförderungsleistung ohne ein hierfür entrichtetes besonderes Entgelt im Rahmen eines entlohnten Dienstverhältnisses erbracht wird. Anders als nach dem früher geltenden sogenannten Postzwang, der im Grundsatz jedermann die Beförderung verschlossener Briefe gegen Bezahlung verbot (vgl. § 1 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28.10.1871, RGBl. S. 347), besteht nach dem derzeit geltenden Recht ein solches Verbot nicht mehr. Daß die Arbeitskräfte der Kl. "gegen Bezahlung" tätig werden, ist deshalb unschädlich. Vom Beförderungsvorbehalt des § 2 I PostG erfaßt wird nur das Errichten und Betreiben von Einrichtungen, deren Zweck in der entgeltlichen Beförderung von Sendungen liegt. Es wäre eine verfehlte Betrachtungsweise, wenn man wegen des den Boten zu zahlenden Entgelts annähme, der Zweck der von der Kl. betriebenen Einrichtung sei auf eine entgeltliche Beförderung von Sendungen gerichtet. Es kommt nicht auf den Beweggrund des Boten an, der darin liegen mag, durch seine Tätigkeit ein Entgelt zu erzielen, sondern auf den Zweck der Einrichtung. Von diesem Bezugspunkt aus gesehen handelt es sich bei dem Botenlohn um Kosten der Einrichtung.

Es liegt auf der Hand, daß Kosten nicht der Zweck einer Einrichtung sind. Die Kl. befördert nur eigene Sendungen. Da der Zweck der einer solchen Eigenbeförderung dienenden Einrichtung lediglich auf die Beförderung der Sendungen, nicht aber auf die Erzielung eines Entgelts gerichtet ist, unterfällt die Einrichtung nicht dem Beförderungsvorbehalt. Die Zulässigkeit derartiger Eigenbeförderungen von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen (vgl. Altmannsperger, aaO, Rdnr. 22; ders., in: ArchPF 1976, 873 und 1979, 364, Ohnheiser, aaO, Rdnr. 3; OLG Hamm, NJW 1979, 1312 = DÖV 1980, 103 = ArchPF 1979, 363; AG Frankfurt, BB 1976, 7 (m. abl. Anm. Ihmels); OLG Frankfurt, NJW 1976, 1276 = ArchPF 1976, 870 (m. zust. Anm. Altmannsperger)), findet im Gesetz keine Stütze.