Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 21.09.1983 - 9 C 37/82 = RdL 1983 S. 323
Aktenzeichen | 9 C 37/82 | Entscheidung | Urteil | Datum | 21.09.1983 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = RdL 1983 S. 323 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Mit der Feststellung des landwirtschaftlichen Nutzwertes eines Grundstücks sind nicht weitere denkbare Nutzungsmöglichkeiten (Ausbeute von Tuffstein) ausgeschlossen; dem Bewertungsverfahren kann insoweit keine - negative - Ausschlußwirkung beigemessen werden. |
2. | Das Vorkommen von Tuffstein im Einlagebesitz ist auch dann ein werterhöhender Umstand, der bei der Gestaltung der Landabfindung zu berücksichtigen ist, wenn es sich um verhältnismäßig kleine Ausbeuteflächen handelt, die durch Zukauf vergrößert werden können, so daß ihre Verwertbarkeit nicht außerhalb jeder Möglichkeit liegt. |
3. | Die Mitwirkungspflicht des Teilnehmers zur Aufklärung von wertbestimmenden Eigenschaften seines Einlagebesitzes ist dann nicht verletzt, wenn die Flurbereinigungsbehörde von sich aus aufgrund der gesamten Umstände erkennen konnte, daß bestimmten Altparzellen wegen ihrer abbaufähigen Bodenschätze ein höherer Wert beizumessen ist. |
Aus den Gründen
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht dem geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Zuteilung einer seinen Altparzellen entsprechenden Grundfläche mit wertgleichem Tuffsteinvorkommen nicht die bestandskräftige Wertermittlung entgegen. Richtig ist zwar, daß die Einlageparzellen bei der nach den § 27 und § 28 FlurbG vorgenommenen Wertermittlung als Ackerland und demgemäß in die Bonitätsklasse III eingestuft worden sind. Dieses Ergebnis der Wertermittlung ist auch, wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, nach § 32 FlurbG formell festgestellt worden und in Bestandskraft erwachsen. Die Wertermittlung mit diesem Inhalt führt jedoch nicht dazu, daß das Tuffsteinvorkommen in den Altparzellen unberücksichtigt bleiben müßte. Die Frage nach dem Tuffsteinvorkommen und damit nach dem Ausbeutewert der Parzellen war ersichtlich überhaupt nicht Gegenstand des durchgeführten Bewertungsverfahrens. Dieses hat sich - von den sog. Sondergebieten (Baugebieten) abgesehen - ausschließlich auf die Ermittlung des landwirtschaftlichen Nutz wertes der Grundstücke im Sinne von § 28 FlurbG erstreckt. Infolgedessen konnten auch nur die Wertermittlungen dieser Art an der Bestandskraft der formellen Feststellung nach § 32 FlurbG teilnehmen. Es bedarf auch keiner näheren Ausführungen, daß nicht etwa schon mit der Erfassung und Feststellung des landwirtschaftlichen Nutzwertes eines Grundstücks weitere denkbare Nutzungsmöglichkeiten - wie die hier in Betracht kommende Ausbeute von Tuffstein - ausgeschlossen sind und daß dem hier vorgenommenen Bewertungsverfahren eine solche - negative - Ausschlußwirkung nicht beigelegt werden kann. War die Frage des Tuffsteinvorkommens im Altbesitz somit nicht schon Gegenstand des Bewertungsverfahrens, so mußte sie spätestens bei der Gestaltung der Abfindung berücksichtigt werden.
Nach § 44 Abs. 2 FlurbG sind bei der Gestaltung der Landabfindung alle Umstände zu berücksichtigen, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluß haben. Zu solchen werterhöhenden Umständen gehört unzweifelhaft das Vorkommen von Bodenschätzen wie Tuffstein, der in dem Steinmetzbetrieb des Klägers bearbeitet wird. Zwar liegt der werterhöhende Umstand im Sinne dieser Abfindungsbestimmung nicht schon allein darin, daß ein Grundstück überhaupt abbaufähige Bodenschätze aufweist. Der werterhöhende Umstand ist vielmehr erst darin zu sehen, daß vorkommende Bodenschätze ihrer Qualität und Mächtigkeit nach abbauwürdig sind und daß darüber hinaus ihre Verwertbarkeit mit Rücksicht auf die Nähe eines den Abbau betreibenden Unternehmens im Bereich der Möglichkeit liegt (vgl. Steuer, FlurbG, 2. Aufl., Anm. 20 zu § 44). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Aufgrund der erteilten amtlichen Auskunft des Geologischen Landesamtes ist davon auszugehen, daß die Altparzellen ein Tuffsteinvorkommen enthalten, das seiner Qualität und Mächtigkeit nach abbauwürdig ist. Zwischen diesen Grundstücken und dem noch in Betrieb befindlichen Steinbruch des Klägers besteht lediglich eine Entfernung von etwa 50 m, so daß der Abbau von Tuffstein in ihnen nicht außerhalb jeglicher Möglichkeiten liegt. Der Senat sieht es zudem für die Annahme der Abbauwürdigkeit von Bodenschätzen nicht als notwendig an, daß schon jetzt für diese Grundstücke ein bergrechtlich genehmigter Betriebsplan oder eine ergänzende Genehmigung zu einem bereits bestehenden Betriebsplan vorliegt. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Ausbeutefähigkeit in dem hier in Betracht kommenden Altbesitz auch nicht deshalb zu verneinen, weil dieser eine Fläche von lediglich 9,93 a umfaßt und überdies aus einem Flächenstreifen mit einer Breite von nur rund 11 m besteht. Diese Erschwernisse oder Hindernisse stehen der Ausbeute insoweit nicht entgegen, als der Abbau von Tuffstein durch den freihändigen Ankauf benachbarter Parzellen erleichtert oder gar ermöglicht werden kann. Die Einlageparzellen sind somit ausbeutefähige Grundflächen, die bei der Gestaltung der Landabfindung zu berücksichtigen sind.
Der Abfindungsanspruch ist auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, wie der Beklagte meint, daß es der Kläger an der pflichtgemäßen Mitwirkung bei der Gestaltung der Abfindung hätte fehlen lassen, weil er auf das Tuffsteinvorkommen in den Altparzellen im Planwunschtermin nicht aufmerksam gemacht habe. Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, daß den Flurbereinigungsteilnehmer eine Mitwirkungspflicht in dem eben genannten Sinne nur dann trifft, wenn sich besondere Eigenschaften des Altbesitzes weder aus dessen Lage und Beschaffenheit noch aus sonstigen Umständen ergeben und sie daher objektiv für die Flurbereinigungsbehörde nicht erkennbar sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 16.07.1980 - 9 C 135/78 -, RdL 1980, 295). Dagegen ist es grundsätzlich die Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde, alle für die Landabfindung wertbestimmenden Umstände von Amts wegen zu ermitteln und bei der Gestaltung der Landabfindung entsprechend den Abfindungsgrundsätzen des § 44 FlurbG zu berücksichtigen.Anmerkung
Vgl. Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 25.09.1981 - 13 A 80 A. 1038