Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 07.07.1983 - 13 A 82 A. 1099 = AgrarR 1984 S. 104= RdL 1985 S. 71
Aktenzeichen | 13 A 82 A. 1099 | Entscheidung | Urteil | Datum | 07.07.1983 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = AgrarR 1984 S. 104 = RdL 1985 S. 71 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zur Klagebefugnis eines Teilnehmers, der gleichzeitig Vorstandsmitglied einer Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung in Bayern ist. |
2. | Ein Teilnehmer kann in seinem Recht auf sachgerechte Abwägung nicht verletzt sein, wenn Land, das die Behörde zweckgebunden nach § 52 FlurbG erworben hat, entsprechend der Zweckbindung dem Dritten (hier der Bundesstraßenverwaltung) zugeteilt wird; dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit die Voraussetzungen des § 40 FlurbG vorliegen. |
3. | Anlagen (Parkplatz) als Maßnahmen der Dorferneuerung, die nur gemeindlichen Bedürfnissen dienen und deren Schaffung nicht wenigstens auch vom Zweck der Flurbereinigung her geboten ist, durch den ein gemeinschaftliches Interesse (§ 39 FlurbG) erst begründet wird, können von der Flurbereinigung nicht in eigener Verantwortung geplant und hergestellt, jedoch nach § 40 FlurbG berücksichtigt werden. |
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig. Das gilt entgegen der geäußerten Bedenken des Vertreters des öffentlichen Interesses auch für den Kläger W.. Er ist gewähltes Vorstandsmitglied der Beklagten (§ 21 Abs.3 FlurbG) und zur Übernahme dieser ehrenamtlichen Tätigkeit verpflichtet (Art. 4 Abs. 7 Satz 1 Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes - AGFlurbG -). In dieser Eigenschaft hat er bei der Erstellung des Planes nach § 41 Abs. 1 FlurbG und des Flurbereinigungsplanes mitgewirkt, Aufgaben der Beklagten, die ihr im Rahmen des Gesetzes (§ 18 Abs. 2 FlurbG) übertragen (Art. 2 Abs. 1 AGFlurbG) und vom Vorstand der Beklagten auszuführen sind (§ 25 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung bei der Willensbildung im Vorstand führt unabweichlich dazu, daß die gewählten Vorstandsmitglieder - soweit sie Beteiligte im Sinne des § 10 FlurbG sind - bei der Erstellung des Flurbereinigungsplanes mit der Regelung der Neuordnungsverhältnisse allgemein gleichzeitig über ihre eigene Abfindung mitbestimmen, ein Ergebnis, das vom Flurbereinigungsrecht hingenommen wird; weder das FlurbG noch das AGFlurbG enthalten Bestimmungen darüber, wann Vorstandsmitglieder der Teilnehmergemeinschaft wegen Befangenheit an der Beschlußfassung ausgeschlossen sind (BayVGH vom 11.04.1975 RdL 1975, 299). - Von der Stellung des Klägers als gewähltes Vorstandsmitglied zu unterscheiden ist seine Stellung als Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren, die ihm nach wie vor wie allen übrigen Beteiligten mit den ihnen zustehenden Rechten und Pflichten verbleibt; insbesondere kann in der billigenden Mitwirkung bei der Erstellung des Flurbereinigungsplanes keine Zustimmung zu der für ihn vorgesehenen Einzelabfindung gesehen werden mit der Folge, daß sein Rechtsmittel hiergegen unzulässig ist. Der Kläger wirkt als Vorstandsmitglied nicht deshalb mit, weil er Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren ist, sondern deshalb weil er zum Vorstandsmitglied gewählt wurde. Seine Stimmabgabe ist Ausfluß des ihm übertragenen Ehrenamtes und zeitigt nur die damit zusammenhängenden Folgen (§ 26 Abs. 2 FlurbG). Davon unberührt bleibt seine Rechtsstellung als Beteiligter im Sinne des § 10 FlurbG.
Daß die Beklagte bei der Verwendung des nach § 52 FlurbG erworbenen Landes die einzustellenden klägerischen Belange nicht sachgerecht einbezogen habe, ist nicht dargetan. § 54 Abs. 2 Satz 1 FlurbG bestimmt, wie das infolge von Geldabfindungen (§ 52 Abs. 1 FlurbG) zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigte Land zu verwenden ist. Dabei ist zunächst herauszustellen, daß kein Teilnehmer einen Rechtsanspruch auf Zuweisung verbliebenen Landes hat (BVerwG vom 13.02.1956 RdL 1956, 158, BayVGH vom 22.03.1973, AgrarR 1973, 402); die Verteilung dieses Landes liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der Flurbereinigungsbehörde, die durch den Flurbereinigungsplan bestimmt, wem das Land zu Eigentum zugeteilt wird (§ 54 Abs. 2 Satz 2 FlurbG). Der Teilnehmer kann die Ermessensentscheidung dahin zur Überprüfung stellen, ob seine am Flurbereinigungsgesetz orientierten Belange in die Abwägung mit einbezogen worden sind; als solche Belange sind auch die geäußerten Gestaltungswünsche des Teilnehmers (§ 57 FlurbG) anzusehen (BayVGH vom 19.11.1982 Nr. 13 A 80 A. 284). Die Kläger haben ausweislich der Niederschrift über die Abfindungsverhandlungen vom 07. Januar 1977 (mit Anlage) und vom 01. März 1978 Interesse am Erwerb von Aufstockungsland "in jeder Höhe" bekundet. Dem hat die Beklagte durch eine Mehrzuteilung von schließlich 1482 WVZ gegen Geldausgleich Rechnung getragen. Im übrigen hat die Beklagte nach ihren Verfahrensunterlagen Land nach § 52 FlurbG vornehmlich dazu erworben, es der Straßenbauverwaltung für die Bundesstraße 26 a zur Verfügung zu stellen, die bei der Landübergabe auch die Darlehenskosten aus der Finanzierung der Abtretungen nach § 52 FlurbG übernommen hat. Der Landerwerb nach § 52 FlurbG war insoweit zweckgebunden. Durch die Zuteilung an die Bundesrepublik Deutschland entsprechend der Zweckbindung können die Kläger in ihren rechtlich geschützten Interessen nicht betroffen sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Im Hinblick auf die Zweckbindung stellt sich auch nicht die Frage, ob dieses Land zur Ermäßigung des Abzugs nach § 47 Abs. 1 FlurbG herangezogen werden mußte. Denn die Beklagte hat das "Angebot" der Teilnehmer, mit einer Abfindung in Geld statt in Land einverstanden zu sein, nur im Hinblick auf die vorgenannte Zweckbindung angenommen, deshalb zur Finanzierung der Geldausgleiche Darlehen aufgenommen und folgerichtig den Zuteilungsempfänger zusätzlich mit den Darlehenskosten belastet.
Die Klage ist begründet, soweit die Beklagte zu Gunsten der Beigeladenen östlich des Friedhofs zur Kirche M. aus dem neuen Flurstück 640 eine Fläche von 0,3078 ha als Parkplatz nach § 39 FlurbG ausgewiesen hat und herstellt. Die Unterlagen für den Besitzstand der Beigeladenen und die allgemeinen Unterlagen für das Flurbereinigungsverfahren A. bestätigen die Einlassung der Beklagten, wonach die Parkfläche im Plan nach § 41 FlurbG und darauf aufbauend im Flurbereinigungsplan als gemeinschaftliche Anlage im Sinne des § 39 FlurbG ausgewiesen ist und als Parkplatz durch die Beklagte eingerichtet wird. Diese Handhabung steht mit dem Flurbereinigungsgesetz nicht im Einklang. Die Kläger werden dadurch in ihrem Recht auf wertgleiche Abfindung verletzt, da der Beklagten mit dem Fehlen des möglichen Kapitalbetrages Gelder entgehen, die im Interesse der Gesamtheit der Teilnehmer zu verwenden sind (BVerwG vom 26.11.1969 RdL 1970, 160). - Die fragliche Parkfläche ist keine gemeinschaftliche Anlage im Sinne des § 39 Abs. 1 FlurbG; sie kann deshalb von der Beklagten nicht in eigener Verantwortung geschaffen werden (§ 18 Abs. 1 Satz 2 und § 42 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Auch eine solche Anlage gehört zu den gemeinschaftlichen Anlagen nur, soweit der Zweck der Flurbereinigung deren Schaffung erfordert (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nachsatz FlurbG). Das ist hier nicht der Fall. Ein am Zweck der Flurbereinigung ausgerichtetes Erfordernis zur eigenverantwortlichen Herstellung des Parkplatzes durch die Beklagte ist nicht erkennbar. Die Lösung der Parkprobleme bei dem am Ortsrand des Stadtgebiets von A. gelegenen Friedhof mit der Kirche M. ist vielmehr eine gemeindliche Aufgabe, der sich die beigeladene Stadt A. bereits durch den Bebauungsplan vom 25. März 1974 angenommen und darin eine Parkfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BBauG) ausgewiesen hat. Tatsachen, die erkennen ließen, daß die Schaffung des Parkplatzes auch aus flurbereinigungsrechtlichen Gründen geboten ist, konnten nicht festgestellt werden; in diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, daß die Stadt A. eine Gemeinde mit überwiegend gewerblich orientierter Wirtschaftsstruktur ist, die als Kleinzentrum eingestuft wurde (Art. 17 Bayer. Landesplanungsgesetz in Verbindung mit der Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 09. März 1979, GVBl. S. 76). Zweckerfordernisse der Flurbereinigung im Sinne des § 39 Abs. 1 FlurbG liegen im zu entscheidenden Fall nicht inmitten. Sonach bietet § 39 FlurbG keine brauchbare Rechtsgrundlage für die Herstellung des Parkplatzes durch die Flurbereinigungsbehörde (BVerwGE 15, 72; Urteil vom 26.11.1981 RdL 1982,97, letzteres ergangen zu der hier anzuwendenden Fassung des Flurbereinigungsgesetzes vom 16.03.1976, BGBl. I S. 546). Tut sie es gleichwohl in eigener Regie oder auf eigene Kosten, so wird die Anlage dadurch nicht zu einer gemeinschaftlichen im Sinne des § 39 Abs. 1 FlurbG; sie verbleibt vielmehr in der Verantwortung des für die Anlage zuständigen Aufgabenträgers; die erforderliche Planentscheidung über die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der Anlage richtet sich nicht nach dem Flurbereinigungsgesetz, sondern nach dem hierfür maßgeblichen Gesetz (BVerwG a.a.O.); der Aufnahme in den Plan nach § 41 FlurbG kommt insoweit nur nachrichtliche Bedeutung zu. - An diesem rechtlichen Ergebnis ändert die Bestimmung des § 37 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 FlurbG, wonach Maßnahmen der Dorferneuerung durchgeführt werden können, nichts. Zur Schaffung von Anlagen mit dieser Zielrichtung ist die Flurbereinigung nur berechtigt, soweit ihr die Planungs- und Herstellungsbefugnis zukommt; das ist auch insoweit nur für Anlagen nach § 39 Abs. 1 FlurbG der Fall. Anlagen als Maßnahmen der Dorferneuerung, die nur gemeindlichen Bedürfnissen dienen und deren Schaffung nicht wenigstens auch vom Zweck der Flurbereinigung her geboten ist, durch den das gemeinschaftliche Interesse im Sinne des § 39 FlurbG erst begründet wird, unterliegen nicht der Bestimmung des § 39 FlurbG und können deshalb von der Flurbereinigung in eigener Verantwortung nicht hergestellt werden.
Die Ausweisung des fraglichen Parkplatzes als gemeinschaftliche Anlage nach § 39 FlurbG kann somit nicht von Bestand bleiben. Das Gericht sieht sich außerstande, die Sache insoweit abschließend zu behandeln. Es bedarf noch einer Entscheidung dazu, ob die Parkfläche der Stadt A. unter Verwendung gemeindlichen Einlagebesitzes oder nach § 40 FlurbG zugeteilt wird, damit diese die Anlage bei Gelegenheit der Flurbereinigung herstellen kann. Im Falle der Bereitstellung des Landes nach § 40 FlurbG - rechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht, es findet lediglich eine rechtlich zulässige Verschiebung von 0,07 % zu Lasten des Abzugsanteiles von 0,5 % für Anlagen nach § 40 FlurbG und zu Gunsten des Abzugsanteiles von 8,2 % für gemeinschaftliche Anlagen statt - muß noch die Entscheidung über die Höhe des von der Beigeladenen zu leistenden Kapitalbetrages hinzutreten.