Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 05.07.1983 - 9 C 33/82 = RdL 1984 S. 162
Aktenzeichen | 9 C 33/82 | Entscheidung | Urteil | Datum | 05.07.1983 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = RdL 1984 S. 162 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Gemeinde ist - soweit sie von der flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellung betroffen wird - zur Beschreitung des Rechtsweges befugt. |
2. | Der Kreis der Betroffenen beschränkt sich nicht auf die in § 41 Abs. 6 FlurbG genannten Personen, sondern er bestimmt sich nach dem jeweiligen Regelungsinhalt des Wege- und Gewässerplanes und der Art, wie durch ihn rechtlich geschützte Belange eines Rechtsträgers betroffen werden. |
Aus den Gründen
Die klagenden Ortsgemeinden wenden sich in der Flurbereinigung gegen den Änderungsbeschluß zum Wege- und Gewässerplan.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die klagenden Ortsgemeinden zur Klage befugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Aus § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG wie auch allgemein aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung folgt, daß der Planungsträger der Flurbereinigung verpflichtet ist, die von der Planung berührten öffentlichen und gemeinschaftlichen Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 12. Mai 1981 - 9 C 58/80 - in RdL 1981, 241). Dieses Abwägungsgebot verleiht dem von der Planung betroffenen Rechtsträger ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung seiner rechtlich geschützten Belange mit entgegengesetzten anderen Belangen (BVerwGE 48, 56/66/; Urteil des erkennenden Senats vom 12. Mai 1981 a.a.O.). Die Verlegung des Wirtschaftsweges Nr. 351 kann die rechtlich geschützten Belange der Klägerin zu 1) wie auch der Klägerin zu 2) beeinträchtigen.
Es braucht hier nicht abschließend beurteilt zu werden, ob der Klägerin zu 1) bereits aus ihrer allgemeinen Rechtsstellung als Nebenbeteiligte am Flurbereinigungsverfahren nach § 10 Nr. 2 a FlurbG schutzwürdige Belange erwachsen, die im vorliegenden Falle berührt werden könnten. Jedenfalls ergeben sich aus ihrer Rechtsstellung als Eigentümerin und Trägerin der Unterhaltung des Wirtschaftswegenetzes im Verfahrensgebiet solche schutzwürdigen Interessen, die sich speziell auf die Gestaltung des Wegenetzes beziehen. Die Ortsgemeinde ist in § 42 Abs. 2 Satz 2 FlurbG als eine in erster Linie in Betracht kommende Unterhaltungsträgerin für das Wirtschaftswegenetz genannt; in der Praxis wird von dieser Möglichkeit in der Regel auch Gebrauch gemacht, um die neugeschaffenen Wege auf diese Weise in die Verantwortlichkeit einer auf Dauer angelegten juristischen Person des öffentlichen Rechts zu überführen und damit die Funktionsfähigkeit der Wege möglichst nachhaltig sicherzustellen. Dementsprechend ist auch im vorliegenden Falle - mit Ausnahme der hier streitigen Wegestrecke - verfahren worden. Das rechtlich geschützte Interesse der Klägerin zu 1) an der Gestaltung des Wegenetzes ergibt sich aber auch daraus, daß die in dem Flurbereinigungsplan getroffenen Festsetzungen über die Widmung und Benutzung von Wirtschaftswegen gemäß § 58 Abs. 4 FlurbG mit der Wirkung von Gemeindesatzungen ausgestattet sind, so daß der Ortsgemeinde in dieser Hinsicht ebenfalls eine Kompetenz für das Wirtschaftswegenetz zukommt. Für die Klägerin zu 2) gelten diese rechtlichen Gesichtspunkte zwar nicht, da ihr Gemeindegebiet der Flurbereinigung nicht unterliegt. Ihre rechtlich geschützten Belange ergeben sich jedoch aus der ihr nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BBauG zustehenden Planungshoheit. Diese Befugnis ermöglicht es ihr, die Baugebiete in ihrem Planungsbereich so zu ordnen, daß evtl. innerhalb ihres Gemeindegebietes auftretende Störungen, die beispielsweise mit dem Charakter eines Wohnbaugebietes unvereinbar sind, möglichst ausgeschlossen werden. Gegenüber den Bauplanungen benachbarter Gemeinden hat sie sogar das Recht zu verlangen, daß dort ihre schützenswerten Belange ebenfalls berücksichtigt werden (vgl. § 2 Abs. 4 BBauG). Dies bedeutet, daß der jeweilige Träger der Planungshoheit solche Planungsmaßnahmen zu unterlassen hat, die Beeinträchtigungen für benachbarte Planungsvorhaben hervorrufen. Für die Fachplanung der Flurbereinigung gilt nichts anderes. In § 37 Abs. 2 FlurbG wird ausdrücklich bestimmt, daß bei der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes u. a. den Erfordernissen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung sowie den Belangen des Umweltschutzes Rechnung zu tragen ist. Dieses Gebot schließt die Verpflichtung des Trägers der Fachplanung ein, berechtigte Belange von Planungsträgern benachbarter Gebiete zumindest in der Weise - negativ - zu berücksichtigen, daß durch die Neuordnung des Verfahrensgebietes dort keine nachteiligen Folgewirkungen verursacht werden. Eine einschränkende Anwendung dieser Vorschrift lediglich auf schützenswerte Belange, die sich nur aus dem Flurbereinigungsgebiet selbst ergeben, würde ihrem Sinn und Zweck nicht gerecht. Zu solchen rechtlich geschützten Belangen zählen unzweifelhaft der von der Klägerin zu 2) geltend gemachte Immissionsschutz und ihr Interesse, das an das Flurbereinigungsgebiet angrenzende Wohngebiet "H.-S." von landwirtschaftlichem Durchgangsverkehr freizuhalten, um dadurch einer Minderung des Wohnwertes dieses Baugebietes entgegenzuwirken.
Der Geltendmachung dieser Belange stehen nicht etwa - wie der Beklagte meint - die Vorschriften über die Planfeststellung nach § 41 FlurbG entgegen. Die Bestimmung des § 41 Abs. 6 FlurbG erschöpft sich ihrer Bedeutung nach darin, daß der Planfeststellungsbeschluß an bestimmte Adressaten förmlich zuzustellen ist. Insoweit weicht sie von § 41 Abs. 1 VwVfG, der allgemein für die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes keine bestimmte Form vorschreibt und von § 74 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, wonach die Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses im allgemeinen an alle Betroffenen förmlich zuzustellen ist, ab und erweist sich diesen allgemeinen Bestimmungen gegenüber als eine spezielle Zustellungsvorschrift der flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellung. Entsprechend diesem ihrem Charakter gibt sie keinen Aufschluß darüber, wer von der Planfeststellung betroffen und infolgedessen zur Beschreitung des Rechtsweges befugt ist. Einer Auslegung des § 41 Abs. 6 FlurbG im Sinne der Ausführungen des Beklagten steht der Sinn und Zweck der Planfeststellung, wie er in § 41 Abs. 5 FlurbG zum Ausdruck kommt, entgegen. Danach werden durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt, während lediglich die Wahrung der Rechte der Teilnehmer auf wertgleiche Abfindung ausdrücklich dem Flurbereinigungsplan vorbehalten bleibt. Hieraus folgt, daß sich der Kreis der Betroffenen nicht auf die in § 41 Abs. 6 FlurbG genannten Personen beschränkt, sondern daß er sich nach dem jeweiligen Regelungsinhalt des Wege- und Gewässerplanes und der Art, wie durch ihn die rechtlich geschützten Belange eines Rechtsträgers betroffen werden, bestimmt. Eine andere gesetzliche Auslegung, wie sie der Beklagte glaubt annehmen zu müssen, wäre im übrigen mit der durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsweggarantie und damit mit - vorrangigem - Verfassungsrecht unvereinbar.Anmerkung
Vgl. Flurbereinigungsgericht Münster, Urteil vom 11.05.1982 - 9 G 7/81 Vgl. auch Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 05.09.1984 - 9 C 41/83 = RdL 1984, S. 290