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von Anonymer Benutzer

RzF - 6 - zu § 133 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.07.1982 - 5 C 84.80 = RdL 1983 S. 18= Buchholz § 133 FlurbG Nr. 1

Aktenzeichen 5 C 84.80 Entscheidung Urteil Datum 08.07.1982
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen RdL 1983 S. 18 = Buchholz § 133 FlurbG Nr. 1  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Es besteht kein Anspruch auf Überlassung einer Abzeichnung der im Flurbereinigungsverfahren zur Information der Spruchstelle und des Flurbereinigungsgerichts erstellten sog. Beschwerdekarte.
2. Unter den Begriff der Karten, wie ihn § 133 FlurbG versteht, fallen nur solche kartenmäßigen Darstellungen, deren Anfertigung das Flurbereinigungsgesetz zwingend vorschreibt.

Aus den Gründen

In der Sache selbst kann die Klage jedoch keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Anspruch läßt sich weder aus den Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG -, jetzt gültig in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 546) noch aus dem Verwaltungsverfahrensrecht, soweit dieses daneben Anwendung findet, herleiten. Von welchen Unterlagen der Flurbereinigungsbehörde ein Teilnehmer Abschriften oder Abzeichnungen verlangen kann, bestimmt sich allein nach § 133 FlurbG. Danach hat jeder Beteiligte gegen Erstattung der Kosten Anspruch auf Abschriften aus Verhandlungsniederschriften und Flurbereinigungsnachweisen sowie auf Abzeichnungen aus Karten, soweit er ein berechtigtes Interesse darlegt. Zu den Karten im Sinne dieser Vorschrift gehört die von den Klägern angeforderte Beschwerdekarte nicht. Zutreffend hat das Flurbereinigungsgericht den Begriff der Karten, wie ihn § 133 FlurbG versteht, dahin ausgelegt, daß hierunter nur solche kartenmäßigen Darstellungen fallen, deren Anfertigung das Flurbereinigungsgesetz zwingend vorschreibt. Das folgt aus dem Zweck dieser Regelung, die den betroffenen Teilnehmer in den Stand setzen will, die in den einzelnen Verfahrensabschnitten für und gegen ihn getroffenen Festsetzungen anhand kartenmäßiger Darstellungen zu erkennen und auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Gleichsetzung der Karten mit Verhandlungsniederschriften und Flurbereinigungsnachweisen macht deutlich, daß es sich hierbei nur um solche Karten handeln soll, die ebenso wie die Niederschriften und die Flurbereinigungsnachweise das Ergebnis flurbereinigungsbehördlicher Feststellungen und Planungen wiedergeben und so die Grundlage für den weiteren Verfahrensgang bilden. Das sind in erster Linie Karten, die den Textteil eines Verwaltungsakts ergänzen, damit dessen Bestandteil werden und so auch an seinen Rechtswirkungen teilnehmen. Aber auch andere Karten, die verbindlich Rechte und Pflichten des einzelnen Teilnehmers aufzeigen sollen, gehören hierher. Mit Recht nennt das Flurbereinigungsgericht unter Hinweis auf eine Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als Karten in diesem Sinne die Einlagenkarte, die Wertermittlungskarte, die Wege- und Gewässerkarte (jetzt Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen, § 41 FlurbG), die Landschaftskarte, die Neuverteilungskarte und die Ersatzausweiskarte. Diese Karten wirken im Zusammenhang mit dem sie erläuternden Textteil feststellend oder gestaltend auf die Rechtsstellung der Teilnehmer oder bilden, wie etwa der Wege- und Gewässerplan nach § 41 Abs. 1 FlurbG a. F., zumindest eine Grundlage für die künftige Neueinteilung des Flurbereinigungsgebiets oder für sonstige flurbereinigungsbehördliche Maßnahmen. Es entspricht dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, wenn § 133 FlurbG vorschreibt, daß von solchen Karten jedem Beteiligten, der ein berechtigtes Interesse darlegt, Abzeichnungen erteilt werden müssen.

Die in Bayern im Rechtsmittelverfahren gefertigte Beschwerdekarte, jetzt Widerspruchskarte, entfaltet diese Wirkungen nicht. In ihr sind, wie das Flurbereinigungsgericht ausgeführt hat, für den Besitzstand des widersprechenden Teilnehmers dargestellt: Die Einlage- und Abfindungsgrundstücke sowie die Lage des Wirtschaftshofes, die Flurstücks-, Bestands- und Gewannennummern sowie die Wertzahlen. Ferner enthält die Beschwerdekarte eine Zeichenerklärung und eine Aufstellung der Abfindungsgrundstücke mit Flurstücksnummern, Durchschnittswertzahlen und Flächen für den fraglichen Besitzstand. Je nach dem Gegenstand des Rechtsmittels werden in der Karte zusätzlich die wasserwirtschaftlichen und wegebaulichen Maßnahmen dargestellt oder die Steigungen der Einlage- und Abfindungsgrundstücke eingeschrieben. Diese tatsächlichen Feststellungen binden gemäß § 137 Abs. 2 VwGO das Revisionsgericht. Daraus folgt, wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt wird, daß die Beschwerdekarte weder Rechte oder Verbindlichkeiten einzelner Teilnehmer regelt, noch eine Grundlage für weitere flurbereinigungsbehördliche Maßnahmen bildet. Sie ist vielmehr eine Entscheidungshilfe für die Widerspruchsbehörde, indem sie den zu entscheidenden Streitfall überblickartig darstellt, um ihr das Erfassen des streitigen Sachverhalts zu erleichtern. Maßgebend für die Widerspruchsentscheidung und gegebenenfalls für die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts bleiben allein die im Verwaltungsverfahren erstellten und den angefochtenen Verwaltungsakt erläuternden Karten. Demgegenüber kommt den Darstellungen in der Beschwerdekarte, deren Anfertigung lediglich durch Verwaltungsvorschriften geregelt ist, keine Authentizität zu. Sie treten weder an die Stelle des Inhalts des angefochtenen Verwaltungsakts noch vermögen sie diese zu ergänzen oder verbindlich zu erläutern. Sie können deshalb auch nicht als Beweismittel für das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten herangezogen werden. Die Beschwerdekarte hat somit nur die Funktion einer behördeninternen Arbeitsunterlage ohne Außenwirkung.

Von solchen für den behördeninternen Gebrauch bestimmten Karten kann ein Teilnehmer keine Abzeichnungen verlangen. Richtig ist zwar, wie die Kläger geltend machen, daß eine Abzeichnung der Beschwerdekarte auch für den betroffenen Teilnehmer von Nutzen ist, da er anhand dieser aus rechtserheblichen Plänen und Karten entnommenen Darstellungen vielfach einen umfassenderen Überblick über die seinen Besitzstand betreffenden Regelungen gewinnen kann als aus den wegen ihres kleinen Maßstabs und der Fülle der Eintragungen verhältnismäßig unübersichtlichen Originalkarten. Dem trägt das Verwaltungsverfahrensrecht dadurch hinreichend Rechnung, daß ein Beteiligter Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten und damit auch in die Beschwerdekarte verlangen kann, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung der Verteidigung seiner rechtlichen Interessen erforderlich ist (§ 29 Abs. 1 VwVfG, Art. 29 Abs. 1 BayVwVfG). Auch kann er, worauf schon das angefochtene Urteil hinweist, verlangen, daß ihm gemäß § 59 Abs. 1 FlurbG die neue Feldeinteilung an Ort und Stelle erläutert wird. Ein darüber hinausgehender Anspruch, ihm auch eine Abzeichnung der Beschwerdekarte zu erteilen, besteht jedoch nicht. Ist schon die Flurbereinigungsbehörde nicht verpflichtet, eine solche Karte zu den Beschwerdeakten zu geben, so kann sie um so weniger für verpflichtet gehalten werden, eine Abzeichnung der allein der Vorbereitung ihrer eigenen Entscheidung dienenden Beschwerdekarte, fertigt sie diese an, einem Beteiligten zu überlassen. Hinzu tritt, daß die Karte nur bei Einlegung eines Widerspruchs und auch dann nur gefertigt wird, wenn die Teilnehmergemeinschaft nicht gemäß § 60 Abs. 1 FlurbG dem Widerspruch abhilft. Während des Laufs der Rechtsmittelfrist, innerhalb der sich der Betroffene darüber klar werden muß, ob er den Verwaltungsakt der Flurbereinigungsbehörde anfechten will, steht ihm eine solche Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung.

Was die Kläger demgegenüber aus dem Wesen des Flurbereinigungsverfahrens als eines besonders geregelten Verwaltungsverfahrens herleiten, vermag nicht zu überzeugen. Auch das förmliche Verwaltungsverfahren im Sinne der §§ 63 ff. VwVfG, dessen Voraussetzungen die Kläger hier für gegeben halten, sieht nicht vor, daß ein Verfahrensbeteiliger Abschriften oder Auskünfte aus den Verfahrensakten verlangen kann. Insoweit gelten ebenfalls die allgemeinen Verwaltungsverfahrensvorschriften, die den Betroffenen auf das Recht zur Akteneinsicht beschränken. Ein Anspruch der Beteiligten, Abschriften und Ablichtungen einzelner in den Akten enthaltener Schriftstücke oder Karten zu verlangen, sieht § 29 VwVfG nicht vor.

Fehl geht schließlich der Hinweis der Kläger auf den Gesichtspunkt der "Waffengleichheit". Der Besitz der Beschwerdekarte verschafft der Behörde im Rechtsmittelverfahren gegenüber dem Rechtsmittelführer keine stärkere Position. Die Richtigkeit der von ihr in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht vertretenen Auffassung kann durch die Vorlage der Beschwerdekarte nicht dargetan werden. Sie dient ebenso wie entsprechende zeichnerische Darstellungen, die die Teilnehmer vielfach zur Ergänzung ihrer schriftsätzlichen Darlegung zu den Akten reichen, ausschließlich dazu, den Streitstand in tatsächlicher Hinsicht zu erläutern und verständlich zu machen. Die Feststellung dessen, was unter den Verfahrensbeteiligten streitig ist, mag hierdurch zwar im Einzelfall erleichtert werden; ein Anspruch eines Beteiligten auf Überlassung einer mit dem Original absolut übereinstimmenden Abzeichnung, wie ihn die Kläger geltend machen, kann daraus jedoch nicht hergeleitet werden.

Der Gesichtspunkt der "Waffengleichheit" wird allerdings dann berührt, wenn, wie die Kläger vortragen, die Beschwerdekarte im gerichtlichen Verfahren praktisch an die Stelle der Karten im Sinne des § 133 FlurbG tritt und die alleinige Grundlage für die tatsächliche und rechtliche Erörterung des Streitfalles mit den Beteiligten und die Vornahme einer Augenscheinseinnahme bildet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt, daß jeder Prozeßbeteiligte die Möglichkeit erhält, sich sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend über Beweisergebnisse und Tatsachen zu äußern (vgl. u. a. BVerwGE 44, 307 (309); Kopp, VwGO, 5. Aufl. 1981, Rdnr. 19 zu § 108). Werden Karten und sonstige Schriftstücke zum Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung gemacht, so muß, nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), jedem Beteiligten gleichermaßen Gelegenheit eingeräumt werden, zu deren Inhalt sachgerecht Stellung zu nehmen. Was die Verwertung der hier in Betracht stehenden Karten durch das Flurbereinigungsgericht anbelangt, so folgt daraus, daß die Kläger eine Erörterung des Sach- und Streitstandes allein anhand der Beschwerdekarte ablehnen können, wenn sie nicht in gleicher Weise wie die übrigen Prozeßbeteiligten eine Abzeichnung dieser Karte erhalten.