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von Anonymer Benutzer

RzF - 39 - zu § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.10.1981 - III ZR 46/80 = AgrarR 1982 S. 154= NJW 1982 S. 95

Aktenzeichen III ZR 46/80 Entscheidung Urteil Datum 08.10.1981
Gericht Bundesgerichtshof Veröffentlichungen AgrarR 1982 S. 154 = NJW 1982 S. 95  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Geschlossenheit ("Arrondierung") eines Landgutes und seine richtige Lage sind für sich gesehen keine Rechtspositionen, die vom Schutz des Art. 14 GG umfaßt werden und deren Beeinträchtigung eine Entschädigung auslöst.
2. Enteignungsrechtlich ist die Geschlossenheit eines Landgutes nur insoweit von Bedeutung, als sie dem Eigentümer rechtlich gesicherte Vorteile verschafft, die der gesunde Grundstücksverkehr werterhöhend berücksichtigt. Dazu können Erleichterungen in der Bewirtschaftung des Gutes und eine günstigere Stellung bei der Abwehr von Immissionen gehören.
3. Eine Verkehrswertminderung, die auf Einwirkungen "im außerökonomischen Bereich" zurückzuführen ist, kann eine Entschädigungspflicht nicht begründen.

Aus den Gründen

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Geschlossenheit der Besitzung und ihre ruhige, landschaftlich schöne Lage sei der eigentumsmäßig geschützten Rechtsposition des Klägers zuzurechnen. Potentielle Erwerber berücksichtigten, wie der Sachverständige dargelegt habe, solche Lagevorteile wegen ihres Erholungs- und Geltungsnutzens werterhöhend. Ihr Verlust müsse daher zu einer Verkehrswertminderung der gesamten Besitzung führen, zu deren Ausgleich die Beklagte verpflichtet sei.

Gegen diese Ausführungen bestehen durchgreifende Bedenken. Der Sachverständige ist davon ausgegangen, daß der von den Parteien vereinbarte Entschädigungsbetrag "offensichtlich alle jene Wirtschaftserschwernisse und damit verbundenen Entwertungen des Restbesitzes abgilt, die im ökonomisch erfaßbaren Bereich liegen". Er hat nur geprüft, ob in dem betriebswirtschaftlich nicht unmittelbar erfaßbaren Vermögensbereich eine Wertveränderung eingetreten ist. Dazu rechnet er "Ansehen und Annehmlichkeiten der Lebensführung, die eine deutliche Aufwertung erfahren hätten, was seinen Niederschlag in der Grundstücksbewertung finde". Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Sachverständige und ihm folgend das Berufungsgericht von einem unrichtigen Verständnis des durch Art. 14 GG geschützten "Eigentums" ausgegangen sind (BGHZ 39, 198, 219/220). Die Arrondierung eines Besitzes und seine ruhige Lage sind für sich gesehen keine Rechtspositionen, die vom Schutz des Art. 14 GG umfaßt werden und deren Beeinträchtigung eine Entschädigung auslöst. Etwas anderes kann auch nicht aus dem vom Berufungsgericht erwähnten Beschluß des Senats vom 28. September 1978 - III ZR 162/77 - entnommen werden.

Die Geschlossenheit ("Arrondierung") der Grundflächen wird dem Eigentümer eine leichtere und bessere Bewirtschaftung seines Besitzes ermöglichen. Auch kann sie ihm eine gesteigerte Abwehrmöglichkeit gegenüber Verkehrsimmissionen geben. Diese - rechtlich gesicherten - Vorteile wird der gesunde Grundstücksverkehr im allgemeinen werterhöhend berücksichtigen. In ihrer Beeinträchtigung wird regelmäßig der sog. Arrondierungsschaden zu erblicken sein.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts vermag daher eine Verkehrswertminderung, die auf Einwirkungen "im außerökonomischen Bereich" zurückzuführen ist, eine Entschädigungspflicht nicht zu begründen.

Auch wegen dieses Mangels kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben.

Der Senat sieht nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens keinen Anlaß, die für eine Wertminderung in Betracht kommenden Auswirkungen des Baues und des Betriebes der Bundesautobahn für die Besitzung des Klägers im einzelnen auf ihre enteignungsrechtliche Bedeutung zu überprüfen (s. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 1981 a.a.O.; Beckmann AgrarR 1979, 39 und 1980, 96; ders. in Schriftenreihe des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e.V. - HLBS - Nr. 94; Nießlein HLBS Nr. B 36). Es erscheinen jedoch die nachfolgenden Erörterungen geboten.

Der Sachverständige sieht die entscheidende Beeinträchtigung darin, daß durch die Autobahn die bisher ungestörte, landschaftlich schöne Besitzung sehr nachteilig verändert worden sei; die Autobahn drücke dem Besitz optisch ihren (negativen) Stempel auf. Dieses Abstellen auf den tatsächlichen früheren Zustand ist rechtsfehlerhaft, weil der Kläger keinen rechtlich gesicherten Anspruch darauf hatte, daß die Unberührtheit der Landschaft fortbestehen werde. Das Eigentum an seinen Grundstücken gab ihm ein Recht zur Abwehr einer ihm schädlichen Nutzung fremder, angrenzender Grundstücke nur insoweit, als diese Nutzung die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig veränderte und sein Eigentum schwer und unerträglich traf (Senatsurteile BGHZ 64, 220, 230; vom 10. November 1977 - III ZR 166/75 = DVBl 1978, 110 - WM 1978, 41; BVerwGE 52, 122; 50, 282 m.w. Nachw.). Vom Eigentumsschutz ausgenommen sind hier daher die dem Eigentum des Klägers abträglichen Auswirkungen einer Autobahn, die an den Grenzen des Landguts vorbeigeführt worden wäre, ohne die vorgenannte Beeinträchtigungsschwelle zu überschreiten (vgl. Senatsurteil BGHZ 80, 360 = NJW 1981, 2116). Es bedarf der Prüfung, ob und in welchem Umfang die Anlage und der Betrieb einer so gezogenen Autobahn sich auf rechtlich gesicherte Nutzungsmöglichkeiten des klägerischen Besitztums, die im gesunden Grundstücksverkehr bewertet werden, nachteilig ausgewirkt hätte. In diesem Umfang ist dem Kläger im Sinne des Eigentumsschutzes durch die Anlage der Autobahn nichts "genommen" worden. Dies ist vor allem für die möglicherweise beeinträchtigte Nutzung des Wohnhauses von Bedeutung. Lag andererseits das Wohnhaus - nähere Feststellungen dazu fehlen - so weit von der Grenze entfernt, daß der Verkehr auf einer dort verlaufenden Autobahn für seine Bewohner keine Störungen verursacht hätte, dann brauchte der Kläger auch die Beeinträchtigungen, die von der tatsächlich gebauten Autobahn ausgehen, nicht entschädigungslos hinzunehmen.

In diesem Zusammenhang kann auch Bedeutung erlangen, in welchem Ausmaß der Kläger Nachteile durch den Verkehr auf der L. aus nachbarrechtlichen Gründen hätte hinnehmen müssen und ob diese Beeinträchtigungen geringer gewesen wären als jene, die von der Autobahn ausgehen.

Allerdings ist für Lärmeinwirkungen - anders wohl soweit der Kläger keinerlei Beeinträchtigungen hinzunehmen brauchte - grundsätzlich Entschädigung nur für Schutzmaßnahmen zu leisten, die für eine wirksame Abhilfe erforderlich sind (BGHZ 64, 220, 225). Eigenart und Zweckbestimmung des Grundstücks entscheiden darüber, was wirksame Abhilfe ist (Senatsurteile vom 18. Oktober 1979 = WM 1980, 680). Erst wenn Schutzmaßnahmen nicht möglich oder die für sie erforderlichen Aufwendungen unverhältnismäßig hoch sind, kann der Kläger eine Entschädigung für die Minderung des Verkehrswertes verlangen. Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet.

Anmerkung

Anmerkung: s. a. Köhne/Bewer/Moser: Arrondierung als Rechtsposition in AgrarR 1982 S. 201