Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 21.02.1978 - VII 1891/77 = AgrarR 1978 S. 256
Aktenzeichen | VII 1891/77 | Entscheidung | Urteil | Datum | 21.02.1978 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | = AgrarR 1978 S. 256 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zum Vorliegen von "dringenden Gründen" bei einer vorläufigen Anordnung nach § 36 FlurbG zur Anlage eines gemeindlichen Sportgeländes. |
Aus den Gründen
Die vorläufige Anordnung erfüllt auch die weitere Voraussetzung des § 36 Abs. 1 FlurbG, daß die Besitzregelung aus dringenden Gründen vor der Ausführung des Flurbereinigungsplans erforderlich sein muß. Die Dringlichkeit ist für die Besitzentziehung eine wichtige Voraussetzung. Denn letztere beinhaltet einen Eingriff in die bestehenden Besitz- und Nutzungsverhältnisse, die in einem Flurbereinigungsverfahren grundsätzlich - von den § 65 ff. FlurbG abgesehen - nur auf der Grundlage des ausgearbeiteten Flurbereinigungsplans erfolgen kann (vgl. BVerwG, Beschluß vom 6.2.1958, RzF - 1 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG). Auch wenn es sich um die Erstellung einer gemeinschaftlichen oder öffentlichen Anlage handelt, die in einen Wege- und Gewässerplan gemäß § 41 FlurbG aufgenommen wurde, ergibt sich daraus für den Vorausbau noch keine Dringlichkeit im Sinn von § 36 Abs. 1 FlurbG. Wenn für den Bau dieser Anlagen die Besitzentziehung eines privaten Grundstücks notwendig ist, müssen (zusätzlich zu dem gemeinschaftlichen oder öffentlichen Interesse an der Anlage selbst) noch dringende Gründe für den vorzeitigen Bau vorliegen. Dringende Gründe müssen dagegen sprechen, daß mit dem Bau bis zum Erlaß bzw. zu der Ausführung des Flurbereinigungsplans gewartet wird.
Die Feststellung der Dringlichkeit i. S. v. § 36 Abs. 1 FlurbG war im vorliegenden Fall erschwert. Der Beschluß des Flurbereinigungsamts über die vorläufige Anordnung enthält keine Ausführungen über die Dringlichkeit des Ausbaues des Sportplatzes. Die diesbezüglichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid waren ergänzungsbedürftig. Der Senat kam erst auf Grund der ausführlichen Darlegung des Vertreters der beigeladenen Gemeinde in der mündlichen Verhandlung vom 21.2.1978 und auf Grund der Würdigung aller von den Beteiligten für den vorzeitigen Bau des Spielplatzes vorgebrachten Argumente zu der Auffassung, daß eine Dringlichkeit der vorläufigen Anordnung i. S. v. § 36 Abs. 1 FlurbG bejaht werden kann. Für einen vorzeitigen Ausbau des Spielplatzes spricht, daß sich die bestehende, schon 30 Jahre alte Anlage in einem schlechten Zustand befindet und in den Dimensionen nicht die erforderlichen Maße aufweist. Daß in der beigeladenen Gemeinde Bedarf an einem gut ausgestatteten, ausreichend dimensionierten Sportgelände im Ortsteil Z. besteht, wurde zur Überzeugung des Senats dargelegt. Ein gesteigertes öffentliches Interesse an der baldigen Erstellung eines neuen Sportgeländes ergibt sich auch daraus, daß die frühere Gemeinde Z. vor ihrer Eingemeindung in die Gemeinde der Beigeladenen, die am 1.1.1972 erfolgte, bereits in einem Flächennutzungsplanentwurf ein neues Sportgelände ausgewiesen hatte, also bereits damals ein Bedarf an einer derartigen Anlage gesehen wurde. Es würde dem in dem Ortsteil Z. an einer Sportplatzerneuerung schon seit Jahren bestehenden Interesse widersprechen, würde infolge der Eingemeindung und infolge der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens im gesamten Gemeindegebiet die Verwirklichung des Vorhabens auf viele Jahre hin unmöglich gemacht. Wegen der Langwierigkeit der Vorbereitung der in dem im vorliegenden Fall besonders großen Flurbereinigungsgebiet durchzuführenden zahlreichen Maßnahmen wäre dies der Fall, wenn der Ausbau nicht durch eine vorläufige Anordnung ermöglicht würde. Den diesbezüglichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid des LFS ist zuzustimmen. Allerdings konnte sich der Senat von der Dringlichkeit der Besitzregelung bezüglich der Anlage der Festwiese, würde man letztere nur für sich allein betrachten, nicht überzeugen. Diese Anlage wird nur zur Durchführung von Vereinsfesten, die wenige Male im Jahr stattfinden, benötigt. Außerdem soll der Rasen als Spielfläche (Golf, Kinderspielplatz) genutzt werden. Der insoweit bestehende Bedarf könnte bis zur Ausführung des Flurbereinigungsplans auch auf anderen Flächen der Gemeinde, z.B. auf dem frei werdenden alten Sportgelände, gedeckt werden. Der Senat kam jedoch zu der Auffassung, daß unter Berücksichtigung der gegebenen örtlichen Verhältnisse ein sinnvoller Bau des neuen Sportgeländes nur unter Einbeziehung der zwischen ihm und dem alten Sportgelände liegenden Fläche möglich ist. Der bisherige Sportplatz soll nach dem Ausbau des neuen Sportplatzes als Trainingsplatz genutzt werden. An der westlichen Seite entsteht ein Gebäudetrakt, der von den Benutzern des neuen Sportgeländes aufgesucht wird. Die Nutzung des Sportgeländes wäre stark eingeschränkt, wenn das dazwischen liegende Gelände nicht einbezogen würde. Da für die Anlage des neuen Sportplatzes die Dringlichkeit zu bejahen ist, ist auch für die Besitzeinweisung der Beigeladenen in das zwischen dem alten und dem neuen Sportplatz liegende Gelände zum Zweck der geplanten Einbeziehung in die gesamte Sportanlage von einer Dringlichkeit auszugehen.