Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 08.08.1977 - VII 862/77 = RdL 1978 S. 159

Aktenzeichen VII 862/77 Entscheidung Urteil Datum 08.08.1977
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen RdL 1978 S. 159  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ein Unternehmensverfahren nach § 87 ff. FlurbG setzt das Interesse der Beteiligten nicht voraus.
2. Zur Gebietsabgrenzung eines Unternehmensverfahrens.
3. Der Vorschrift des § 87 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ist genügt, wenn der Vertreter der Landwirtschaftlichen Berufsvertretung im Termin nach § 5 Abs. 2 FlurbG in Kenntnis des geplanten Abzugs nach § 88 Nr. 4 FlurbG der Gebietsabgrenzung zugestimmt hat.

Aus den Gründen

Der Formvorschrift des § 87 Abs. 1 S. 2 FlurbG ist genügt, denn das Ausmaß der Verteilung des Landverlustes ist im Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Berufsvertretung geregelt worden (vgl. die Niederschrift über die Anhörung der beteiligten Behörden und Organisationen nach § 5 Abs. 2 FlurbG vom 1.10.1975, worin die Zustimmung des Kreisvorsitzenden des BLHV, vermerkt ist). Die Zustimmung der landwirtschaftlichen Berufsvertretung zur Gebietsabgrenzung in Kenntnis des geplanten Abzuges nach § 88 Nr. 4 FlurbG - wie hier - steht der Zustimmung zum Ausmaß der Verteilung des Landverlustes rechtlich gleich.

Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, daß das angeordnete Unternehmensverfahren nach § 87 FlurbG im Unterschied zu einem nach § 1, § 37 FlurbG angeordneten Verfahren das Interesse der Teilnehmer am Verfahren nicht voraussetzt, sondern daß das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an dem Unternehmensverfahren genügt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.3.1966 - VI 803/66). Anders wäre § 87 Abs. 3 S. 2 FlurbG, der nach Einstellung des Planfeststellungsverfahrens die Durchführung eines bereits eingeleiteten Unternehmensflurbereinigungsverfahren als ein Verfahren nach Maßgabe der §§ 1 und 37 oder des § 86 FlurbG u. a. davon abhängig macht, daß die Obere Flurbereinigungsbehörde das Interesse der Beteiligten für gegeben hält, rechtslogisch nicht verständlich.

Aus dem Sinn und Zweck der besonderen Flurbereinigung läßt sich kein Rechtsgrundsatz herleiten, der bei der Abgrenzung des Flurbereinigungsgebiets eine Abweichung von den Regeln des § 7 FlurbG rechtfertigen würde. Bei erheblichem Landbedarf kann es jedoch im Einzelfall der Zweck der besonderen Flurbereinigung gebieten, anders abzugrenzen, als dies in einem allgemeinen Flurbereinigungsverfahren in der Regel der Fall sein würde. Denn oft reichen, um eine tragbare und sachgerechte Verteilung des Landverlustes bewerkstelligen und die durch das Unternehmen drohenden Nachteile für die allgemeine Landeskultur wirksam vermeiden zu können, allein flurbereinigungstechnische Gesichtspunkte für die Beurteilung der Abgrenzung, insbesondere der Festsetzung der erforderlichen Größe des Gebiets, nicht aus. Andererseits kann sich die Abgrenzung des Gebiets einer Flurbereinigung nach § 87 FlurbG nicht ausschließlich an dem besonderen Zweck dieses Verfahrens etwa in dem Sinne orientieren, daß eine Unternehmensflurbereinigung auf den unmittelbaren Einwirkungsbereich des Unternehmens beschränkt wäre. Denn aus diesem Zweck allein ergeben sich noch keine in der Praxis vollziehbare Folgerungen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. 3.1977 a.a.O.).