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von Anonymer Benutzer

RzF - 14 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG

Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 01.04.1977 - VS. VI 80/76 = DÖV 1978, 775= NuR 1979, 74

Aktenzeichen VS. VI 80/76 Entscheidung Urteil Datum 01.04.1977
Gericht Verwaltungsgericht Freiburg Veröffentlichungen DÖV 1978, 775 = NuR 1979, 74  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Aus rechtswidrigen Landschaftseingriffen (Abraum auf Flurstück im Feuchtgebiet) können Ansprüche auf Genehmigung einer weiteren Auffüllung mit Humus zwecks landwirtschaftlicher Nutzung des Flurstücks, die zuvor tatsächlich und rechtlich nicht möglich war, nicht abgeleitet werden.
2. Eine solche Humusaufschüttung erfolgt nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 10 Abs. 3 NatSchG.

Aus den Gründen

Die Auffassungen über den Wert von Feuchtgebieten haben sich Anfang der 60er Jahre grundlegend geändert. Während noch in den 20er Jahren die Auffassung vorherrschte, jeder qm Land sei der landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen, hat sich im Zuge eines verstärkten Umwelt- und Naturschutzbewußtseins heute die Auffassung durchgesetzt, daß gerade Feuchtgebiete als letzte Reservate einer typischen Flora und Fauna des besonderen Schutzes bedürfen (vgl. Begründung der Landesregierung zum Entwurf des Naturschutzgesetzes, Landtagsdrucksache 6/6200 vom 07.10.1974 zu § 16 Entwurf Naturschutzgesetz).

Es ist zwar dem Kläger zuzugeben, daß das Aufbringen einer 30 cm starken Schicht von Mutterboden und eine anschließende landwirtschaftliche Nutzung weniger störend wäre als der jetzige verunstaltete Zustand.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die von dem Kläger geplanten Maßnahmen mit § 2 LSchVO in Einklang stehen, ist jedoch nicht von dem durch die Fa. Sch. geschaffenen rechtswidrigen Zustand auszugehen, sondern von dem ursprünglichen Zustand des Rieds zur Zeit der Unterschutzstellung und vor dem schädigenden Eingriff. Die Bestimmungen der LSchVO können nicht dadurch unterlaufen werden, daß aus rechtswidrig geschaffenen Landschaftseingriffen Ansprüche auf Genehmigung einer landwirtschaftlichen Nutzung abgeleitet werden, die in der beabsichtigten Art vorher nicht möglich war und die dem Schutzzweck der Landschaftsschutzverordnung widersprochen hätte (§ 3 LSchVO und VG Freiburg, Urteil vom 30.11.1971 - VS. VI 97/71 - zum Umbrechen von Wiesen im Landschaftsschutzgebiet). Durch Genehmigung der vom Kläger beantragten Humusaufschüttung würde der rechtswidrig geschaffene Zustand der allmählichen Beseitigung des Rieds fortgesetzt und könnte nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Eine solche Beseitigung des Rieds würde auch einen gemäß § 16 Absatz 1 Nummer 1 NatSchG unzulässigen Eingriff in ein Feuchtgebiet darstellen. Die Bestimmungen des NatSchG sind entgegen der Auffassung des beklagten Landes für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens unmittelbar heranzuziehen. § 67 Abs. 1 NatSchG, wonach Verfahren, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits eingeleitet waren, nach den bisherigen Verfahrensvorschriften weiterzuführen sind, steht nicht entgegen, da hiermit nur Verfahren nach den §§ 59 ff., nämlich Verfahren zum Erlaß von Rechtsverordnungen, gemeint sind (vgl. LT-Drucksache, Erläuterungen zu § 67 NatSchG). Zwar gilt gemäß § 16 Abs. 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 NatSchG eine Nutzung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft nicht als Eingriff, die vom Kläger beabsichtigte Humusaufschüttung erfolgt jedoch nicht im Rahmen einer "ordnungsgemäßen" Land- und Forstwirtschaft. § 10 Abs. 3 NatSchG läßt nämlich nur solche Maßnahmen zu, die der üblichen landwirtschaftlichen Nutzung und den örtlichen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der herkömmlichen Nutzung entsprechen, wobei gegebenenfalls die Interessen der Landwirtschaft gegenüber den Belangen des Naturschutzes abzuwägen sind (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 9.6.1971 - I 149/71 - BWVBl. 1971, 76 und VG Freiburg, a.a.O.).

Die substantielle Änderung der Nutzungsart widerspricht dem Ausgleichsprinzip des § 11 NatSchG, wonach grundsätzlich die Folgen eines Eingriffs im Wege der Naturalrestitution so auszugleichen sind, daß keine Beeinträchtigung des Naturhaushaltes zurückbleibt und das Landschaftsbild nach Beendigung des Eingriffs wiederhergestellt oder landschaftsgerecht neu gestaltet wird.