Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.12.1977 - II R 113/72 = AgrarR 1978 S. 162= BFHE 124, 244= HFR 1978, Nr. 234= BStBl 1978 II 203
Aktenzeichen | II R 113/72 | Entscheidung | Urteil | Datum | 14.12.1977 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Bundesfinanzhof | Veröffentlichungen | = AgrarR 1978 S. 162 = BFHE 124, 244 = HFR 1978, Nr. 234 = BStBl 1978 II 203 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Auch der freihändige Erwerb einer Hofstelle kann der Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens dienen und zur Grunderwerbsteuerbefreiung nach Art. 24 AGFlurbG a.F. führen. |
Aus den Gründen
Der Kaufvertrag vom 7.2.1961 unterliegt der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes -GrEStG-), ist aber gemäß Art. 24 AGFlurbG in vollem Umfang steuerfrei.
Wie das FG zu Recht entschieden hat, können auch privatrechtliche Grundstückskaufverträge im Sinne des Art. 24 AGFlurbG unmittelbar der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens dienen; denn das Flurbereinigungsgesetz sieht auch den Abschluß solcher Verträge vor (§ 17 Abs. 2 FlurbG; Urteil vom 24.11.1971 II 200/65, BFHE 104, 387, BStBl II 1972, 317). In dieser Hinsicht greift auch der Revisionskläger das FG-Urteil nicht an. Er meint jedoch, der Erwerb der Hofstelle habe im vorliegenden Fall nicht unmittelbar der Durchführung der Flurbereinigung gedient. Die Revisionsbeklagte habe diese Hofstelle - ebenso wie das Inventar - zwangsläufig mit erwerben müssen, um die übrigen Grundstücke zu erhalten. Außerdem könne der Kauf einer Hofstelle nicht der Aufstockung eines landwirtschaftlichen Betriebes dienen.
Der Einwand des Revisionsklägers ist unbegründet.
Ob die Revisionsbeklagte die Hofstelle erwerben mußte, ist im vorliegenden Fall unerheblich. Diente der Erwerb dieser Hofstelle im Sinne der genannten Befreiungsvorschrift unmittelbar der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens, so kommt es nicht darauf an, ob die Revisionsbeklagte mehr oder minder zu diesem Kauf gezwungen war. Das weitere Argument des Revisionsklägers, der Kauf einer Hofstelle könne nicht der Aufstockung eines landwirtschaftlichen Betriebes dienen, geht hier ins Leere. Begünstigt ein Gesetz - wie das in verschiedenen Landesgesetzen zur Verbesserung der Agrarstruktur geschehen ist - grunderwerbsteuerrechtlich die Aufstockung von landwirtschaftlichen Betrieben zu rentabler Größe, so kann von dieser Begünstigung der Erwerb einer Hofstelle ausgeschlossen sein, wenn hierdurch erst die Grundlage eines landwirtschaftlichen Betriebes geschaffen, nicht aber entsprechend dem Willen des Gesetzgebers ein bereits vorhandener Betrieb saniert werden soll (vgl. z.B. für das niedersächsische Grunderwerbsteuerrecht das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.4.1973 II 84/64, BFHE 109, 474, BStBl II 1973, 708). Das Flurbereinigungsgesetz und dementsprechend Art. 24 AGFlurbG fördern jedoch entsprechend ihrer Zielrichtung, ländlichen Grundbesitz nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wirtschaftlich zu gestalten (§ 1 FlurbG), auch die Aussiedlung von Höfen und damit zwangsläufig den Erwerb von Hofstellen. Denn die freigewordene Hofstelle eines ausgesiedelten Hofes muß oder kann im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens einer anderen Verwendung zugeführt werden; diese kann auch darin bestehen, daß ein anderer Landwirt die Hofstelle erwirbt, sei es, daß er sie als Ersatz oder Ergänzung seiner bisherigen Hofstelle verwendet oder das Gelände - möglicherweise nach Abriß der Gebäude - in sonstiger Weise landwirtschaftlich nutzt. Im vorliegenden Fall wurde nach den Feststellungen des FG die Revisionsbeklagte durch den Kaufvertrag vom 7.2.1961 "in die Lage versetzt ..., Grundstücke zu erwerben und alsbald an aufstockungswürdige Teilnehmer abzugeben". Danach scheidet die Möglichkeit aus, daß die Hofstelle steuerschädlich verwendet, d.h. an dritte - nicht am Flurbereinigungsverfahren beteiligte - Personen abgegeben werden sollte und zu anderen Zwecken als zum Ersatz bzw. zur Vergrößerung einer bereits vorhandenen Hofstelle oder in sonstiger Weise zur Ergänzung eines landwirtschaftlichen Betriebes bestimmt war.Anmerkung
Rechtsgrundlage für die flurbereinigungsbedingte Grunderwerbsteuerbefreiung in Bayern ist nunmehr Art. 18 des Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes - AGFlurbG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.3.1977 (GVBl. S. 104).