Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 10.11.1977 - 139 XIII 76 = RdL 1978 S. 126
Aktenzeichen | 139 XIII 76 | Entscheidung | Urteil | Datum | 10.11.1977 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = RdL 1978 S. 126 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zur Angemessenheit von Ausgleichen. |
2. | Zur Verzinsung des Ausgleichsbetrages (Prozeßzinsen). |
Aus den Gründen
Der Senat hat somit darüber zu befinden, ob der dem Kläger gewährte Ausgleich von 1.628,22 DM angemessen ist oder nicht (§ 54 Abs. 1 Satz 1 FlurbG).
Aus der Regelung im Flurbereinigungsgesetz, daß Geldabfindungen und Geldausgleiche angemessen sein müssen, ist zu entnehmen, daß nicht der "Verkehrswert" - wie etwa bei der Bewertung baulicher Anlagen nach den Sonderbestimmungen der § 29, § 54 Abs. 1 Satz 2 FlurbG - (vgl. Urteil des Flurbereinigungsgericht K. vom 25.4.1963 in RdL 1964, 84) oder der "volle Schadensersatz" zu gewähren ist. Bei der Bemessung der Ausgleichsbeträge ist nämlich zu berücksichtigen, daß die im Flurbereinigungsverfahren durchgeführten Maßnahmen keine Enteignungseingriffe darstellen, die im Interesse außenstehender Dritter erfolgen, sondern daß die Flurbereinigung im Interesse der Verfahrensbeteiligten durchgeführt wird und daß die Ausgleichsbeträge von der Gesamtheit der Teilnehmer, also anteilig auch von den betroffenen Teilnehmern selbst, zu erbringen sind. Diese besonderen Gegebenheiten der Flurbereinigung (vgl. Urteil des Flurbereinigungsgerichts M. vom 21.3.1973, AgrarR 73, 400) lassen die Gewährung des vollen Schadenersatzes im Sinne einer Enteignungsentschädigung oder des zivilrechtlichen Schadenersatzbegriffes - mit entgangenem Gewinn gemäß § 252 BGB! - nicht zu; angemessen ist der für den vorübergehenden Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung zu gewährende Ausgleich vielmehr dann, wenn der Betroffene so gestellt wird, als wäre sein Grundbesitz in der den Gegebenheiten des Betriebes objektiv entsprechenden Weise bewirtschaftet worden.
Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen des Klägers wurden in dem 1,34 ha großen Ersatzflurstück 141 zusammengefaßt. Bis zum Wechsel von den alten auf die neuen Grundstücke hatte der Kläger das für seine Kleintierhaltung benötigte Futter (Kartoffeln, Gerste, Hafer, Rüben, Weizen) sowie Brotgetreide für den eigenen Bedarf auf seinen Grundstücken erzeugt. Die dem Betrieb entsprechende Wirtschaftsweise bestand sonach darin, eine Vielzahl von Feldfrüchten anzubauen. Der Anbau einer einzigen Frucht, etwa Kartoffeln, widersprach den Bedürfnissen und der Struktur des Betriebes des Klägers. Die Berechnung des Ausgleichsbetrages für das Jahr 1975 ist daher auf der Grundlage einer für den klägerischen Betrieb üblichen "Mischbewirtschaftung" vorzunehmen. Darauf, ob der Kläger tatsächlich nur noch Kartoffeln hätte anbauen können, wenn die Planierungsarbeiten 1975 im April und nicht erst im Juli abgeschlossen worden wären, kommt es nicht an; entscheidend ist vielmehr, daß der Kläger im Jahre 1975 nicht wertgleich abgefunden war und er deshalb so zu stellen ist, daß er durch diesen vorübergehenden Unterschied zwischen Einlage und Abfindung keinen Nachteil erleidet.
Der Betrag von 542,74 DM ist antragsgemäß seit Rechtshängigkeit der Klage, das heißt ab 12.5.1976, mit 4 % jährlich zu verzinsen (§ 291 BGB). Die sinngemäße Anwendung des § 291 BGB im öffentlichen Recht ist in der Rechtsprechung anerkannt (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.4.1971, BVerwGE 38, 49). Der Anspruch auf Prozeßzinsen ist auch nicht anderweitig geregelt oder durch Gesetz ausgeschlossen. Der Ausschluß der Gewährung von Prozeßzinsen durch § 51 FlurbG für Nachteile, die etwa durch eine "verzögerte Erfüllung" des Abfindungsanspruchs eintreten (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.4.1976, RdL 1977, 69), betrifft nicht den vorliegenden Fall, in welchem die Flurbereinigungsbehörde beschlossen hat, den Ausgleich nach § 51 Abs. 1 FlurbG in Geld zu gewähren, und es um die Gewährung von Prozeßzinsen für den von der Behörde zu Unrecht vorenthaltenen Teilbetrag geht.