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von Anonymer Benutzer

RzF - 1 - zu § 135 FlurbG

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.09.1977 - 7 A 68/76 = AS 15, 30

Aktenzeichen 7 A 68/76 Entscheidung Urteil Datum 28.09.1977
Gericht Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Veröffentlichungen AS 15, 30  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Offenlegung der Planunterlagen durch die Gemeinde im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 18 FStrG ist ein gesetzlich geregelter Fall der Amtshilfe.
2. Die Gemeinde nimmt bei der Offenlegung der Pläne keine eigene Aufgabe wahr.
3. Eine gesetzlich begründete Pflicht zur Vornahme einer objektiv helfenden Leistung muß nicht den Tatbestand der Amtshilfe ausschließen.
4. Zur Amtshilfe nach dem Flurbereinigungsgesetz.

Aus den Gründen

Die Offenlegung der Pläne nach § 18 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 6.8.1961 (BGBl I S. 1742) - FStrG - durch die Klägerin bildet eine Maßnahme der Amtshilfe. Nach der in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Begriffsbestimmung, die sowohl Art. 35 GG als auch der gesetzlichen Regelung in § 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25.5.1976 (BGBl I S. 1253) - VwVfG - zugrundeliegt, wird unter Amtshilfe "die Vornahme von Handlungen rechtlicher oder tatsächlicher Art durch eine andere Verwaltungsbehörde zur Unterstützung einer Amtshandlung der ersuchenden Behörde" zusammengefaßt (Kopp, Komm. z. Verwaltungsverfahrensgesetz, Anmerkung 2 zu § 4). Unter den Begriff der Amtshilfe zählt daher "jede von einer Behörde auf Erfordern einer anderen vorgenommenen Amtshandlung, die die Aufgabe der ersuchenden Behörde zum Ziel führen soll" (so schon Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 59). Für den Wesensgehalt der Amtshilfe ist dabei entscheidend, daß sie sich nur als eine ergänzende Maßnahme begreift, die sich darin erschöpft, eine andere Behörde im Rahmen des ihr obliegenden Aufgabenkreises zu unterstützen.

Diese Voraussetzungen sind bei der Offenlegung von Planunterlagen durch eine Gemeinde nach § 18 Abs. 2 FStrG erfüllt. Eine solche Amtshandlung stellt nämlich ihrer Natur nach lediglich eine ergänzende Hilfe dar, weil sie als unselbständiger Teil eines umfassenden Planfeststellungsverfahrens anzusehen ist, das dem Bau bzw. der Änderung von Bundesfernstraßen voranzugehen hat und von den Ländern bzw. den nach ihrem Verwaltungsaufbau zuständigen Behörden im Wege der Auftragsverwaltung wahrgenommen wird (Art. 90 Abs. 2, 85 GG, § 22 FStrG). Die Gemeinde handelt bei der Offenlegung der Pläne gleichsam als verlängerter Arm der Anhörungsbehörde.

Die Anhörungsbehörde ersucht die Gemeinde in erster Linie deshalb um Hilfe, weil sie selbst diese Amtshandlung nur mit wesentlich größerem Aufwand - Sach- und Zeitaufwand - vornehmen könnte als die ersuchte Behörde selbst. Darin aber liegt, wie nun auch durch § 5 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG belegt wird, ein wesentlicher Grund, der die Inanspruchnahme der Amtshilfe rechtfertigt.

Mit der Offenlegung wird der Gemeinde kein, auch kein begrenzter sachlicher Aufgabenkreis als Teil des Planfeststellungsverfahrens zur eigenständigen Erledigung im Sinne einer eigenen Aufgabe übertragen.

Auch die Entstehungsgeschichte des § 18 FStrG spricht dafür, daß sich die Einschaltung der Gemeinden in das Anhörungsverfahren als ein gesetzlich geregelter Fall der Amtshilfe begreift. Die in § 18 Abs. 2 FStrG getroffene Regelung über die Auslegung der Pläne in den Gemeinden übernahm die bisherige Verwaltungspraxis, wonach die Planfeststellungsbehörde aus Gründen der Kostenersparnis und Zweckmäßigkeit sich der Gemeinden bedient, um denjenigen, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden, Gelegenheit zu verschaffen, ihre Vorstellungen und Interessen zu vertreten.

Handelt es sich bei der Bestimmung des § 18 Abs. 2 FStrG daher lediglich um die gesetzliche Festschreibung der bislang geübten Verwaltungspraxis, ohne ihren Inhalt zu ändern, so folgt daraus zugleich, daß der Rechtscharakter der Hilfeleistung sich durch diese gesetzliche Normierung allein nicht wandeln kann. Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, weshalb eine zunächst entsprechend der allgemeinen Amtshilfepflicht des Art. 35 Abs. 1 GG geleistete ergänzende Hilfe zur Bewältigung einer fremden Aufgabe nur deshalb ihre Rechtsqualität verlieren und nicht mehr unter den Begriff der Amtshilfe fallen sollte, weil nunmehr die hilfeleistende Behörde zu derselben Tätigkeit aufgrund einer speziellen gesetzlichen Regelung gehalten ist (im Ergebnis ebenso Marschall, Komm. zum Bundesfernstraßengesetz, 4. Auflage, Anmerkung 4.1 zu § 18; Sieder-Zeitler, Komm. zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetz, 2. Auflage Rdnr. 16 zu Artikel 39 GG). Die Auffassung, daß eine gesetzlich begründete Pflicht zur "Vornahme einer objektiv helfenden Leistung" den Tatbestand der Amtshilfe ausschließt (Schmidt, Die Amtshilfe nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, in W. Schmitt-Gläser, Festschrift für Boorbergverlag 1977, S. 135 ff. (142); Meyer-Borgs, Komm. zum Verwaltungsverfahrensgesetz, Rdnr. 10 zu § 73; Prost, Amtshilfe nach Bundesrecht, DÖV 1956, S. 80 ff.; Pleitner, Begriff und kostenrechtliche Behandlung der Amtshilfe, BayVBl 1964, S. 247 ff.), trifft in dieser allgemeinen Form nicht zu. Dies wird schon dadurch belegt, daß es auch andere gesetzliche Bestimmungen gibt, in denen die Pflicht zur ergänzenden Hilfe geregelt und im Gesetz selbst sogar als Amtshilfe bezeichnet ist, wie z.B. § 135 FlurbG belegt. Zwar besagt Satz 1 dieser Bestimmung nur, daß die "Gerichte und Behörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts" den Flurbereinigungsbehörden die erforderliche "Rechts- und Amtshilfe" gewähren, insbesondere "bei der Ermittlung der Beteiligten, bei Bekanntmachungen und Zustellungen, bei der Vollstreckung und bei der Anwendung von Zwang". Somit unterscheidet sich diese Regelung von der in § 18 Abs. 2 FStrG konkretisierten Amtshilfe, weil keine bestimmte Körperschaft für die Erledigung einer speziellen Hilfeleistung genannt und es schon wegen des den Flurbereinigungsbehörden eingeräumten Auswahlermessens ausgeschlossen ist, daß durch § 135 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ein - wenn auch nur partieller - Aufgabenübergang bewirkt werden kann. Indes ist die Reichweite des nachfolgenden Satzes ein Stück enger gespannt, denn diese Bestimmung verpflichtet "die Vermessungsbehörden auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde Abdrucke oder Lichtpausen von Karten und Zusammendrucke in einheitlichem Maßstab unverzüglich anzufertigen". Trotz der gesetzlichen Festlegung dieser objektiv helfenden Leistungen ändert sich - wovon auch der Gesetzgeber ausgeht - ihr Amtshilfecharakter nicht, und zwar deshalb nicht, weil sie nicht zur eigenen Aufgabe der ersuchten Behörde werden. Allein darauf ist abzustellen, wie sich auch aus § 4 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ergibt; denn diese Bestimmung schließt Amtshilfe nicht bereits dann aus, wenn eine Behörde zu einer Tätigkeit gesetzlich verpflichtet ist, sondern nur wenn ihr diese als "eigene" Aufgabe obliegt. Die Offenlegung der Pläne durch die Gemeinde stellt jedoch eine ergänzende Hilfe dar, die die Gemeinde für die Anhörungsbehörde leistet, damit diese ihre Aufgabe rationell erfüllen kann.

Schließlich zwingt auch die Neufassung des § 18 FStrG vom 1.10.1974 nicht zu einem anderen Ergebnis. Es spricht nämlich vieles dafür, daß damit eine sachliche Änderung nicht getroffen, sondern lediglich eine textliche Angleichung an die zu erwartende Regelung des Planfeststellungsverfahrens im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgenommen werden sollte (vgl. Amtliche Begründung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes, Bundestags-Drucksache 7/1265).

Da die Klägerin die Planunterlagen mithin im Wege der Amtshilfe ausgelegt hat, steht ihr ein Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen zu (Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht, Band 2, 4. Auflage, § 77 VI Buchstabe b; siehe auch § 8 Absatz 1 Satz 2 VwVfG). Zu diesen erstattungsfähigen Aufwendungen zählen auch die Personalkosten, die ihr durch die Anstellung einer Aushilfskraft entstanden sind, um die Offenlegung der Planunterlagen entsprechend dem Amtshilfeersuchen durchführen zu können.