Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.04.1976 - V C 83.74 = RdL 1977 S. 69
Aktenzeichen | V C 83.74 | Entscheidung | Urteil | Datum | 29.04.1976 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1977 S. 69 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Nachteile, die durch eine "verzögerte Erfüllung" des Abfindungsanspruchs infolge eines hierfür anhängig gewesenen Rechtsstreits eintreten, sind im Rahmen des § 51 FlurbG berücksichtigungsfähig; insoweit ist die Gewährung von Prozeßzinsen ausgeschlossen. |
Aus den Gründen
Mit Recht wendet sich die Revision dagegen, daß das Flurbereinigungsgericht der Klage auf Gewährung von Prozeßzinsen entsprochen hat. Zwar besteht, wie das Bundesverwaltungsgericht wiederholt entschieden hat (vgl. das Urteil des Senats BVerwGE 38, 49 (50) mit weiteren Nachweisen) auch im öffentlichen Recht in sinngemäßer Anwendung des § 291 BGB ein Anspruch auf Prozeßzinsen; das gilt auch für das flurbereinigungsgerichtliche Verfahren, wenn beispielsweise die Flurbereinigungsbehörde unanfechtbaren Leistungsansprüchen auf Geldabfindung nicht nachkommt und wegen dieser Leistungsverweigerung Klage erhoben werden muß. Ein Anspruch auf Prozeßzinsen besteht jedoch nicht, wenn der Gesetzgeber den Zinsanspruch für bestimmte Arten von Geldforderungen anderweitig geregelt oder ihn ausgeschlossen hat. Eine solche anderweitige Regelung enthält § 51 Abs. 1 FlurbG. Mit ihr sollen alle ein näher beschriebenes Maß übersteigenden Nachteile ausgeglichen werden, die unmittelbar durch Flurbereinigungsmaßnahmen verursacht werden, nur vorübergehender Art sind und dadurch eintreten, daß der mit der Flurbereinigung angestrebte Dauerzustand nicht sofort erreicht wird. Gemeint sind mithin Nachteile, die ein Teilnehmer ursächlich und zwangsläufig durch das Verfahren erleidet und in Kauf nehmen muß (vgl. auch Caspari, RdL 1968, 144), also auch Nachteile, die durch eine "verzögerte Erfüllung" des Abfindungsanspruchs infolge eines hierüber anhängig gewesenen Rechtsstreits eingetreten sind. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat das Flurbereinigungsgericht, falls die Kläger ihr Klagebegehren entsprechend ändern, Gelegenheit, noch nähere tatsächliche Feststellungen darüber zu treffen, welche Nachteile den Klägern dadurch entstanden sind, daß sie einen ihnen etwa zustehenden Ausgleichsbetrag bis zum Abschluß des gerichtlichen Verfahrens nicht nutzen können. Der Geltendmachung dieses Anspruchs, der - wegen der Rechtskraft des flurbereinigungsgerichtlichen Urteils hinsichtlich seines eine Mehrforderung abweisenden Anspruchs - der Höhe nach durch den bisher zuerkannten Zinsanspruch begrenzt wird, steht nicht entgegen, daß die Kläger insoweit nicht das nach § 141 Abs. 1 FlurbG erforderliche Vorverfahren durchgeführt haben. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, daß das fehlende Vorverfahren eine Sachentscheidung nicht hindert, wenn das Verhalten der Verwaltungsbehörde vor und während des gerichtlichen Verfahrens mit Sicherheit erwarten läßt, daß die Beschwerde keinen Erfolg haben wird (vgl. für das Flurbereinigungsverfahren Urteil vom 7.5.1965 - BVerwG IV C 9.65 - (RdL 1965, 242)). Das ist hier der Fall. Mit dem Antrag auf Abweisung der Klage hinsichtlich des Zinsanspruchs hat sich die Beklagte zugleich dagegen gewandt, daß diesem Antrag aus anderen rechtlichen Gründen stattgegeben wird. - Zu beachten ist allerdings, daß § 51 Abs. 1 FlurbG hinsichtlich der Art der Entschädigung Ermessen einräumt und das Flurbereinigungsgericht sich unter diesem Blickwinkel an einer abschließenden Entscheidung gehindert sehen könnte.