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von Anonymer Benutzer

RzF - 13 - zu § 18 Abs. 1 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.04.1976 - VII C 74.74 = AgrarR 1976 S. 286

Aktenzeichen VII C 74.74 Entscheidung Urteil Datum 30.04.1976
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen AgrarR 1976 S. 286  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Es ist zulässig, daß ein in § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gasöl-Verwendungsgesetzes-Landwirtschaft aufgeführter Betrieb (Teilnehmergemeinschaft), der für einen Erzeugerbetrieb tätig wird, die Arbeiten durch einen anderen der in Nr. 2 vorgesehenen Betriebe durchführen läßt. Entscheidend ist allein, daß ein Betrieb nach Nr. 2, der im Auftrage eines anderen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Betriebe tätig wird, die Arbeiten letztlich für einen Erzeugerbetrieb vornimmt.

Aus den Gründen

Die Revision ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht nicht.

Das Berufungsgericht hat § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Verwendung von Gasöl durch Betriebe der Landwirtschaft (Gasöl-Verwendungsgesetz-Landwirtschaft) vom 22.12.1967 (BGBl I S. 1339) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes-Landwirtschaft vom 8.9.1969 - GVL - (BGBl I S. 1589) richtig angewendet.

1. Der Auffassung des Oberbundesanwalts, daß nur solche Betriebe aufgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 2 GVL gefördert werden sollten, die sich zu den Betrieben nach Nr. 1 in der ersten Stufe der Mittelbarkeit befänden, kann nicht gefolgt werden. Nach der genannten Bestimmung sind Betriebe der Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes auch die in Nr. 2 genannten Betriebe, soweit diese für die in Nr. 1 bezeichneten Betriebe - das sind die Erzeugerbetriebe - Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung ausführen. Es ist nicht erforderlich, daß der Erzeugerbetrieb Auftraggeber des ausführenden Betriebes ist (so Urteil dieses Senats vom 13.12.1968 - BVerwG VII C 38.67 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 28 = RdL 1969, 83; OVG Lüneburg, DVBl 1961, 91). Vielmehr ist es zulässig, daß ein in Nr. 2 aufgeführter Betrieb, der für einen Erzeugerbetrieb tätig wird, die Arbeiten durch einen anderen der in Nr. 2 vorgesehenen Betriebe durchführen läßt. Entscheidend ist, daß ein Betrieb nach Nr. 2, der im Auftrage eines anderen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Betriebe tätig wird, die Arbeiten letztlich für einen Erzeugerbetrieb vornimmt. Dies entspricht auch der Meinung der zuständigen Bundesministerien. Nach dem gemeinsamen Rundschreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen F/V B 4 - F 6206 - 31/72 und des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten II A 6 - 2769.1 - 181.72 vom 26.7.1972 ist ein ausdrücklicher Auftrag der Mitglieder nicht erforderlich, wenn Teilnehmergemeinschaften begünstigte Arbeiten selbst ausführen oder Aufträge hierfür an Lohnunternehmen weitergeben. Dieser Auffassung hat sich der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen in seinem Schnellbrief II A 5-2040-1468 vom 13.11.1972 angeschlossen. Es ist auch vom Sinn und Zweck des Gesetzes her nicht einzusehen, warum die Gasölverbilligung zwar begehrt werden könnte, wenn eine Teilnehmergemeinschaft oder ein Lohnunternehmen selbst unmittelbar für einen Erzeugerbetrieb die Arbeiten durchführt, nicht aber dann, wenn eine Teilnehmergemeinschaft ihrerseits ein Lohnunternehmen mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt, die einem Erzeugerbetrieb zugute kommen.

2. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 GVL folgt ebenfalls nicht, daß ein dort vorgesehener Betrieb Ansprüche nur geltend machen könne, wenn die Subvention nachweisbar dem Erzeugerbetrieb zugute kommt (so Urteil vom 13.12.1968 - BVerwG VII C 38.67 - Buchholz a.a.O. Nr. 28 = RdL 1969, 83; OVG Lüneburg, DVBl 1961, 91). Die genannte Vorschrift stellt ausschließlich darauf ab, daß Teilnehmergemeinschaften, Lohnunternehmen usw. für die in Nr. 1 bezeichneten Erzeugerbetriebe bestimmte Arbeiten ausführen. Dabei kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf an, wer letztlich die Kosten trägt. Der Senat hat daher auch in seiner bisherigen Rechtsprechung ständig die Ansicht vertreten, daß ausschließlich bestimmte Tätigkeiten für die Betriebe nach Nr. 1 einen Anspruch auf Beihilfe gewähren (so Urteil vom 15.12.1961 - BVerwG VII C 108.60 - Buchholz a.a.O. Nr. 11 (S. 46); Urteil vom 17.5.1963 - BVerwG VII C 105.62 - Buchholz a.a.O. Nr. 15 (S. 57); BVerwGE 18, 235 (237) = Buchholz a.a.O. Nr. 16). Aus dem Subventionszweck, der auch nach der Rechtsprechung dieses Senats bei der Gasölverbilligung zu berücksichtigen ist (so Urteil vom 30.4.1965 - BVerwG VII C 90.64 - Buchholz a.a.O. Nr. 20 (s. 75)), folgt nichts anderes. Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf zu diesem Punkt (BT-Drucks. V/2194 S. 6) damit begründet, Lohnunternehmen und Inhaber ähnlicher Betriebe würden bei der Ausübung landwirtschaftlicher Arbeiten gleichfalls in die Verbilligungsregelung einbezogen, damit den landwirtschaftlichen Betriebsinhabern die ihnen zugedachten Vergünstigungen über den Arbeitspreis wieder zugute kämen Das Wort "damit" ergibt, daß es sich dabei um ein Motiv für die Vorschrift und nicht um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Gewährung der Vergünstigung handelt. Das folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Bei einer freien Marktwirtschaft läßt sich nämlich die Tatsache der Weitergabe nicht nachprüfen. Dieser Nachweis kann z. B. nicht dadurch erbracht werden, daß ein Lohnunternehmen die Vergünstigung in einer dem Auftraggeber überreichten Kalkulation mitberücksichtigt; denn das hindert es nicht, die Vergünstigung durch Aufschlag auf die übrigen von ihm frei zu gestaltenden Preise wieder zu vereinnahmen. Andererseits reicht ein Lohnunternehmer unwissentlich die Vergünstigung an den Erzeuger weiter, wenn er sein Angebot lediglich deshalb so günstig gestaltet, weil er einen Konkurrenten unterbieten will, der die Vergünstigung bei seinem Preisangebot berücksichtigt hat. Der Gesetzgeber geht mit Recht davon aus, daß im Rahmen der Marktwirtschaft die dem Lohnunternehmen gewährte Preisvergünstigung für das verwendete Gasöl wegen der Konkurrenz dem Erzeugerbetrieb zwangsläufig zugute kommen muß, weil ein Unternehmer, der diese Subvention über den Preis nicht weiterreicht, mit seinem Angebot nicht zum Zuge kommen wird.

Aus diesem Grunde kann der Beklagte auch nicht die von der Klägerin bestrittene Feststellung verlangen, daß die Begünstigung über den Arbeitspreis im vorliegenden Fall nicht weitergereicht worden sei; denn diese Feststellung ist nicht entscheidend. Sie wird auch nicht mit Sicherheit zu treffen sein, weil es nicht auf die subjektive Absicht des Begünstigten ankommt. Maßgebend ist allein, daß die Arbeit für den Erzeugerbetrieb geleistet wurde. In diesem Falle ist zu vermuten, daß auch die Subvention über den Arbeitspreis weitergereicht wird, weil die Gesetze der freien Marktwirtschaft das erzwingen, ohne daß es Voraussetzung für die Subvention ist.

3. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, daß im vorliegenden Fall die Vergünstigung durch eine gesetzliche Regelung gewährt wurde, die gemäß Art. 3 des Änderungsgesetzes vom 8.9.1969 (BGBl I S. 1589), das erst am 10.9.1969 verkündet wurde, rückwirkend am 1.1.1969 in Kraft trat. Allerdings bedarf ein Gesetz unter Umständen einer besonderen Auslegung, soweit es sich um die Geltung für einen Zeitraum handelt, der vor Verkündung des Gesetzes bereits abgelaufen war. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen berücksichtigt, daß die Klägerin den Zeitpunkt für den Antrag nach § 4 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 GVL nicht wahren konnte, weil zu diesem Zeitpunkt das die Klägerin begünstigende Gesetz noch nicht verkündet war. Ebensowenig kann dem durch die Rückwirkung Begünstigten der Vorwurf gemacht werden, er habe für die rückwirkende Zeit kein Verwendungsbuch gemäß § 8 GVL geführt. Diese Auslegung des Gesetzes war zu dem Zweck erforderlich, der Rückwirkung Geltung zu verschaffen.

Der Auslegung, die der Beklagte für den rückwirkenden Zeitraum erstrebt, vermag der Senat hingegen nicht zu folgen. Der Beklagte vertritt die Ansicht, die Frage der Zwecktauglichkeit stelle sich bei rückwirkenden Ansprüchen mit noch stärkerer Intensität. Er will also nicht der Rückwirkung zum Durchbruch verhelfen, sondern klarstellen, daß die Rückwirkung der Subventionsbedingungen dazu zwinge, die Vorschriften enger auszulegen, um zu vermeiden, daß der Endzweck der Regelung verfehlt werde. Wäre es richtig, daß bei der rückwirkenden Geltung des Gesetzes eine Subvention nur beansprucht werden könnte, wenn sie vorher, d. h. vor Verkündung des Gesetzes nachweislich an den Erzeugerbetrieb weitergereicht worden ist, dann wäre die Rückwirkung praktisch entgegen dem Willen des Gesetzgebers bedeutungslos; denn ein Kaufmann wird in aller Regel eine ihm im Gesetzentwurf zugedachte Vergünstigung nicht vollen Umfangs einkalkulieren, ehe das Gesetz erlassen ist. Wenn der Beklagte daher die Ansicht vertritt, daß bei nicht nachweisbarer Weitergabe im Falle der rückwirkend eingeräumten Vergünstigung kein Anspruch auf die Subvention besteht. so macht er damit geltend, daß die Rückwirkung als solche im Widerspruch zu der gesetzlichen Zweckbestimmung stehe. Das Berufungsgericht hat aber eine absolute Zweckuntauglichkeit mit überzeugenden Gründen verneint. Schon die Aussicht auf eine zu erwartende gesetzliche Begünstigung wird den Anbietenden veranlassen, seine sonstige Kalkulation besonders günstig zu gestalten und möglicherweise auf einen Teil des üblichen Gewinns in der Hoffnung zu verzichten, daß ihn die zu erwartende gesetzliche Begünstigung schadlos stellen wird. Darüber hinaus werden solche Chancen auch die Kalkulation der Konkurrenten beeinflussen. Der Beklagte behauptet in seiner Revisionsschrift selbst, daß der Klägerin diese Chance bekannt gewesen ist und daraus kann geschlossen werden, daß auch die Konkurrenten von ihr wußten. Im vorliegenden Fall ergibt eine Auswertung der Vorakten, daß sich die Klägerin in allen Fällen gegen vielfache Konkurrenz durchsetzen mußte. Sie hat mit einer Ausnahme in allen Fällen den Zuschlag erhalten, weil sie billiger anbot als die anderen Firmen. Bei einem so starken Konkurrenzdruck ist davon auszugehen, daß die Klägerin alle Möglichkeiten berechnet und dabei auch die Chance aufgrund der zu erwartenden Gesetzesänderung berücksichtigt hat. Das ist aber nicht maßgebend. Entscheidend ist, daß schon die Chance zu einer solchen Begünstigung preisdrückend wirken konnte. Bei einer freien Marktwirtschaft und einer echten Konkurrenz muß deshalb der Vorteil dem zugute kommen, der das günstigste Angebot macht, ohne daß es darauf ankommt, wieweit er nachweisbar die Begünstigung an den Auftraggeber weitergereicht hat.