Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 27.02.1975 - F OVG A 21/74
Aktenzeichen | F OVG A 21/74 | Entscheidung | Urteil | Datum | 27.02.1975 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Lüneburg | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Zustimmung nach § 34 FlurbG kann nicht erteilt werden, wenn die Beseitigung der in Abs. 1 Nr. 3 genannten Anlagen den Grundsätzen widerspricht, die § 37 FlurbG für die Neugestaltung des Verfahrensgebietes benennt. |
2. | Eine Beeinträchtigung landeskultureller Belange ist gegeben, wenn durch die Rodung einer Baumreihe den Erfordernissen der Landschaftspflege und des Naturschutzes nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen wird (vgl. § 37 Abs. 2 FlurbG). |
Aus den Gründen
Nach § 34 Abs. 1 Ziff. 3 gilt von der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses bis zur Ausführungsanordnung die Einschränkung, daß einzelne Bäume, Hecken, Feld- und Ufergehölze nur in Ausnahmefällen, soweit landeskulturelle Belange nicht beeinträchtigt werden, mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde beseitigt werden dürfen. Die Handhabung der Zustimmung ist damit nicht in das Belieben der Flurbereinigungsbehörde gestellt. Sie unterliegt den im Gesetz festgelegten Einschränkungen, daß sie nur auf Ausnahmefällen zu beschränken ist und nur soweit erteilt werden darf, als landeskulturelle Belange nicht beeinträchtigt werden. Sie wird insbesondere dann nicht erteilt werden können, wenn die Beseitigung den Grundsätzen widerspricht, die § 37 FlurbG für die Neugestaltung des Verfahrensgebietes benennt.
Der Senat ist der Auffassung, daß die Flurbereinigungsbehörde die Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung zu Recht verneint hat. Das bei den Verfahrensunterlagen befindliche Luftbild vermittelt einen Eindruck von dem Umfang der im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens G. durchgeführten Rodungsmaßnahmen. Danach ist der Baumbewuchs besonders stark in dem Raum westlich und südlich des Flurstücks 25 Flur 23 verringert worden. Bei dieser Sachlage ist die Befürchtung des Beklagten nicht auszuschließen, daß weitere Rodungsgenehmigungen die Gefahr der Bodenerosion begünstigen. Darüber hinaus ist der Senat mit dem Beklagten der Meinung, daß die Beseitigung der Baumreihe bereits deswegen eine Beeinträchtigung landeskultureller Belange zur Folge haben würde, weil durch die Rodung den Erfordernissen der Landschaftspflege und des Naturschutzes nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen würde (vgl. § 37 Abs. 2 FlurbG). Denn der hier fragliche Raum würde nahezu seines gesamten Baumbestandes beraubt und es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß dieser Umstand den Interessen an der Erhaltung der Landschaft zwischen dem Ort S. und der R.-Niederung in ihren charakteristischen Zügen abträglich sein würde. Das Ziel der Landschaftspflege, nämlich die nachhaltige Sicherung und Entwicklung einer leistungsfähigen, schönen und gesunden Landschaft kann hiermit nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Ferner ist der Senat der Ansicht, daß die in der gesetzlichen Bestimmung enthaltene Einschränkung des Eingriffs in die Landschaft im "Ausnahmefall" nicht vorliegt. Eine Ausnahmeregelung erscheint jedenfalls dann nicht mehr notwendig, wenn, wie hier, der Flurbereinigungsplan bereits vorliegt, der Erlaß der (vorzeitigen oder endgültigen) Ausführungsanordnung abzusehen ist und damit die Einholung der Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde zur Beseitigung der Baumreihe in erfahrungsgemäß verhältnismäßig naher Zukunft voraussichtlich entbehrlich wird.
Wegen der vom Senat festgestellten Beeinträchtigung landeskultureller Belange wurde die Prüfung entbehrlich, ob die Verweigerung der Zustimmung für den Kläger eine unzumutbare betriebswirtschaftliche Benachteiligung zur Folge haben wird. Entgegen der Auffassung des Klägers wird diese Frage aber zu verneinen sein. Hierbei wird der Kläger zunächst zu bedenken haben, daß ihm das während des Flurbereinigungsverfahrens angekaufte, als Grünland geschätzte Flurstück 25 Flur 23 bislang nicht als Abfindung zugeteilt worden ist. Damit kann der Kläger in bezug auf dieses Flurstück nicht rügen, das Kulturartenverhältnis sei in der Abfindung gestört und er daher nicht wertgleich abgefunden. Aber auch hinsichtlich der Form und Größe der für die ackerbauliche Nutzung zur Verfügung stehenden Teilflächen dieses dem Kläger noch durch Plannachtrag zuzuteilenden Flurstücks in den Größen von rd. 3,5 und rd. 5,5 ha lassen sich aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen keine durchgreifenden Bedenken erheben. Die Teilstücke liegen an zwei im Flurbereinigungsverfahren ausgebauten Wegen - wie der Senat aus seiner Ortsbesichtigung in dem vorausgegangenen Verfahren wegen der Anfechtung der vorläufigen Besitzeinweisung weiß - und lassen die ackerbauliche Nutzung jedenfalls nicht unrentabel erscheinen. In diesem Zusammenhang wird der Kläger weiter zu bedenken haben, daß, worauf der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich hingewiesen hat, der Rodung dann keine landeskulturellen Bedenken mehr entgegenstehen dürften, wenn die an der Südseite des Weges vorgesehene Windschutzanlage die Funktion der hier fraglichen Baumreihe übernehmen kann.
Schließlich kann sich der Kläger nicht auf die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes mit dem Hinweis berufen, bei den Teilnehmern S. und G. sei bei gleichen Umständen und Voraussetzungen der Baumbestand in den Wirtschaftsflächen beseitigt worden. Wenn in dem Flurbereinigungsverfahren in der Vergangenheit von dem Beklagten Zustimmungen zu Rodungsarbeiten erteilt wurden, die er bei Anwendung größerer Sorgfalt im gegenwärtigen Zeitpunkt verweigern würde, so kann der Kläger hieraus für sich keine Rechte herleiten. Denn der Beklagte kann nicht verpflichtet werden, früher von ihm gemachte Fehler zu wiederholen.