Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 21.03.1974 - 43 XIII 73
Aktenzeichen | 43 XIII 73 | Entscheidung | Urteil | Datum | 21.03.1974 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Einem Prozeßbeteiligten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn seine am vorletzten Tage vor Fristablauf aufgegebene Klage nur deshalb verspätet eingeht, weil die Adresse des Rechtsmittelgerichts im Beschwerdebescheid unvollständig - im Sinne der Postordnung - angegeben war. |
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig erhoben, denn dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wird die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist von 2 Wochen nachgeholt, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 60 Abs. 1, Abs. 2 VwGO). Diese Voraussetzungen treffen für den Kläger zu: Dem Kläger wurde der Beschwerdebescheid der Flurbereinigungsdirektion W. vom 19.7.1973 am 28.7.1973 zugestellt. Nach der Rechtsmittelfrist des § 142 Abs. 2 FlurbG von 2 Wochen mußte die Klage spätestens am 13.8.1973 bei Gericht eingehen (§ 115 Abs. 2 FlurbG). Ihr Eingang am 16.8.1973 war daher verspätet.
Nach dem Poststempel auf dem Briefumschlag hat der Kläger den Brief am 12.8.1973 vor 12.00 Uhr in W. aufgegeben. Nach der Auskunft der Oberpostdirektion M. vom 8.3.1974 hätte der Brief im normalen Postverkehr M. am 13.8.1973 um 3.58 Uhr erreichen müssen und hätte auch an diesem Tag zugestellt werden können, wenn die Briefanschrift vollständig gewesen wäre und § 3 Abs. 2 Postordnung entsprochen hätte. So fehlte in der Anschrift die Bezeichnung des Zustellpostamtes M. 34 und der Hinweis auf das Abholfach des Gerichts. Nach der Auskunft der Oberpostdirektion M. ist aller Wahrscheinlichkeit nach durch diese unvollständige Leitangabe die Verzögerung im Postlauf zustande gekommen. Sie hat jedoch nicht der Kläger zu vertreten, denn die unvollständige Anschrift ergab sich aus der Rechtsmittelbelehrung des Beschwerdebescheids. Dies kann billigerweise nicht zu Lasten des Klägers gehen. Der Kläger verletzte somit nicht die ihn als Beteiligten treffende Sorgfaltspflicht, wenn er in Ausschöpfung seiner Rechtsmittelfrist den Brief am vorletzten Tag vor Ablauf der Frist aufgab, da er bei normalem Postlauf mit dem fristgerechten Eingang seiner Klage hatte rechnen können (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.5.1973 in DÖV 1973, 647). Da die Rechtshandlung (Klageerhebung) innerhalb von 2 Wochen nachgeholt worden war, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.