Flurbereinigungsgericht Kassel, Vorbescheid vom 11.09.1974 - III F 301/74

Aktenzeichen III F 301/74 Entscheidung Vorbescheid Datum 11.09.1974
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die nachträgliche Zuziehung von Grundstücken kann auch erfolgen, sofern die Voraussetzungen des § 1 FlurbG erfüllt sind, um nach § 40 FlurbG Land in geringem Umfange bereitzustellen.
2. Nach § 40 FlurbG kann Land für einen Friedhof bereitgestellt werden.

Aus den Gründen

Ermessensfehler, die nach § 114 VwGO in Verbindung mit § 138 FlurbG allein zu einer dem Kläger günstigen Entscheidung führen könnten, sind nicht feststellbar. Die Flurbereinigungsbehörde hat sich bei der neuen Abgrenzung des Verfahrensgebietes von dem in § 7 Abs. 1 FlurbG aufgestellten Maßstab leiten lassen. Die vorgenommene Erweiterung dient der möglichst vollkommenen Erreichung des Zweckes der Flurbereinigung. Der Zweck der Flurbereinigung findet seine Definition in § 1 FlurbG. Er ist danach in der Förderung der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Erzeugung und der allgemeinen Landeskultur zu sehen.

Wie dieser Zweck zu erreichen ist, wird vom FlurbG teils in seinem § 1, noch deutlicher aber in § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FlurbG programmatisch umschrieben. Alle dort aufgeführten Maßnahmen unter Berücksichtigung der für sie aufgestellten Leitlinien ihrer Verwirklichung sind demnach insgesamt Maßnahmen, die der Verwirklichung des Zweckes der Flurbereinigung dienen. Ihre vollkommene Ausführung ist stets Teil der Verwirklichung des Zweckes, den die Flurbereinigung erreichen soll. Mithin läßt sich die Definition des Zweckes der Flurbereinigung von den durch das FlurbG erlaubten Maßnahmen nicht trennen. Daraus folgt weiter, daß die ins einzelne gehende Ausgestaltung von Aufgaben, wie sie die speziellen Abschnitte des 3. Teiles des FlurbG vornehmen, ebenfalls nicht bei der Definition des Zwecks der Flurbereinigung außer Acht gelassen werden kann. Wenn § 40 FlurbG der Flurbereinigungsbehörde die Möglichkeit an die Hand gibt, für Anlagen, die einem öffentlichen Interesse der in § 40 FlurbG beispielhaft umschriebenen Art zu dienen, Land in geringem Umfang bereitzustellen, dann dient auch eine solche Maßnahme der Möglichkeit vollkommener Zweckverwirklichung der Flurbereinigung.

Allerdings weist der Senat eindringlich darauf hin, daß der Zweck der Flurbereinigung sich nicht losgelöst von § 1 FlurbG definieren läßt, daß also aus Vorschriften wie dem § 40 FlurbG nicht isoliert der Gesamtzweck einer Flurbereinigung abgeleitet werden kann. Dies würde an dem Willen des Gesetzgebers zur Durchführung der Flurbereinigung als einer agrarstrukturverbessernden Maßnahme vorbeigehen.

Im vorliegenden Fall dient die vorgesehene Ausdehnung des Verfahrensgebietes dem Zweck der Flurbereinigung in der oben beschriebenen Weise. Wie nämlich zwischen den Prozeßparteien unstreitig ist, soll das Gelände, in welchem das klägerische Grundstück liegt, wegen einer Friedhofserweiterung zugezogen werden. Daß ein Friedhof zu den nach § 40 FlurbG zu fördernden Anlagen öffentlichen Interesses gehört, kann nicht zweifelhaft sein. Wie der Senat bisher stets festgestellt hat, erfaßt § 40 FlurbG zwar lediglich die Anlagen, die geeignet sind, die Befriedigung der grundlegenden Lebensbedürfnisse in einem Flurbereinigungsgebiet unmittelbar zu sichern und zu verbessern (so Hess. VGH Urteil vom 24.10.1972 - III F 43/69 - in RzF - 18 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG). Ein Friedhof befriedigt aber solche grundlegenden Lebensbedürfnisse unmittelbar, indem er zur Wohlfahrt der Lebenden den Toten einer Gemeinde die für sie erforderliche Ruhestatt gewährt und bereithält.