Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 07.02.1974 - 119 XII 71 = RdL 1974 S. 126= AgrarR 1974 S. 175= BayVBl. 1975 S. 47

Aktenzeichen 119 XII 71 Entscheidung Urteil Datum 07.02.1974
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen RdL 1974 S. 126 = AgrarR 1974 S. 175 = BayVBl. 1975 S. 47  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Rechtsnatur eines Fischereirechtes und seiner Beschreibung im Flurbereinigungsverfahren.
2. In Bereichen, die nicht durch Neuordnungsmaßnahmen der Flurbereinigung umgestaltet wurden, besitzen die Flurbereinigungsbehörden keine Befugnis zur Regelung von Fischereirechten.

Aus den Gründen

Streitgegenstand ist die Neubeschreibung des klägerischen Fischereirechts im Flurbereinigungsplan Teil II, soweit sie dessen westliche Grenze, die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen umstritten ist, im Einklang mit der Auffassung des Beigeladenen festlegt.

Das Fischereirecht ist ein Aneignungsrecht (§§ 958, 960 BGB), das nach Bayer. Landesrecht (Art. 3, 69 EGBGB), soweit es nicht dem Eigentümer des Gewässers zusteht - selbständiges Fischereirecht -, als privates dingliches Recht ausgebildet ist (Art. 9 des Bayer. Fischereigesetzes - FiG - vom 15.8.1908 BayBS IV S. 453). Jeder Fischereiberechtigte kann die Grenzen seines Fischereirechts durch Grenzsteine abmarken lassen. Der Nachbarberechtigte ist zur Mitwirkung verpflichtet, sofern die Grenze des Fischereirechts nicht mit der Grenze eines Ufergrundstücks zusammenfällt (Art. 12 FiG). Für die Abmarkung sind bei Ermittlungsvermessungen die Vermessungsämter, sonst die Feldgeschworenen zuständig (§ 3 VVFiG, BayBS IV S. 464). Nach § 30 FlurbG ist für die Größe eines Grundstücks in der Regel die Eintragung im Liegenschaftskataster maßgebend. Die Flurbereinigungsbehörde kann bei offenbarer Unrichtigkeit oder begründeten Zweifeln eine Berichtigung herbeiführen. Erkennt der betroffene Beteiligte die Flächenänderung nicht an, so ist nötigenfalls die Berichtigung des Liegenschaftskatasters im Fortführungswege herbeizuführen (vgl. Steuer: Anm. 4 zu § 30 FlurbG). Für ein selbständiges Fischereirecht, das katastermäßig erfaßt und auf einem eigenen Grundbuchblatt beschrieben ist (Art. 14 Abs. 2 FiG), kann in Anbetracht von Art. 9 FiG nichts anderes gelten.

Allerdings hat die Flurbereinigungsbehörde im Rahmen ihres Auftrags nach § 37 Abs. 1 FlurbG auch die rechtlichen Verhältnisse zu ordnen (§ 37 Abs. 2 FlurbG). Doch ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat wiederholt angeschlossen hat, anerkannt, daß eine allgemeine Zuständigkeit der Flurbereinigungsbehörde, aus Anlaß eines anhängigen Flurbereinigungsverfahrens alle Maßnahmen zu treffen, für deren Durchführung die Flurbereinigung "eine einmalige Gelegenheit bietet", nicht besteht (BVerwGE 8, 65; 15, 72; 26, 173). § 37 Abs. 2 Satz 1 FlurbG beinhaltet vielmehr nur insoweit eine Ermächtigung zur Gestaltung der rechtlichen Verhältnisse im Flurbereinigungsgebiet, als es sich um Maßnahmen handelt, zu denen die Flurbereinigungsbehörde aufgrund anderer Bestimmungen des FlurbG ermächtigt ist (so in § 37 Abs. 1 FlurbG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14.6.72, RdL 1972 S. 296 ff.). Zu derartigen Maßnahmen zählen rechtliche Regelungen z.B., wenn sie darauf abzielen, die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe zu verbessern, den Arbeitsaufwand zu vermindern oder die Bewirtschaftung zu erleichtern.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte bei der neuen Beschreibung des Fischereirechts nicht nur die früheren Flurstücksnummern durch die Nummern der neuen Flurstücke ersetzt, was in ihren Aufgabenbereich fällt und vom Kläger nicht beanstandet wird. Sie hat darüberhinaus den Streit zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen um die Lage der gemeinsamen Grenze dahin entschieden, daß sie anstelle eines früher in der Örtlichkeit vorhandenen Merkmals (Grabeneinmündung) eine Grundstücksgrenze als Westgrenze des klägerischen Fischereirechts benannt hat. Damit hat die Beklagte in die Aufgaben der Abmarkungsbehörden mit der Folge eingegriffen, daß der Streit vor dem Flurbereinigungsgericht auszutragen wäre.

Die getroffene Regelung wird von der Ermächtigung des § 37 Abs. 2 FlurbG nicht gedeckt. Anlaß für die Änderung des Beschriebs war nach dem Vortrag im Veränderungsnachweis die "Bachregulierung und Neunumerierung bei der Flurbereinigung H". Weder die Regulierung der R. noch die im Flurbereinigungsverfahren H. eingetretenen Grenzänderungen und Änderungen der Flurstücksnummern können aber ein Abrücken vom alten Beschrieb der westlichen Begrenzung rechtfertigen.

Die Regulierung der R. erfolgte durch einen Wasserverband noch vor Anordnung, jedenfalls aber außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens H. Die Flurbereinigung hat mit ihren Neuordnungsmaßnahmen an den Stand nach der Regulierung angeknüpft, ohne hieran selbst noch ergänzende Maßnahmen zu treffen. In dem vom Vorstand der Beklagten am 16.7.1965 aufgestellten und am 10.2.1967 vorläufig festgestellten Wege- und Gewässerplan ist die regulierte R. als bestehendes altes Gewässer dargestellt. Seine Eintragungen bestätigen ferner die unstreitige Einlassung der Parteien, daß der im alten Beschrieb des klägerischen Fischereirechts erwähnte Graben jedenfalls nicht durch Maßnahmen der Flurbereinigung in Wegfall gekommen ist, sofern es sich nicht überhaupt um den Graben handelt, der heute noch auf dem Ersatzflurstück 1552 verläuft und der vom Kläger als der für die westliche Begrenzung seines Fischereirechts maßgebliche angesehen wird; auch dieser Graben blieb im Zuge des Flurbereinigungsverfahrens - wie die Beklagte einräumt und der Wege- und Gewässerplan zeigt - unverändert. Nun hat zwar die Beklagte den vom Wasserverband durch die Regulierung geschaffenen tatsächlichen Zustand insoweit geregelt, als sie die neuen Grundstücksverhältnisse an den Zustand nach Abschluß der Regulierung anpaßte. An den Fischereirechten in der R. hingegen wollte die Beklagte nichts ändern, so daß es auch nicht ihrer Überprüfung oblag, ob und in welchem Umfang die Regulierung durch den Wasserverband etwa auf den Bestand der Fischereirechte Einfluß genommen hat. Auch die gemeinsame Grenze der Grundstücke 1553/1, 1553/3 alt, 1552, 1545 neu wurde von der Neuregelung nicht berührt. Es änderten sich nur die Flurstücksnummern. Ob an der Flurstücksgrenze ein schmaler Grenzgraben verlief, den die Beklagte im Verlauf des Flurbereinigungsverfahrens verrohrt hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Der frühere Beschrieb hat den Grenzgraben zwischen den Flurstücken nicht als die Grenze des Fischereirechts benannt. Daß sich die Regelung auch nicht als eine die Bewirtschaftung fördernde Maßnahme darstellt und eine Erleichterung der Fischerei dadurch nicht eingetreten ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Allerdings mag eine neue Beschreibung der Grenzen bestehender Fischereirechte ohne veranlassende Neuordnungsmaßnahmen etwa aus Gründen der besseren Formulierung oder der größeren Übersichtlichkeit im Einvernehmen der Beteiligten möglich sein. An diesem Einverständnis der Fischereiberechtigten untereinander fehlt es hier aber gerade. Es kann auch nicht die Rede davon sein, daß die dem Gericht vorgelegten katastertechnischen Unterlagen ohne weiteres für die Auffassung des Beigeladenen und der Beklagten sprechen würde, so daß der Kläger im Falle der Beibehaltung des neuen Beschriebs der Gefahr ausgesetzt ist, einen Rechtsverlust zu erleiden. Der alte Beschrieb läßt demgegenüber diese Frage im Interesse der Fischereiberechtigten offen.

Da die Änderung des Beschriebs der Westgrenze des klägerischen Fischereirechts nicht zu den Aufgaben der Flurbereinigung gehört, war der Klage stattzugeben und der alte Beschrieb wieder herzustellen, ohne daß es darauf ankam, ob der neue Beschrieb die Grenze richtig oder falsch angegeben hat.