Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.03.1973 - V C 4.72 = AgrarR 1973 S. 333

Aktenzeichen V C 4.72 Entscheidung Urteil Datum 15.03.1973
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen AgrarR 1973 S. 333  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Vereinbaren die Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren privatrechtlich einen Tausch von zugeteilten Flurstücken, so können sie von der Flurbereinigungsbehörde keinen Ausgleich für eine dadurch eingetretene Minderung der Abfindung verlangen. Das gilt auch dann, wenn der Tausch auf Wunsch der Vertragsparteien in einen Plannachtrag aufgenommen wird.
2. Zur Frage des maßgebenden Zeitpunktes für die Prüfung der Wertgleichheit von Einlage und Abfindung.

Aus den Gründen

Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen ist der vom Kläger mit der Gemeinde nach dem in der Ausführungsanordnung festgesetzten Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes vereinbarten Landaustausch außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens durchgeführt worden. Die im Rahmen des PIN II erfolgte Aufnahme dieser Besitzänderung war begehrt worden, um die Grundbuchberichtigung durch den Flurbereinigungsplan zu ermöglichen. Diese Aufnahme führte jedoch nicht dazu, die mit dem privatrechtlichen Austausch verbundene Veränderung der ausgewiesenen Abfindung nachträglich als einen durch behördliche Planänderung bedingten Abfindungseingriff anzusehen, der von der Flurbereinigungsbehörde zu vertreten und notfalls auszugleichen wäre. Die sachlich-rechtliche Beurteilung des Flurbereinigungsgerichts, daß der dadurch eingetretene Verlust von Werteinheiten auf seiten des Klägers und der entsprechende Gewinn auf seiten der Gemeinde dem Willen der Tauschpartner entsprach und deshalb zu keiner Minderung der behördlich ausgewiesenen wertgleichen Abfindung führte, ist danach nicht zu beanstanden.

Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, daß seine Abfindung nicht mehr gleichwertig sei, weil inzwischen das Einlagegrundstück Flur 5 Nr. 11 Baulandqualität erlangt habe.

Ein Fall des § 134 Abs. 2 FlurbG liegt nicht vor. Entscheidungserheblich für den vorliegenden Fall ist vielmehr, welcher Zeitpunkt für die Gleichwertigkeit von Einlage und Abfindung maßgebend ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung der Wertgleichheit der Abfindung ist der Eintritt des neuen Rechtszustandes (§ 61 bis § 64 FlurbG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Frage, ob ein Grundstück die Eigenschaft als Bau- oder Bauerwartungsland besitzt, nach dem Zeitpunkt der vorzeitigen Ausführungsanordnung und nicht nach dem Zeitpunkt der Urteilsfällung zu beantworten (Urteil vom 3.6.1966 - BVerwG IV C 7.66 (RdL 1966, 268)). In dem in der Ausführungsanordnung festgesetzten Tag treten die rechtlichen Wirkungen der Flurbereinigung ein. Dieser für den Eintritt des neuen Rechtszustandes festgelegte Zeitpunkt ist auch bei der vorzeitigen Ausführungsanordnung entscheidend (Urteil vom 30.4.1969 - BVerwG IV C 236.65 - (RdL 1970, 20)). An dieser Auffassung ist trotz der in der Revision erhobenen Bedenken festzuhalten. Andernfalls wäre ein für die Gesamtabfindung sämtlicher Teilnehmer verbindlicher Bewertungsstichtag nicht zu gewinnen. Ein verbindlicher Bewertungsstichtag ist aber erforderlich, um nicht durch zeit- und konjunkturbedingte Wertfaktoren den geplanten Ausgleich zu gefährden und den Verfahrensablauf zu verzögern. Den Bewertungsstichtag auf den in der Ausführungsanordnung (vorzeitigen Ausführungsanordnung) bestimmten Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes festzulegen, hat seinen Grund darin, daß bis zum Eintritt des Rechtswechsels der Alteigentümer über seine Einlageflurstücke frei verfügen kann. Wertsteigerungen wie Wertminderungen können damit einhergehen und sich auf den Altbesitz auswirken, der bis zur Ausführungsanordnung lediglich den in § 34 FlurbG auferlegten zeitweiligen Beschränkungen unterliegt. Das Abstellen auf diesen Zeitpunkt verdeutlicht die Bewertungserheblichkeit dieses Verfahrensabschnitts. Eine Bestätigung dafür ergibt sich aus § 53 FlurbG, wonach bei der einverständlichen vollständigen oder teilweisen Geldabfindung des Altbesitzes nach Auszahlung der Geldabfindung insoweit ein Veräußerungs- und Belastungsverbot besteht. Nach dem Eintritt des neuen Rechtszustandes kann nur über die ausgewiesenen Grundstücke unter dem Vorbehalt der nachträglichen Veränderung nach § 64, § 141 Abs. 2 FlurbG verfügt werden, mit der Maßgabe, daß der Erwerber das bis zur Eintragung im Grundbuch oder bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen muß (§ 15 FlurbG). Wäre es im vorliegenden Verfahren nicht auf den in der vorzeitigen Ausführungsanordnung bestimmten Zeitpunkt (15.12.1962) angekommen, dann hätte der Kläger im Jahre 1964 nicht den Grundstücksaustausch mit der Gemeinde vornehmen können. Indirekt wird damit bestätigt, daß er die dadurch bewirkte nachträgliche Minderung seiner Planzuweisung selbst zu vertreten hat, und gegen sich gelten lassen muß, daß sie bei der auf den in der vorzeitigen Ausführungsanordnung bestimmten Zeitpunkt zu beziehenden Bewertung der Gesamtabfindung ebenso unberücksichtigt bleiben muß wie die spätere Bauland- oder Bauerwartungslandqualität der angeführten Altparzelle.