Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 19.11.1971 - III F 244/67
Aktenzeichen | III F 244/67 | Entscheidung | Urteil | Datum | 19.11.1971 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Flurbereinigungsgericht Kassel | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
2. | Das Flurbereinigungsgericht hat im Rahmen des § 146 Nr. 1 FlurbG unabhängig von den Klageanträgen diejenige Regelung zu treffen, die am ehesten zur Befriedigung des Klägers hinsichtlich seiner Ansprüche aus dem Flurbereinigungsgesetz führt. |
Aus den Gründen
lm vorliegenden Fall ist die einzig richtige Regelung die, den Klägern für die eingebrachten Waldgrundstücke wieder solche von gleichem Wert, das heißt zugleich solche mit entsprechendem Aufwuchs zuzuteilen. Die Flurbereinigungsbehörde hätte gar keine andere Regelung treffen dürfen. Dies folgt schon aus § 44 Abs. 2 FlurbG, wonach zwar kein Anspruch auf Abfindung in bestimmter Lage besteht, bei der Abfindung aber alle Umstände zu berücksichtigen sind, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluß haben. Solch einen Umstand stellt auch die Tatsache des Bewuchses eines Grundstücks mit Fichten dar. Derartige Grundstücke werden im Gegensatz zu rein landwirtschaftlichen Grundstücken auf besondere Art und Weise, nämlich nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen genutzt und verwertet. Dies macht die Erträge aus solchen Grundstücken zu ganz anderen Zeiten und in anderen Beträgen verfügbar als bei landwirtschaftlicher Nutzung. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Grundstücke wie diejenigen, die die Kläger mit den Parzellen Flur 30 Nr. 161 und 162 in die Flurbereinigung eingebracht haben, schon aufgrund ihrer Lage im Verband des umgebenden Staatsforstes kaum eine andere sinnvolle Nutzung zulassen als eine solche im Wege der Forstwirtschaft.
Den Klägern kann nicht § 50 Abs. 2 FlurbG entgegengehalten werden. § 50 FlurbG, der in Absatz 1 eine Verpflichtung des Abfindungsempfängers zur Übernahme bestimmter Pflanzen oder Gegenstände auf Grundstücken vorsieht und den Altbesitzer in dem bereits erwähnten Absatz 2 bezüglich abgegebener Holzpflanzen auf eine Geldentschädigung verweist, wie sie auch den Klägern gegeben werden sollte, findet hier keine Anwendung.
Dabei kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob dies deswegen der Fall ist, weil die aufstehenden Fichten auf den klägerischen Grundstücken nicht zu den Bäumen gehören, deren Erhaltung wegen des Vogel-, Ufer- oder Naturschutzes, wegen des Landschaftsbildes oder aus anderen Gründen geboten ist, wie § 50 Abs. 1 FlurbG voraussetzt. Vielmehr ergibt sich aus § 85 Nr. 8 FlurbG im vorliegenden Fall die Verpflichtung des Beklagten, die Kläger wieder mit einem Waldgrundstück abzufinden, das dem Altbesitz in den Parzellen Flur 30 Nr. 161 und 162 entspricht. Nach dieser Vorschrift darf eine Waldfläche nur einem anderen gegeben werden, wenn der Eigentümer zustimmt oder der Zweck der Flurbereinigung in anderer Weise nicht erreicht werden kann; in einem solchen Falle ist für aufstehendes Holz, soweit möglich, Abfindung in Holzwerten zu geben.
Es besteht zunächst kein Zweifel daran, daß auch unter Berücksichtigung dieser Vorschrift die Kläger nicht mehr die Zuteilung ihrer alten Grundstücke Flur 30 Nr. 161 und 162 beanspruchen können. Zwar fehlte es an der Zustimmung der Kläger zum Übergang der Grundstücke auf das beigeladene Land Hessen. Indes war der Zweck der Flurbereinigung in dem fraglichen Gemarkungsteil gar nicht anders zu erreichen, als durch Übertragung des Eigentums an diesen beiden zusammen rund 0.5 ha großen Parzellen auf das beigeladene Land Hessen. Diese Parzellen sind mitten in Staatsforstflächen gelegen. Mit ihren unregelmäßigen Grenzen bilden sie nicht nur für die eigene Bewirtschaftung sondern auch für die Bewirtschaftung der angrenzenden Flächen stetige Schwierigkeiten. Die Vegetation auf diesen Parzellen ist überdies weitgehend abhängig von dem Bestand auf den umliegenden Flächen, da je nach dortigem Bewuchs die in einer Senke liegenden alten Grundstücke der Kläger hinsichtlich ihrer Belichtung beeinträchtigt sein könnten.
Das erfordert sinnvoller Weise eine völlig aufeinander abgestimmte Bewirtschaftung dieser Flächen mit den Nachbargrundstücken. Soll dem § 1 FlurbG im Hinblick auf die Förderung auch der forstwirtschaftlichen Erzeugung volle Rechnung getragen werden, so bietet es sich hier nach den vom Senat festgestellten örtlichen Umständen zwingend an, diese alten Grundstücke der Kläger nunmehr mit den umliegenden Forstflächen zu vereinigen.
Den Klägern war aber nach dem bereits wiedergegebenen Satz 2 des § 85 Nr. 8 FlurbG deswegen Abfindung in Holzwerten zu geben, weil sich hierzu in dem Flurbereinigungsverfahren H. durchaus die Möglichkeit ergibt.