Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 09.12.1971 - 21 XII 70

Aktenzeichen 21 XII 70 Entscheidung Urteil Datum 09.12.1971
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Fehlt bei Zustellung eines Beschwerdebescheides mittels Postzustellungsurkunde auf dem Briefumschlag der postalische Vermerk über den Tag der Zustellung, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.

Aus den Gründen

Die zum zuständigen Flurbereinigungsgericht erhobene Klage ist zulässig (§ 138 Abs. 1, § 140 ff. FlurbG, § 81 VwGO).

Sie ist insbesondere nicht nach Ablauf der Rechtsmittelfrist des § 142 Abs. 2 FlurbG bei Gericht eingegangen.

Der Kläger hat den Briefumschlag vorgelegt, in dem der Beschwerdebescheid zugestellt wurde. Auf dem Umschlag ist der Tag der Zustellung der Sendung nicht vermerkt. Der Vordruck "zugestellt am ..." ist nicht ausgefüllt. Die inhaltlich unrichtige Bleistiftnotiz "zugestellt am 24.1.70" hat der Kläger selbst angebracht. Da die auch im Beschwerdeverfahren nach § 142 FlurbG über § 112 FlurbG, § 3 Abs. 3 VwZG gültige Vorschrift des § 195 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht beachtet wurde, ist die Zustellung fehlerhaft erfolgt. Der Senat teilt zwar die von den bürgerlichen Gerichten zu § 195 Abs. 2 ZPO entwickelte Auffassung, daß die fehlende Tagesangabe eine Zustellung nicht unwirksam macht (a.A. OLG Schleswig: MDR 58, 171). Es handelt sich nicht um die Verletzung einer zwingenden Zustellungsvorschrift, mit der Folge, daß die Zustellung wegen Unwirksamkeit wiederholt werden müßte (§ 9 Abs. 2 VwZG). Doch ist eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Zustellungsempfängers verletzt, die vermeiden soll, daß der Empfänger durch Irrtum über den Zustellungstag eines Rechtsbehelfs verlustig geht. Durch den Vermerk des Zustellungstages wird der Fristenlauf dem Empfänger sinnfällig vor Augen geführt. Die angemessene Folge des Zustellungsmangels kann in entsprechender Anwendung von § 58 VwGO nur sein, daß der Lauf der Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt wurde (ebenso: OVG Koblenz; Beschluß vom 5.4.1956, AS 5, 126; Eyermann-Fröhler: RN 10 zu § 56 VwGO). Die am 6.2.1970 bei Gericht eingegangene Klage ist also rechtzeitig erhoben.