Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.04.1970 - IV C 18.68 = Buchholz BVerwG 424.01 § 139 FlurbG Nr. 4= NJW 1970 S. 2042= DVBl 1971 S. 110= RdL 1971 S. 180

Aktenzeichen IV C 18.68 Entscheidung Urteil Datum 24.04.1970
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Buchholz BVerwG 424.01 § 139 FlurbG Nr. 4 = NJW 1970 S. 2042 = DVBl 1971 S. 110 = RdL 1971 S. 180  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Das Flurbereinigungsgericht ist kein Verwaltungssondergericht und kein anderes Gericht im Sinne von § 40 Abs. 1 VwGO. Das gleiche gilt für ein gemeinschaftliches Flurbereinigungsgericht nach § 138 Abs. 2 FlurbG.
2. Die vom Bundesgerichtshof und vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze bezüglich des Umfanges der Tätigkeit eines Senatsvorsitzenden sind nicht uneingeschränkt auf das Flurbereinigungsgericht anzuwenden (in Anlehnung an den nicht veröffentlichten Beschluß des BVerfG vom 27.7.1967 - 2 BvR 586/65 -).
3. Ein Flurbereinigungsgericht ist auch dann gesetzmäßig besetzt, wenn ein gem. § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG qualifizierter Stellvertreter nicht vorhanden ist.

Aus den Gründen

Die Revision ist nicht begründet:

1. Das Flurbereinigungsgericht ist ein den jeweiligen obersten Verwaltungsgerichten der Länder eingegliederter Fachsenat und weder ein angegliedertes Sondergericht noch ein "anderes Gericht" im Sinne von § 40 Abs. 1 VwGO. Der erkennende Senat schließt sich damit der bereits in dem Beschluß vom 22.7.1964 - BVerwG I ER 401.64 - (RdL 1964, 245) zum Ausdruck gekommenen Ansicht an; denn weder Wortlaut noch Sinn des § 138 Abs. 1 FlurbG, noch seine Entstehungsgeschichte ergeben Anhaltspunkte dafür, daß etwas anderes gewollt sein könnte.

Aus der Formulierung, in jedem Lande sei "bei dem obersten Verwaltungsgericht ein Senat für Flurbereinigung (Flurbereinigungsgericht) einzurichten", kann ohnehin nicht entnommen werden, daß damit ein Auftrag zur Schaffung eines neuen selbständigen Gerichtszweiges habe erteilt werden sollen oder gar erteilt worden sei. Solche Aufträge pflegen anders formuliert zu werden, wie etwa in § 36 b Abs. 1 des Patentgesetzes in den Fassungen vom 9. Mai 1961 (BGBl. I S. 550) und vom 2. Januar 1968 (BGBl. I S. 2), wo es heißt:

"Für die Entscheidung ... wird das Patentgericht als selbständiges und unabhängiges Bundesgericht errichtet ..."

Die gesetzliche Terminologie bezüglich des Gebrauchs der Worte "einrichten", "errichten" und "bilden" von Spruchorganen oder Behörden ist nicht einheitlich, wie mit Recht auch von der Literatur eingeräumt wird (vgl. Bettermann - Nipperdey - Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III 2, S. 548, Anm. 89, und Rasch, Verwaltungsarchiv 1969, Bd. 60, S.28, Anm. 189 unter Hinweis auf Hw. Müller in JZ 1966, 10); schon deshalb kann aus dem Gebrauch des Wortes "einrichten" nicht geschlossen werden, daß hier ein besonderes Gericht mit der Bezeichnung Flurbereinigungsgericht im Sinne von Art. 95 Abs. 1, 96 Abs. 1, 2 und 4 sowie 101 Abs. 2 GG neu geschaffen, gesetzestechnisch also "errichtet" werden sollte. Vielmehr ist offensichtlich das "Bilden" eines Senats bei dem Oberverwaltungsgericht gemeint, wie es auch in § 9 Abs. 2 VwGO vorgesehen ist (vgl. dazu auch §§ 4 Abs. 2, 10 Abs. 2, 11 Abs. 1 VwGO, §§ 28, 93 GVG, § 160 Abs. 1 BBauG, § 17 Abs. 2 ArbGG, §§ 10 Abs. 2 und 41 Abs.1 SGG, §§ 4 Abs. 2 und 11 FGO, §§ 18 Abs. 1, 36 c PatG und vor allem Art. 95 Abs. 3 GG mit § 1 Abs. 1 des dazu ergangenen Gesetzes zur Wahrung der einheitlichen Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBl. I S. 661)). Die Klammerdefinition in § 138 Abs. 1 FlurbG stellt nur eine abkürzende Begriffsbestimmung dar, wie sie auch in den § 1, § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 3, § 10, § 19 Abs. 1, § 62, § 63, § 104, § 105, § 149 Abs. 1 FlurbG und z. B. weiter in § 33 Abs. 2 JGG und § 1 GBO gebraucht wird.

Die Bundesländer sind ebenfalls von diesem Verständnis des § 138 FlurbG ausgegangen; keines der Ausführungsgesetze zum Flurbereinigungsgesetz läßt eine andere Auffassung erkennen.

Für die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Flurbereinigungsgerichts gem. § 138 Abs. 2 FlurbG gilt nichts anderes. Es spricht nichts dafür, daß der Bundesgesetzgeber den Ländern abweichend von § 138 Abs. 1 FlurbG durch den Absatz 2 die Möglichkeit hat einräumen wollen oder gar eingeräumt hätte, durch den Abschluß von Staatsverträgen Verwaltungssondergerichte zu errichten. Auch hier ist das Wort "einzurichten" ebenso wie in Absatz 1 Satz 1 untechnisch gebraucht und meint im Grunde "bilden". Hier könnte "einrichten" noch eher zutreffend sein, weil in der Tat eine gemeinsame Einrichtung von Geschäftsstellen usw. erforderlich wird, zumindest aber Vereinbarungen über diese Punkte.

Für die Richtigkeit dieser Auffassung bezüglich der Auslegung von § 138 Abs. 2 FlurbG sprechen weiter die davon abweichenden Fassungen in § 3 Abs. 2 VwGO, § 28 Abs. 2 SGG und § 3 FGO, nach denen mehrere Länder gemeinsame Oberverwaltungsgerichte, Landessozialgerichte oder Finanzgerichte bzw. gemeinsame Senate eines Finanzgerichts "errichten" können. Ist dagegen nach dem oben Gesagten durch § 138 Abs. 1 FlurbG nur bestimmt worden, daß die Flurbereinigungssachen von einem Spezialsenat der einzelnen Oberverwaltungsgerichte entschieden werden, so sollten durch Absatz 2 die Länder die Möglichkeit erhalten, einen gemeinsamen Spezialsenat (Flurbereinigungsgericht) bei einem Oberverwaltungsgericht zu bilden, und nicht etwa auf diesem Umwege ein gemeinsames neues Verwaltungsgericht schaffen (errichten) können.

Die Bezugnahme in Artikel 1 des Staatsvertrages vom 17./29. Septemher 1960 zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland auf § 138 Abs. 2 FlurbG zeigt, daß beide Länder sich an die Ermächtigung des Flurbereinigungsgesetzes halten wollten. Sie haben sich auch im Rahmen des § 138 Abs. 2 FlurbG gehalten. Da die Klammerdefinition in § 138 Abs. 1 FlurbG - wie erwähnt - nur eine abkürzende Begriffsbestimmung für den bei dem obersten Verwaltungsgericht eines Landes zu bildenden Senat für Flurbereinigung darstellt, haben nämlich die beiden Länder beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz einen gemeinschaftlichen Senat für Flurbereinigung zu bilden vereinbart. Daß dieser Senat eine örtliche Zuständigkeit über das Gebiet des Oberverwaltungsgerichts in Koblenz hinaus haben mußte, war gerade der Zweck dieses Vertrages.

An diesem Ergebnis kann auch die Tatsache nichts ändern, daß dieser beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz zu bildende Senat die Bezeichnung "Flurbereinigungsgericht für Rheinland-Pfalz und das Saarland" erhalten hat. Erkennbar sollte damit lediglich deutlich gemacht werden, daß dieser Senat das für beide Länder zuständige "Flurbereinigungsgericht" sei. Mag dieser Senat sich bezeichnen "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz - 3. Senat (Flurbereinigungsgericht für Rheinland-Pfalz und das Saarland) in Koblenz" und mag er auch "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Flurbereinigungsgericht)" genannt werden, so ist damit immer die Funktion dieses Senats als des "Flurbereinigungsgerichts für Rheinland-Pfalz und das Saarland" gekennzeichnet.

Der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz ist auch nicht, wie die Kläger meinen, ein "anderes Gericht" im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Denn das Flurbereinigungsgesetz enthält keine sondergesetzliche Regelung dahin, daß der Rechtsweg nicht zu den ordentlichen Verwaltungsgerichten, sondern ausschließlich zu einem anderen Verwaltungsgericht, nämlich zu den Flurbereinigungsgerichten gegeben sei; dies folgt aus dem oben Gesagten. Wenn sich die Kläger demgegenüber auf § 140 FlurbG berufen, so verkennen sie dessen Bedeutung, die allein darin liegt, daß das Flurbereinigungsgericht, wenn es als solches tätig wird, nur über die in § 140 FlurbG aufgeführten Verwaltungsakte und sonstigen Streitigkeiten entscheiden darf. Damit sind lediglich die Grenzen der sachlichen Zuständigkeit, der Entscheidungsbefugnis, des Flurbereinigungsgerichts als Spruchkörper umrissen und damit ist - entgegen der Meinung von Steuer (Anm. 1 zu § 140 FlurbG) - nicht ein besonderer Rechtsweg zu diesem Gericht eröffnet.

2. Soweit die Kläger meinen, der Flurbereinigungssenat sei deswegen nicht gesetzmäßig besetzt gewesen, weil der Geschäftsverteilungsplan nicht von dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, sondern von dem "gemeinsamen Flurbereinigungsgericht" hätte erlassen werden müssen, geht diese Ansicht nach dem Vorstehenden fehl, weil dieser Flurbereinigungssenat ein Senat des Oberverwaltungsgerichts ist und nicht ein besonderes Verwaltungsgericht. Es mag zwar sein, daß - worauf Ule in DVBl. 1953, 396 (397), hingewiesen hat - ein Sondergericht dann vorliegen kann, wenn die Richter nicht mehr im Rahmen der durch das Präsidium des Gerichts vorzunehmenden Geschäftsverteilung auswechselbar sind. Die Richter des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts mögen allerdings faktisch nicht ohne weiteres auswechselbar sein, weil sie gemäß § 139 Abs. 2 FlurbG auf die Dauer von fünf Jahren auf Vorschlag der für die Landwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde - hier im Einvernehmen mit der Ernennungsbehörde des anderen Landes auf gemeinsamen Vorschlag der für die Landwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörden der vertragschließenden Länder (Art. 2 Abs. 3 des Staatsvertrages) - ernannt werden und durch ihre Tätigkeit im 3. Senat möglicherweise voll ausgelastet sind. Wäre der Arbeitsanfall des Flurbereinigungsgerichts hingegen gering, so bestünden keine Bedenken, die Richter des 3. Senats auch anderen Senaten des Gerichts zuzuteilen. Dementsprechend zeigt der Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz unter VII, daß dem Großen Senat der Senatspräsident Dr. L., und der Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. de. Cl. als ordentliche Mitglieder und Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. St. als Stellvertreter angehörten, daß Senatspräsident Dr. L., auch Mitglied des Präsidiums war und an dem fraglichen Präsidialbeschluß mitgewirkt hat. Allerdings ist das Präsidium im vorliegenden Fall daran gebunden gewesen, nur einen solchen Richter, der auch auf Vorschlag der obersten Landwirtschaftsbehörde dazu ernannt worden ist, demjenigen Senat zuzuteilen, dem das Präsidium die Bearbeitung der Flurbereinigungssachen zugewiesen hat. Dies folgt jedoch aus den im Interesse gerade der Flurbereinigung erlassenen gesetzlichen Sonderbestimmungen, wonach nur solche Richter dem Senat zugeteilt werden können, die, jedenfalls nach Meinung der obersten Landwirtschaftsbehörde, besondere Qualifikationen besitzen, also zumindest Erfahrung auf diesem Spezialgebiet erlangt haben. Darin liegt kein unzulässiger Eingriff der Verwaltung in die gerichtliche Selbstverwaltung. Denn wie die von der zuständigen Verwaltung ordnungsgemäß ernannten Senatspräsidenten bzw. die Direktoren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 VwGO als Vorsitzende auf die einzelnen Senate bzw. Kammern verteilt werden müssen, so müssen die ordnungsgemäß ernannten Flurbereinigungsrichter auf die Flurbereinigungssenate verteilt werden. Im übrigen steht es im Belieben der betreffenden Richter, sich mit dem Vorschlag auf Ernennung zum Flurbereinigungsrichter auf die Dauer von fünf Jahren einverstanden zu erklären oder dieses Einverständnis zu verweigern, und es liegt ebenso im freien Ermessen der zuständigen obersten Landesbehörde, bestimmte Richter ihres Vertrauens zur Ernennung zum Flurbereinigungsrichter vorzuschlagen. Liegen aber insoweit übereinstimmende Erklärungen von beiden Seiten vor, so kann von einem unzulässigen Eingriff der Verwaltung in die gerichtliche Selbstverwaltung nicht die Rede sein.

3. Der Vorwurf der Revision, der Flurbereinigungssenat sei deswegen nicht gesetzmäßig besetzt gewesen, weil der Vorsitzende sich durch seine Anordnung nach § 8 VwGO für bestimmte Sachen selbst als verhindert erklärt, sich also selbst durch eine örtliche Aufgliederung von der Rechtsfindung teilweise ausgeschlossen habe, ist nicht begründet. Diese Anordnung beruht auf dem Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 1966 für das Geschäftsjahr 1967, der entsprechend den Vorschriften des § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 VwGO aufgestellt worden und nicht zu beanstanden ist. Die Ansicht des Oberbundesanwalts, die §§ 7 und 9 Abs. 2 bis Abs. 4 VwGO fänden keine Anwendung, weil hier § 139 FlurbG gelte, ist in diesem Umfange nicht zutreffend. Richtig ist allerdings, daß § 9 Abs. 3 VwGO nicht gelten kann, weil § 139 Abs. 2 FlurbG entgegensteht und gem. § 190 Abs. 1 Nr. 4 VwGO unberührt bleibt. Warum indessen die §§ 7 und 9 Abs. 2 und Abs. 4 VwGO nicht gelten sollten, ist nicht einzusehen. Die Tatsache, daß § 7 Abs. 2 VwGO bei der Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Senate und § 7 Abs. 2 VwGO, § 66 Abs. 1 GVG bei der Bestimmung des regelmäßigen Vertreters des Vorsitzenden sowie § 7 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei der Bestimmung der ständigen Mitglieder der Senate und ihrer regelmäßigen Vertreter im Geschäftsverteilungsplan nicht ausdrücklich erwähnt sind, ist unschädlich. In dem Geschäftsverteilungsplan ist unter C III vorgesehen: "Der 3. Senat entscheidet über alle Streitigkeiten auf Grund des Flurbereinigungsgesetzes." Die personelle Besetzung dieses Senats findet sich in D III: Vorsitzender ist Senatspräsident Dr. L., regelmäßiger Stellvertreter Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. de Cl., Dr. St. und B.. Bezüglich der Stellvertretung ist unter E 1 vorgesehen: "Ist der regelmäßige Stellvertreter des Vorsitzenden verhindert, so übernimmt das dienstälteste Mitglied des Senats den Vorsitz, im 3. Senat der Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. St." Im übrigen ist der Geschäftsverteilungsplan von den dafür zuständigen Richtern (§ 9 Abs. 4 VwGO in Verbindung mit § 6 Abs. 1 VwGO) beschlossen worden und gibt zu Beanstandungen keinen Anlaß.

Die Anordnung des Vorsitzenden des Flurbereinigungssenats vom 31. Dezember 1966 begegnet insofern keinen Bedenken, als nach § 9 Abs. 4 VwGO in Verbindung mit § 8 VwGO der Vorsitzende die Geschäfte innerhalb seines Senats auf die einzelnen Richter zu verteilen hat und bestimmen muß, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken. Zweck dieser Vorschrift ist es, daß niemand dem "gesetzlichen Richter" entzogen wird. Dem ist hier Rechnung getragen. Die Vertretung ist im einzelnen geregelt und auch die Reihe der Mitwirkung der einzelnen Richter. Im Grundsatz ist nichts dagegen einzuwenden, daß die Verteilung der anfallenden Sachen innerhalb des Flurbereinigungsgerichts nach örtlichen Gebieten oder - wie hier - nach Kulturamtsbezirken und den Bezirken der Bodenwirtschaftsämter vorgenommen worden ist. Die Anordnung ist auch im übrigen nicht zu beanstanden. Zwar ist nach II b letzter Satz des Geschäftsverteilungsplans der Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. St. der einzige Richter, der die Voraussetzungen des § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG erfüllt; er konnte daher für das ganze Geschäftsjahr nicht vertreten werden; daraus folgt in Verbindung mit der Anordnung des Senatsvorsitzenden, daß Dr. St. in allen Sachen mitsitzen mußte, weil sonst das Flurbereinigungsgericht nicht der Vorschrift des § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG entsprechend besetzt gewesen wäre. Daraus ergaben sich einmal keine Schwierigkeiten, wenn es sich um die dem Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. St. zugeteilten Sachen handelte, weil dann entweder der Senatsvorsitzende Dr. L. oder dessen regelmäßiger Vertreter Dr. de Cl. vorsitzen konnte; notfalls konnte einer der beiden anderen Richter vertreten, wenn Vorsitzender und Vertreter verhindert gewesen sein sollten. In denjenigen Flurbereinigungssachen, die dem Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. de Cl. als Berichterstatter zugeteilt waren, mußte in aller Regel er selbst den Vorsitz führen; Dr. St. mußte beisitzen, weil sonst der Vorschrift des § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG nicht genügt worden wäre. Damit war also der Senatspräsident Dr. L. rechtlich "verhindert", an diesen Sachen mitzuwirken. Im übrigen waren Dr. L. und Dr. de Cl. an der Mitwirkung in allen Sachen rechtlich verhindert, die den Oberverwaltungsgerichtsräten W. und B. zugewiesen worden waren; denn auch in diesen mußte, wie oben bereits ausgeführt, Dr. St. mitwirken, wenn der Senat richtig, d. h. § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG entsprechend, besetzt sein sollte. Es kann offenbleiben, ob dies alles den Grundsätzen entspricht, die der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 37, 210) und das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 18, 344 (352) entwickelt haben, weil danach der Vorsitzende die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Geschäftsablauf innerhalb seiner Kammer (Senat), insbesondere für die rechtzeitige und sachgemäße Erledigung der anfallenden Geschäfte, trägt. Dann jedenfalls sind diese Grundsätze nach Auffassung des erkennenden Senats für die Flurbereinigungsgerichte nur bedingt anwendbar. Das bestätigt die in dem nicht veröffentlichten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 27.7.1967 - 2 BvR 586/65 - bereits zum Ausdruck gebrachte Ansicht, daß die zur Besetzung von Kollegialgerichten mit hauptamtlichen Richtern entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres auf die Besetzung von Kollegialgerichten mit nebenamtlich tätigen Richtern zu übertragen seien. Die Flurbereinigungsgerichte unterscheiden sich nämlich von anderen Kollegialgerichten insofern, als diese mit drei oder fünf Berufsrichtern besetzt sind, während die Flurbereinigungsgerichte gem. § 139 Abs. 1 FlurbG in der Besetzung von zwei Richtern und drei (nebenamtlichen) Beisitzern entscheiden. Hinzu kommt folgendes: Die Richter des Flurbereinigungsgerichts müssen die besondere Qualifikation des § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG erfüllen und sollen andererseits nach den erwähnten Erkenntnissen des Bundesgerichtshofs jedenfalls in der Person des Vorsitzenden mindestens an 50 Prozent der Spruchtätigkeit und an mindestens 75 Prozent der übrigen Tätigkeit als Vorsitzender teilnehmen. Wenn man diese Forderungen strikt durchführen wollte, würde dies bedeuten, daß entweder der Vorsitzende oder sämtliche übrigen Richter die Voraussetzungen des § 139 Abs. 2 FlurbG erfüllen müßten. Gerade aber die Tatsache, daß in § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG bestimmt ist, daß unter den zwei Richtern, mit denen das Flurbereinigungsgericht gem. § 139 Abs. 1 Satz 2 FlurbG verhandeln muß, nur einer die besondere Qualifikation nach § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG zu besitzen braucht, macht deutlich, daß hier eine Ausnahme nicht nur möglich, sondern sogar nötig ist, soll nicht die Rechtsprechung in Flurbereinigungssachen möglicherweise zum Erliegen kommen. Daraus folgt, daß der spezialgesetzlichen Regelung des Flurbereinigungsgesetzes der Vorrang einzuräumen ist gegenüber den Erfordernissen, die die Rechtsprechung bezüglich des Vorsitzenden der normal besetzten Kammern und Senate aufgestellt hat. Die hier strittige Anordnung des Vorsitzenden hätte gewiß auch anders aussehen können; das hätte indessen an dem Ergebnis kaum etwas geändert. Der Vorsitzende, der die Qualifikation nach § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG nicht besitzt, muß notwendigerweise von einer Vielzahl von Fällen mitzuwirken ausgeschlossen sein.

Darüber hinaus ist nichts dafür dargetan, daß im vorliegenden Falle der Senatspräsident Dr. L. im Verhältnis zu der Gesamtzahl der von seinem Senat zu entscheidenden Fälle nur an einer unerheblichen Anzahl teilgenommen und außerhalb der mündlichen Verhandlung sowie bei der Beweisaufnahme keinerlei Tätigkeit innerhalb des Senats entwickelt hätte. Vielmehr hat nach den unwidersprochen gebliebenen Erklärungen des Oberbundesanwalts der Senatsvorsitzende von den im Jahre 1967 durch Urteil oder Beschluß entschiedenen 126 Fällen an 65 Fällen selbst mitgewirkt. Es mag zwar sein, daß er im wesentlichen an denjenigen Fällen nicht mitgewirkt hat, in denen nach seiner Anordnung Dr. de Cl. als Berichterstatter eingeteilt war; jedenfalls ist es aber nicht auszuschließen, daß er, wenn Dr. de Cl. von Dr. St. als Berichterstatter vertreten wurde, mitwirken konnte und mitgewirkt, darüber hinaus die Funktionen eines Vorsitzenden außerhalb der mündlichen Verhandlung in vollem Umfang wahrgenommen hat.

Es kann nicht Sinn des Flurbereinigungsgesetzes sein, diesen Spruchkörper nur dann wirksam werden zu lassen, wenn er so besetzt ist, daß er allein dann diesem Gesetz entsprechend Prozesse entscheiden kann, wenn neben der Qualifikation seiner richterlichen Mitglieder zugleich sichergestellt ist, daß der Vorsitzende auch den Anforderungen entspricht, die der Bundesgerichtshof für den Normalfall der Besetzung eines ordentlichen Gerichts aufgestellt hat. Es ist gerichtsbekannt, daß große Schwierigkeiten bestehen, dem § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG entsprechend qualifizierte Richter überhaupt zu finden. Dem Sinn dieses Gesetzes wird daher nach Auffassung des erkennenden Senats nur dann entsprochen, wenn in diesem Fall andere Maßstäbe an die Tätigkeit des Vorsitzenden angelegt werden.

4. Die Rüge der Kläger, das Flurbereinigungsgericht sei auch insoweit nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, als der Vorsitzende, Dr. L., nicht die Voraussetzungen des § 139 Abs. 2 FlurbG i. V. m. Art. 2 Abs. 3 des Staatsvertrages erfülle, ist nicht schlüssig; denn die Kläger haben insoweit keine Tatsachen bezeichnet, die den Mangel "ergeben" (§ 139 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Vielmehr haben sie lediglich Behauptungen aufgestellt und gebeten, diese Frage zu überprüfen, weil, soweit bekannt, die im Saarland zuständige Behörde nicht bereit sein "soll", das Einvernehmen herzustellen.

5. Ein Grund, den Flurbereinigungssenat als nicht richtig besetzt anzusehen, ist auch nicht darin zu erblicken, daß - was die Kläger rügen - lediglich Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. St. die Voraussetzung des § 139 Abs. 2 Satz 2 FlurbG erfüllt. Nach dieser Vorschrift müssen ein Richter und ein Beisitzer (um den es sich hier nicht handelt) sowie deren Stellvertreter zum höheren Dienst der Flurbereinigungsbehörden befähigt sein und sollen mindestens 3 Jahre in Flurbereinigungsangelegenheiten tätig gewesen sein; vom letzteren Erfordernis kann abgesehen werden, wenn geeignete Personen nicht vorhanden sind, die diese Voraussetzung erfüllen. Aus den Materialien zum Flurbereinigungsgesetz ergibt sich, daß der letzte Halbsatz sich allein auf das Erfordernis bezieht, daß die Richter und ihre Stellvertreter mindestens 3 Jahre in Flurbereinigungsangelegenheiten tätig gewesen sein sollen (vgl. Entwurf zu einem Flurbereinigungsgesetz, § 141 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz, und die jetzige Fassung des § 139 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz FlurbG). Im übrigen besagt diese Vorschrift lediglich, daß ein etwa vorhandener Vertreter diese besondere Qualifikation haben muß. Ist ein Vertreter aber nicht vorhanden, wie durch die Anordnung des Vorsitzenden hier erwiesen und von dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts bestätigt worden ist, so geht die Forderung des Gesetzes nach der Qualifikation des Vertreters ins Leere. Es wäre falsch, aus dieser Vorschrift etwa herauszulesen, daß das Flurbereinigungsgericht nur dann gesetzmäßig besetzt wäre, wenn auch ein qualifizierter Stellvertreter für den betreffenden Richter vorhanden ist.

6. Darauf, ob Senatspräsident Dr. L. etwa, wie jetzt von dem Beklagten behauptet wird, aus tatsächlichen Gründen verhindert war, an der Sitzung vom 28.11.1967 teilzunehmen, kommt es nach alledem nicht an.

7. Schließlich liegt eine Überbesetzung des Gerichts im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 22, 282 (285)) nicht vor. Das Flurbereinigungsgericht kann schon deswegen niemals in zwei personell verschiedenen Sitzgruppen Recht sprechen, weil Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. St. stets mitwirken muß.