Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.02.1968 - IV C 123.65 = RdL 1968 S. 218
Aktenzeichen | IV C 123.65 | Entscheidung | Urteil | Datum | 16.02.1968 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1968 S. 218 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Bei Prüfung der Wertgleichheit von Einlage und Abfindung sind "ortsnahe" Grundstücke nur dann gesondert zu vergleichen, wenn der Neuverteilungsplan Entfernungsverschlechterungen in Bezug auf solche Grundstücke gebracht hat, die von wesentlichem Einfluß auf die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse des Anwesens sein können. |
Aus den Gründen
Die tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts lassen nicht darauf schließen, daß der Neuverteilungsplan für die Kläger eine Entfernungsverschlechterung in Bezug auf "ortsnahe" Grundstücke gebracht habe, die von wesentlichem Einfluß auf die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes sein könnte. Der Gesamttauschwert der Abfindung wird durch die Minderzuteilung ortsnaher Grundstücke nicht berührt. Es erscheint daher nicht gerechtfertigt, die Abfindungsgrundstücke "gesondert" bei Prüfung der Wertgleichheit mit ihrer Einlage zu vergleichen, um daraus Schlüsse auf den Gesamttauschwert der Abfindung zu ziehen.
Im Urteil vom 27. Juni 1961 - BVerwG I C 127.59 (RdL 1961, 239) wird ausgesprochen, unter welchen Voraussetzungen der Entfernung von Grundstücken vom Wirtschaftshof oder von der Ortslage die Eigenschaft eines wertbestimmenden Faktors bei der Ermittlung des Gesamttauschwertes zukommt mit der Folge, daß gegebenenfalls ein solcher Umstand nicht nur bei den Ermessensgesichtspunkten nach § 44 Abs. 4 FlurbG, sondern schon im Rahmen des § 44 Abs. 2 FlurbG als wertbestimmend zu berücksichtigen ist. Dazu heißt es in dem genannten Urteil, daß das Flurbereinigungsgesetz in § 44 Abs. 1 nicht von einem bestimmten - vorausgesetzten - Wertbegriff ausgeht, sondern, daß nach Abs. 2 aaO ganz allgemein bei der Landabfindung alle Umstände zu erwägen sind, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke einen wesentlichen Einfluß haben. Hierzu kann auch die Entfernung einzelner Grundstücke vom Wirtschaftshof oder von der Ortslage gehören, sofern diese ein "wertbestimmendes Moment" ist, woraus sich wiederum ergibt, daß eine etwaige Entfernungsverschlechterung in einem solchen Falle wertgerecht bei der Ermittlung des Gesamttauschwertes in Ansatz zu bringen wäre.
Daß die Entfernung einzelner Grundstücke vom Hof oder von der Ortslage - unabhängig davon, ob etwa die Zusammenlegung eine mittlere Entfernungsverbesserung für den Teilnehmer herbeigeführt hat - für die Betriebsstruktur von Bedeutung sein kann, ist nicht bestritten. So kann die Entfernung einzelner Grundstücke bzw. deren Verschlechterung die Rentabilitätsverhältnisse des Betriebes wesentlich beeinflussen. Verschlechterungen können den Betriebsinhaber in unzumutbarer Weise dazu zwingen, seine gesamte Betriebsweise umzustellen, um die Rentabilität zu erhalten. Der erkennende Senat würde eine Entfernungsverschlechterung bei einzelnen Grundstücken auch schon dann als "wertbestimmend" im negativen Sinne würdigen, wenn der Betriebsinhaber gezwungen wäre, Investitionen zu machen, die - je nach Lage des einzelnen Falles - die Leistungsfähigkeit des Betriebes überstiegen und die dem Betriebsinhaber daher nicht zugemutet werden können. Andererseits können bei Prüfung der Gleichwertigkeit nicht - schlechthin - einzelne Grundstücke (Einlage und Abfindung) gegenübergestellt werden. Es muß vielmehr die Gesamteinlage mit der Zuteilung im ganzen verglichen werden, wobei als Grundlage für den Vergleich von den ordnungsgemäß festgestellten Ergebnissen des Schätzungsverfahrens auszugehen ist.
Ein solcher Vergleich zeigt, daß die Kläger insgesamt nicht Böden von schlechterer Güte erhalten haben, sondern sich gegenüber dem Zustand vor der Zusammenlegung - wenn auch gering - verbessert haben. Auch in der Gesamtentfernung sind leichtere durchschnittliche Entfernungsverbesserungen zu verzeichnen. Die Hangverhältnisse haben sich leicht gebessert. Demgegenüber ist aus dem vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Sachverhalt nichts dafür zu entnehmen, daß etwa einzelne Grundstücke Mängel aufwiesen, die die Gleichwertigkeit der Abfindung insgesamt in Frage stellen könnten. Keiner der von den Klägern behaupteten Mängel ist von wesentlichem Einfluß auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß etwa nicht wieder zugeteilte "ortsnahe" Grundstücke oder Grundstücksteile die Aussicht hätten, als Bauland oder als Bauerwartungsland demnächst verwertet zu werden. Nach den unwidersprochenen Erklärungen des Bürgermeisters der Gemeinde L. vor dem Spruchausschuß ist lediglich im Westen des Ortes Baugelände in der Gewanne 59 vorgesehen, ein Bereich, zu dem die von den Klägern zurückgeforderten Flurstücke jedenfalls nicht gehören.
Zusammenfassend ist hiernach festzustellen, daß es auch in Bezug auf Entfernungsveränderungen, die durch die Zusammenlegung von Grundstücken innerhalb eines Flurbereinigungsgebiets bedingt sind, entscheidend auf die Gestaltung der Gesamtabfindung des Teilnehmers ankommt bei Prüfung der Frage, ob der Gesamttauschwert zutreffend ermittelt ist. Besondere Verhältnisse und Interessen, die in der Person der Beteiligten gegeben sind, haben dabei regelmäßig außer Betracht zu bleiben.