Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.05.1965 - IV C 24.65 = BVerwGE 21, 91= Buchholz BVerwG 424.01 § 134 FlurbG Nr. 1= NJW 1965 S. 1546= RdL 1965 S. 245
Aktenzeichen | IV C 24.65 | Entscheidung | Urteil | Datum | 07.05.1965 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = BVerwGE 21, 91 = Buchholz BVerwG 424.01 § 134 FlurbG Nr. 1 = NJW 1965 S. 1546 = RdL 1965 S. 245 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die öffentliche Bekanntmachung von Beschlüssen im Flurbereinigungs- oder Zusammenlegungsverfahren ist auch gegenüber geschäftsunfähigen oder im Sinne von § 1911 BGB abwesenden Personen wirksam. Dem Schutz solcher Personen dient § 134 Abs. 2 FlurbG. |
2. | Beschwerde und Klage im Flurbereinigungsverfahren rechnen zu den Maßnahmen, die nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB zur Erhaltung des Nachlasses notwendig sind. |
Aus den Gründen
Unbedenklich hat das Flurbereinigungsgericht die Befugnis der Klägerin M. bejaht, zunächst allein die Rechte der aus ihr und ihrem vermißten Bruder bestehenden ungeteilten Erbengemeinschaft gegen Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde wahrzunehmen. Zutreffend hat es diese Befugnis § 2038 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz BGB entnommen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Miterbe die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln ohne Mitwirkung der anderen treffen. Wann eine Maßregel hiernach notwendig ist, ist vom Standpunkt eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Beurteilers zu entscheiden (so auch BGHZ 6, 76). Beschwerden und Klagen gegen Maßnahmen der Flurbereinigungsbehörde haben, wie auch im vorliegenden Fall, letzten Endes immer das Ziel, die in § 44 FlurbG vorgeschriebene wertgleiche und zweckmäßige Abfindung des Teilnehmers zu sichern. Sie sind mithin, wenn die Einlagen Eigentum einer ungeteilten Erbengemeinschaft sind, bei vernünftiger und wirtschaftlicher Betrachtung zur Erhaltung des Nachlasses notwendige Maßregeln im Sinne von § 2038 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz BGB.
Hiernach kann dahinstehen, ob die Klagbefugnis des einzelnen Miterben sich auch aus entsprechender Anwendung von § 2039 Satz 1 BGB hätte herleiten lassen. Der erk. Senat trüge indessen Bedenken, diese Möglichkeit mit dem Urteil des V. Senats vom 19.3.1956 - BVerwG V C 265.54 = BVerwGE 3, 208 - schon wegen der prozessualen Ausgestaltung der verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsklage als Gestaltungsklage auszuschließen (vgl. auch Rupp in DÖV, 1957, 144, und Bachof in JZ 1957, 374 (377)).
Die Ausführungen des Flurbereinigungsgerichts darüber, daß die Kläger gem. § 44 ff. FlurbG wertgleich und zweckmäßig abgefunden seien, geben gleichfalls keinen Anlaß zu Beanstandungen.
Die Ansicht der Kläger, bis zu der am 31.8.1960 erfolgten Bestellung der M. als Abwesenheitspflegerin für ihren vermißten Bruder seien die im Flurbereinigungsverfahren ergangenen Maßnahmen dem Kläger M. gegenüber unwirksam, geht fehl. Wie das BVerwG bereits in seinem Urteil vom 12.7.1960 - BVerwG I C 249.58 - ausgeführt hat, hat das Flurbereinigungsgesetz die öffentliche Bekanntmachung der Beschlüsse, durch die ein Flurbereinigungs- oder Zusammenlegungsverfahren eingeleitet wird, deswegen zugelassen, weil es ohne langwierige Ermittlungen in der Regel nicht möglich ist, alle Beteiligten vor der Einleitung des Verfahrens festzustellen. Daß dabei die Rechte geschäftsunfähiger oder auch im Sinne von § 1911 BGB abwesender Personen nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt werden, dafür hat der Gesetzgeber in § 134 Abs. 2 FlurbG Sorge getragen. Danach muß die Flurbereinigungsbehörde bei unverschuldeter Versäumung einer Frist nachträglich Erklärungen zulassen, wenn diese unverzüglich nach Beseitigung des Hindernisses nachgeholt werden. Das Hindernis für den vermißten M., rechtzeitig Beschwerde gegen das Ergebnis der Schätzung oder gegen die Abfindung einzulegen, bestand im Fehlen eines Abwesenheitspflegers. Durch die Bestellung seiner Schwester zur Pflegerin ist dieses Hindernis am 31.8.1960 beseitigt worden. Nunmehr hätten die Beschwerden unverzüglich nachgeholt werden müssen. Das ist jedoch nicht geschehen. Statt dessen hat die Klägerin M. im Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 9.2.1961 erstmals die Unwirksamkeit des bisherigen Verfahrens hinsichtlich ihres Bruders geltend gemacht. Somit sind die bisherigen Abschnitte des Flurbereinigungsverfahrens auch gegenüber dem Kläger M. wirksam durchgeführt worden.