Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 11.01.1964 - F III 32/62 = RdL 1964 S. 161= IK 1964 S. 286

Aktenzeichen F III 32/62 Entscheidung Urteil Datum 11.01.1964
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen RdL 1964 S. 161 = IK 1964 S. 286  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Mehrzuteilung von dränierten Flächen, insbesondere Ausgleich der erhöhten Beitragspflicht zu einem Bodenverband durch Mehrzuteilung an Land.
2. Die Entgegennahme des Planwunsches durch die Flurbereinigungsbehörde begründet keinen Anspruch auf Zuteilung eines bestimmten Grundstücks.
3. Ein Beteiligter kann das Fehlen einer Planvereinbarung im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren nicht rügen, wenn er wertgleich abgefunden ist.

Aus den Gründen

Der Einwand der Klägerin, ihre Abfindung sei fehlerhaft, weil ihr am 5.1.1961 geäußerter Planwunsch nicht berücksichtigt worden sei, findet im Gesetz keine Stütze. Die Anhörung der Beteiligten über ihre Wünsche für ihre Abfindung ist für das Flurbereinigungsverfahren in § 57 FlurbG geregelt. In den Bestimmungen über das beschleunigte Zusammenlegungsverfahren - § 91 ff. FlurbG - ist auf § 57 nicht ausdrücklich verwiesen. Es bestehen jedoch keine Bedenken dagegen, daß sich die Zusammenlegungsbehörde vor der Planaufstellung durch Anhörung der Wünsche der Beteiligten einen Überblick über deren Vorstellung von der Neugestaltung des Zusammenlegungsgebietes verschafft. Die Entgegennahme von Planwünschen nach § 57 FlurbG steht auch der Vorschrift des § 92 Abs. 2 FlurbG nicht entgegen, obgleich in § 99 Abs. 1 FlurbG die Möglichkeit der Bestimmung der Abfindung durch Vereinbarung mit den Beteiligten vorgesehen ist. Diese Verfahrensart macht die Abgabe von Planwünschen entbehrlich, da der einzelne Beteiligte im Vereinbarungstermin seine Wünsche im gleichen Maße zum Ausdruck bringt. Wenn er dies bereits vorher schon einmal getan hat, so ist dies der späteren Planvereinbarung nach § 99 Abs. 1 FlurbG nicht schädlich. Die Entgegennahme des Planwunsches durch die Behörde begründet für den jeweiligen Beteiligten aber keinen Anspruch auf Zuteilung bestimmter Grundstücke. Das ergibt sich auch aus der entsprechenden Formulierung in dem von den Beteiligten verwandten "Wunschbogen". Die Wunschabgabe soll lediglich eine Anregung für die weitere Durchführung des Verfahrens sein; sie gehört auf jeden Fall nicht zu den gesetzlich geregelten Willenserklärungen (vgl. BVerwG Beschluß vom 3.2.1960 - 1 CB 135/60 = RdL 1960/189).

Die Klägerin kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, daß der Bemessung ihrer Abfindung eine Planvereinbarung hätte zwingend vorausgehen müssen. In § 99 Abs. 1 FlurbG ist freilich - abweichend von dem Flurbereinigungsverfahren - für das beschleunigte Zusammenlegungsverfahren vorgeschrieben, daß die Abfindungen nach Möglichkeit durch Vereinbarung mit den Beteiligten zu bestimmen sind. Zweck dieser Vorschrift ist, wie sich aus der Bundestagsdrucksache I. Wahlperiode Nr. 4396 ergibt, eine möglichst schnelle Durchführung dieses Verfahrens zu erreichen. Die Behörde muß aber nicht unbedingt - das ergibt sich aus der Formulierung des § 99 Abs. 1 FlurbG - in jedem Verfahren zur Bestimmung der Abfindung der Teilnehmer den Weg der Planvereinbarung wählen. Hat sich die Behörde aber entschlossen, für ein bestimmtes Verfahren die Abfindung durch entsprechende Verhandlungen zu bestimmen, dann hat der einzelne Beteiligte aus Gründen der Gleichbehandlung einen Anspruch darauf, durch Vereinbarung mit der Zusammenlegungsbehörde seine Abfindung gestalten zu helfen. Ein solcher Anspruch erlischt jedoch mit der Vorlage des Zusammenlegungsplanes, weil es für den einzelnen Beteiligten dann nur noch darauf ankommt, ob er im Sinne von § 44 FlurbG wertgleich abgefunden ist. Entspricht nämlich die Abfindung eines Teilnehmers den in § 44 enthaltenen Grundsätzen über die Landabfindung, dann ist es ohne Bedeutung, ob die Abfindung auf einer Vereinbarung nach § 99 FlurbG beruht. Im anderen Falle - d.h. bei nicht wertgleicher Abfindung - kann der Beteiligte gemäß § 59 Abs. 2 FlurbG, der nach § 100 FlurbG auch bei dem beschleunigten Zusammenlegungsverfahren Anwendung findet, Mängel der Abfindung im Beschwerdeverfahren geltend machen.

Nach den vorliegenden Auszügen und Karten sowie auf Grund des Ergebnisses der vom erkennenden Senat vorgenommenen Ortsbesichtigung bleibt festzustellen, daß die Klägerin gemäß § 44 FlurbG wertgleich abgefunden ist. Bei einem Abfindungsanspruch von 226,62 WE hat die Klägerin eine Abfindung im Werte von 233,68 WE erhalten. Gegen diese auf Grund der Schätzung ermittelten Werte hat die Klägerin weder im Beschwerde- noch im Verwaltungsstreitverfahren Einwendungen erhoben.

Bei der Bemessung der Abfindung hat die Zusammenlegungsbehörde entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht dadurch gegen die in § 44 FlurbG niedergelegten Grundsätze verstoßen, daß sie ihr mit dem Abfindungsgrundstück Flur 6 Nr. 30 ein Grundstück im dränierten Gebiet zugeteilt hat, obwohl der dafür anzurechnende Altbesitz von Natur aus trocken war. Diese Tatsache allein gibt der Klägerin jedoch keinen Anspruch auf Abfindung mit nur naturtrockenem Land. Denn nach herrschender Rechtsprechung besteht weder ein Anspruch auf Zuteilung bestimmter Grundstücke (vgl. BVerwG Beschluß vom 20.8.1958 - I CB 53/58 - RdL 1959/27) noch kann ein Beteiligter Grundstücke mit bestimmten Eigenschaften fordern oder solche mit gewissen Mängeln zurückweisen (vgl. Urt. des BVerwG vom 3.12.1959 - I C 95/58 - RdL 1960/78). Er kann jedoch einen Ausgleich fordern, wenn die Mängel die Gleichwertigkeit beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall ist die Klägerin durch die Zuteilung des Abfindungsgrundstücks Flur 6 Nr. 30 mit einem Bodenverbandsbeitrag von jährlich 29,77 DM belastet worden. Die mit dieser Belastung verbundene Wertminderung hat die Zusammenlegungsbehörde aber anerkannt und bei der Bemessung der Abfindung entsprechend berücksichtigt. Zunächst ist nach dem in der Verhandlung vom 13.6.1960 aufgestellten Schätzungstarif dränierter Boden um 1/2 Klasse tiefer bewertet worden, um dadurch die Belastung von 20,-- DM Verbandsbeitrag je ha auszugleichen. Daß dieser Ausgleich durch die Abbonitierung, die auch das Abfindungsgrundstück Flur 6 Nr. 30 betrifft, erreicht wird, begegnet keinen Bedenken. Die Belastung je qm beträgt nämlich 0,2 Pfennig bei einem Satz von 20,-- DM je ha. Das Land, das aber bei dränierter Fläche zugeteilt wird, ist - wenn es wie das Grundstück Flur 6 Nr. 30 als Klasse III geschätzt ist, in Wirklichkeit aber Bodenzahlen der Klasse II aufweist - je qm 7 Pfennig bzw. je ha 700,-- DM mehr wert. Das bedeutet, daß mit der Zuteilung dränierter Fläche eine Mehrzuteilung an Land verbunden ist, ohne daß in dem Planauszug ein Mehrempfang verzeichnet ist. Mit einer Zuteilung von 1 ha dränierter Fläche Klasse III ist nach dieser Berechnung eine Mehrzuteilung von 772 qm der gleichen Klasse verbunden. Der auf dieser Fläche zu erzielende Reinertrag reicht bei jeder Bestellungsart aus, um die Belastung von 20,-- DM je ha zu decken, so daß im Ergebnis - da es für das Wertverhältnis auf den nach § 28 FlurbG ermittelten Nutzen ankommt - der Wert von 1 ha nicht dränagebedürftiger Fläche der Klasse III dem Wert von 1,0772 ha zugeteilter dränierter Fläche dieser Klasse entspricht.

Wenn die Zusammenlegungsbehörde in dem Verfahren von S. bei der Mehrzuteilung von Land im dränierten Gebiet, wie sie durch Vorlage des Zusammenlegungsplanes nachgewiesen hat, pro ha zusätzlich und ohne Geldentschädigung eine weitere Mehrabfindung im Werte von 5 WE gegeben hat, so ist dadurch ein weiterer voller Ausgleich für die Belastung von 20,-- DM je ha dränierter Fläche gewährt worden. Im Falle der Klägerin ergibt sich durch diese allgemeine Regelung die im Planauszug ersichtliche unentgeltliche Mehrzuteilung von 7,06 WE oder 767 qm Land der Klasse III. Auch diese Fläche reicht aus, um den mit dem Verbandsbeitrag von 29,77 DM verbundenen Mangel der Abfindung voll und dauernd auszugleichen.

Der Senat hatte neben der Frage nach dem Ausgleich der Bodenverbandsbeiträge noch zu prüfen, ob die Behörde bei der Bemessung der Abfindung der Klägerin die ihr in § 44 Abs. 4 FlurbG bei der Gestaltung der Abfindung vorgeschriebene Ermessensrichtlinie eingehalten hat. Nach dieser Vorschrift soll die Landabfindung eines Teilnehmers in der Nutzungsart und Beschaffenheit seinen alten Grundstücken entsprechen, soweit es mit einer großzügigen Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist. Daraus folgt, daß die Behörde die in dieser Vorschrift genannten Merkmale landw. Grundstücke nicht willkürlich außer Acht lassen kann. Sie muß vielmehr im Regelfall entsprechend § 44 Abs. 4 FlurbG nach Möglichkeit Grundstücke mit dem Altbesitz entsprechender Nutzungsart und Beschaffenheit zuteilen (so Beschl. des BVerwG vom 28.10.1960 - I CB 98/60 - zu der entsprechenden Vorschrift in § 48 Abs. 3 RUO). Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist aber dann gerechtfertigt, wenn die sachgerechte und zweckmäßige Durchführung der Zusammenlegung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Einzelinteressen sie erfordern. Dieses Erfordernis war im vorliegenden Fall zu bejahen, da rd. die Hälfte der Ackerfläche - nur darum handelt es sich bei dem Besitzstand der Klägerin - dräniert ist und da bei dem unregelmäßigen Ineinandergreifen von trockenen und dränierten Flächen eine großzügige Zusammenlegung bei Rücksichtnahme auf dränierte und naturtrockene Grundstücke nicht möglich gewesen wäre. Gegen die Zuteilung des dränierten Grundstücks Flur 6 Nr. 30 an die Klägerin ist demnach nichts einzuwenden, zumal ihr Betrieb - z.Z. sind die Grundstücke verpachtet - durch diese Verschiebung keinen betriebswirtschaftlichen Nachteil erleidet.