Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 27.09.1963 - 3 C 39/63 = NJW 1964 S. 1542= RdL 1964 S. 54

Aktenzeichen 3 C 39/63 Entscheidung Urteil Datum 27.09.1963
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen NJW 1964 S. 1542 = RdL 1964 S. 54  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Im Flurbereinigungsverfahren ist nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts und in entsprechender Anwendung von § 59 Abs. 2 FlurbG die Beschwerde gegen einen bekanntgegebenen Nachtrag zum Flurbereinigungsplan auch dann ausgeschlossen, wenn der Beteiligte vorher auf die Beschwerde unter der Bedingung bestimmter Planänderungen verzichtet und die Flurbereinigungsbehörde diese Änderungen vorgenommen hatte.
2. Zur entsprechenden Anwendung des § 134 FlurbG im Falle des Rechtsmittelverzichtes.

Aus den Gründen

Mit ihrem Klagebegehren auf Zuteilung der Dreiecksfläche des Altbesitzes und auf Verschmälerung des öffentlichen Weges Nr. 260 zugunsten ihres Planes Fl. 6 Nr. 108 können die Kläger nicht mehr gehört werden. Ausweislich der Verwaltungsunterlagen hatten sie im Termin vom 6.2.1962 zur Vorlage des Nachtrages II ihre sämtlichen Beschwerden unwiderruflich zurückgezogen, wenn bestimmte Änderungen ihrer Abfindung vorgenommen würden, darunter auch eine Versetzung des nordwestlichen Hofbegrenzungssteins um 3 m und die Herstellung einer Mauer an dem öffentlichen Weg Nr. 260 zu Lasten der Teilnehmergemeinschaft. Diese Bedingungen wurden, wie die Kläger im Ortstermin des Senats vom 25.9.1963 eingeräumt haben, sämtlich in dem Plannachtrag II gewahrt und sind bzw. werden ausgeführt, mit Ausnahme der erwähnten Drainage, auf die die Kläger nachträglich verzichtet haben. Wenn sie außerdem in der Verhandlung vom 6.2.1962 den über diese vorbehaltenen Änderungen aufzustellenden Plannachtrag III im voraus anerkannten, so waren sie mit der trotzdem bei der Vorlage des Nachtrags III am 25.4.1962 erhobenen Beschwerde ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluß der Beschwerde ist zwar in § 59 Abs. 2 FlurbG nur für den Fall ausdrücklich bestimmt, daß die Beschwerde nicht in dem zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans an die Beteiligten bestimmten Anhörungstermin vorgebracht worden ist. Die Beschwerde muß aber nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, jedenfalls aber in entsprechender Anwendung von § 59 Abs. 2 FlurbG, auch dann ausgeschlossen sein, wenn der betreffende Beteiligte schon vor dem Anhörungstermin auf die Beschwerde verzichtet hat, auch wenn dies wie im vorliegenden Fall in der Form geschieht, daß der Verzicht auf die Beschwerde von der Ausführung bestimmter noch vorzunehmender Änderungen des Flurbereinigungsplans abhängig gemacht wird und diese Änderungen von der Flurbereinigungsbehörde alsdann vorgenommen werden. Der am 30.5.1962 vorgelegte Plannachtrag IV hat den Klägern kein neues Beschwerderecht eröffnet, weil dieser keine neue Beschwer, sondern eine Begünstigung für sie brachte.

In § 134 FlurbG ist vorgesehen, daß nach Versäumung eines Termins oder einer gesetzlichen Beschwerde- oder Antragsfrist die Erklärung, die Beschwerde oder der Antrag trotz des Ausschlusses noch nachträglich zugelassen werden kann bzw. bei unverschuldeter Versäumung und unverzüglicher Nachholung zugelassen werden muß. Diese Vorschrift kann unbedenklich entsprechend auch für den hier gegebenen Fall angewendet werden, daß die Beschwerde ausgeschlossen ist, weil der Beteiligte vorweg auf diese verzichtet hatte. Eine Muß-Zulassung entsprechend § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG scheidet in dem Falle der Kläger von vornherein aus, weil jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, daß sie den Verzicht auf die Beschwerde in dem Termin vom 6.2.1962 "unverschuldet", also etwa unbewußt oder irrtümlich, ausgesprochen haben. Eine Kann-Zulassung "nach Lage des einzelnen Falles" gemäß § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG kommt nach herrschender Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung nur ausnahmsweise in Betracht, wenn andernfalls unter Berücksichtigung aller Umstände, auch der berechtigten Belange der andern Beteiligten und der Interessen der Allgemeinheit an einem zügigen und reibungslosen Flurbereinigungsverfahren, für den betreffenden säumigen Beteiligten eine offenbar unbillige und unvertretbare Härte entstehen würde, wobei die Entscheidung hierüber in das pflichtgemäße Ermessen der Flurbereinigungsbehörde gestellt ist (vgl. BVerwG Urt. vom 24.2.1959, RdL S. 221; Beschl. vom 12.2.1963, I B 141/61). Im vorliegenden Fall fällt jedoch den Flurbereinigungsbehörden keine fehlerhafte Ermessensübung zur Last, wenn sie die trotz des Ausschlusses im Termin zur Vorlage des Plannachtrags III erhobene Beschwerde nicht zugelassen haben. Die in diesem Nachtrag getroffene, den beim Beschwerdeverzicht gestellten Bedingungen voll entsprechende Regelung stellt nämlich für die Kläger keine unbillige Härte in vorstehendem Sinne dar.