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von Anonymer Benutzer

RzF - 3 - zu § 52 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 18.01.1963 - F III 16/59

Aktenzeichen F III 16/59 Entscheidung Urteil Datum 18.01.1963
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Wirksamkeit einer Abtretungserklärung nach § 52 FlurbG.

Aus den Gründen

Nach § 44 FlurbG ist jeder Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren für seine alten Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden. Eine Ausnahme von diesem obersten Grundsatz im Flurbereinigungsverfahren macht § 52 FlurbG, wonach ein Teilnehmer mit seiner Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefunden werden kann. Die Zustimmung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Sie kann nicht mehr widerrufen werden, wenn sie der Flurbereinigungsbehörde zugegangen ist. Die Flurbereinigungsbehörde hielt die Voraussetzungen für eine Geldabfindung der Kläger bei Aufstellung des Flurbereinigungsplanes für gegeben. Die Spruchstelle hat diese Ansicht in dem angefochtenen Bescheid bestätigt. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Erklärungen der Kläger in den Wunschbogen der Ord.Nr. 554 und 556, die sie im Wunschtermin abgaben - nur darauf stützt der Beklagte seine Behauptungen - lassen die Zuteilung von Geld statt Land nicht zu. Wie oben dargelegt ist, haben die Kläger schriftlich in den beiden Wunschbogen auf die Frage: "Wünschen Sie Zuteilung von Ersatzgrundstücken im Baugelände (für dort befindlichen Altbesitz)?" geantwortet: "Bei m.E. zu geringer Bezahlung für Baugelände wieder Baugelände in gleicher Entfernung vom Bahnhof oder Stadtzentrum". Zur weiteren Frage "Wünschen Sie ganz oder teilweise Geldentschädigung statt Landersatz" haben sie geantwortet: "Bei gerechter Bezahlung als Baugelände: Ja". Diese Erklärungen der Kläger können nicht als Zustimmung für eine Abfindung mit Geld im Sinne des § 52 FlurbG gewertet werden.

Es bestehen keine Bedenken, daß eine Erklärung im Sinne des § 52 Abs. 1 FlurbG hinter der Frage: "Wünschen Sie ganz oder teilweise Geldentschädigung statt Landersatz" im Wunschbogen wirksam abgegeben werden konnte. Wenn die Erklärung bzw. der Wunschbogen die eigenhändige Unterschrift der Verfügungsberechtigten trägt - das ist hier der Fall -, dann ist insoweit der schriftlichen Form, wie sie § 52 FlurbG vorschreibt, genügt (§ 126 Abs. 1 BGB). Die abgegebene Erklärung, die zugleich die Zustimmung zu dem Landverzicht darstellen soll, muß aber von dem Verfügungsberechtigten eindeutig und unmißverständlich abgegeben werden (vgl. auch Steuer, FlurbG, Anm. 5 zu § 52). Sie darf keinen Zweifel darüber zulassen, daß der Beteiligte im besonderen Fall statt der Landabfindung eine Abfindung in Geld begehrt. Die Erklärung, statt in Land mit Entschädigung in Geld einverstanden zu sein, stellt im Grunde nichts anderes dar als die Verfügung über Grundstücke, für die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch strenge Vorschriften gelten. Im Flurbereinigungsverfahren ist die Verfügung über Grundstücke, wie sich aus § 52 FlurbG ergibt, in ihrer Art wesentlich erleichtert. Es bedarf weder einer notariellen Verhandlung im Sinne des § 313 BGB noch der Auflassung im Sinne des § 873 BGB. Der Eigentumsübergang tritt auch nicht erst mit der Eintragung im Grundbuch, sondern bereits mit dem Erlaß der Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan ein. Diese gegenüber dem BGB erleichterte und vereinfachte Form bei der Verfügung über ein Grundstück in einem Flurbereinigungsverfahren macht eine strenge Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des Flurbereinigungsgesetzes umso mehr erforderlich.

Die Zustimmung im Sinne des § 52 Abs. 1 FlurbG ist ein Erfordernis für die Abweichung von dem Grundsatz der in § 44 FlurbG vorgeschriebenen wertgleichen Landzuteilung für die eingebrachten Grundstücke. Sie beinhaltet den Verzicht des betreffenden Teilnehmers auf, Landzuteilung gegen Geldentschädigung und die Einwilligung zur Abgabe des Grundstücks in die Verfügungsmacht der Teilnehmergemeinschaft bzw. der Flurbereinigungsbehörde. Die der Zustimmung zu Grunde liegende Willenserklärung muß eindeutig und unmißverständlich den Willen des Teilnehmers zum Ausdruck bringen, ob er mit Land oder mit Geld abgefunden werden will. Diesen eindeutigen Willen lassen die Erklärungen in dem Wunschbogen bei objektiver Betrachtung nicht erkennen. Die Erklärungen, daß Landabfindung gewünscht wird, wenn Bauland - gemeint ist der Altbesitz - zu gering bezahlt wird, und daß Geldentschädigung bei gerechter Bezahlung des Baulandes angenommen wird, schließen sich gegenseitig aus. Bei Abgabe der genannten Erklärungen am 7.1.1957 war den Klägern bekannt, daß der Zuschlagswert, wie er in einer Verhandlung des Kulturamts mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft und anderen Dienststellen am 29.6.1956 festgesetzt worden war, für ihren Altbesitz je qm 0,40 DM betragen sollte. Gerechte Bezahlung bedeutet nach Ansicht der Kläger deshalb nicht, daß die Entschädigung dem Zuschlagswert von 0,40 DM je qm entsprechen solle, sondern Bezahlung nach einem ihren Vorstellungen entsprechenden Verkehrswert. Demgegenüber ging die Flurbereinigungsbehörde davon aus, daß die Geldentschädigung nur unter Zugrundelegung des Schätzungswertes und des Zuschlagswertes zu errechnen sei. Hier liegt eine Art versteckter Dissens vor. Gerade wegen dieser Unbestimmtheit und wegen des Widerspruchs in den Erklärungen der Kläger lassen sich diese nicht als Zustimmung zur Geldabfindung im Sinne des § 52 FlurbG auslegen.

Die Flurbereinigungsbehörde durfte die Kläger auch deshalb nicht mit Geld entschädigen, weil die Erklärung im Wunschbogen an eine Bedingung geknüpft war. Die Erklärung der Kläger ist nämlich so zu verstehen, daß sie Geldentschädigung nur unter der Bedingung annehmen wollten, wenn ein nach ihrer Meinung gerechter Preis bezahlt werde. Die Zustimmung ist aber ihrer Natur nach bedingungsfeindlich. Es ist deshalb kein wirksamer Verzicht auf Landzuteilung im Sinne des § 52 FlurbG ausgesprochen worden. Eine Zustimmung im Sinne dieser Vorschrift liegt also nicht vor. Deshalb konnte den Klägern auf Grund ihrer Erklärungen vom 7.1.1957 keine Geldabfindung zugeteilt werden.