Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.11.1959 - I C 118.59 = BVerwGE 9, 288= Buchholz BVerwG 424.00 § 87 RUO Nr. 1= RdL 1959 S. 330
Aktenzeichen | I C 118.59 | Entscheidung | Urteil | Datum | 04.11.1959 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = BVerwGE 9, 288 = Buchholz BVerwG 424.00 § 87 RUO Nr. 1 = RdL 1959 S. 330 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Eine teilweise vorzeitige Grundbuchberichtigung ist zulässig. |
2. | Die Entscheidung über einen Antrag auf eine vorzeitige Grundbuchberichtigung steht nicht im Ermessen der Behörde. Dem Antrag muß entsprochen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. |
Aus den Gründen
Die Berichtigung des Grundbuches zu veranlassen, ist nicht Sache des Teilnehmers, sondern der Umlegungsbehörde (§ 84 Abs. 1 RUO - wegen des Verfahrens vgl. AV d. RJM vom 5.10.1938 (DJ S. 1576) -). Die Berichtigung selbst ist ein Teil der Ausführung des Umlegungsplanes; sie ist die formelle Seite der durch die Ausführungsanordnung getroffenen materiellen Entscheidung. Ausführungsanordnung und Grundbuchberichtigung stehen daher in einem unlösbaren sachlichen Zusammenhang.
Die Ausführungsanordnung ergeht nach Eintritt der Rechtskraft des Umlegungsplanes (§ 65 RUO), kann aber zur Beschleunigung des Verfahrens auch vorzeitig erlassen werden (§ 66 RUO), um die im Umlegungsplan getroffene Neuregelung sobald wie möglich in die Wirklichkeit umzusetzen und den Beteiligten die Vorteile der Bereinigung in einem Zeitpunkt zu verschaffen, in dem der Plan noch nicht rechtskräftig geworden ist. Das Gesetz nimmt dabei in Kauf, daß der Plan nachträglich geändert und dann u.U. auch eine Änderung der Ausführungsanordnung notwendig wird. Um das mit der vorzeitigen Ausführungsanordnung erstrebte Ziel erreichen zu können, müssen die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen besonders sorgfältig geprüft werden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.2.1958 - BVerwG I C 93.56 (NJW 1958 S. 1553 = RdL 1959 S. 26), das zu der hier maßgeblichen Ausführungsanordnung ergangen ist), insbesondere ob im Hinblick auf die anhängigen Rechtsmittelverfahren der formellen Verwirklichung des neuen Rechtszustandes durch die Berichtigung des Grundbuches Hindernisse entgegenstehen.
Die rechtliche Grundlage für die hiernach notwendige Teilberichtigung des Grundbuches bietet § 84 Abs. 2 RUO. Es sind diejenigen Rechtsänderungen auszunehmen, die durch ein den Umlegungsplan betreffendes Rechtsmittelverfahren berührt werden. Neben dem Gedanken der Beschleunigung des Verfahrens beruht diese Regelung auf der Erwägung, daß der Grundbuchverkehr nach Eintritt der neuen Rechtsverhältnisse nicht aufgehalten werden soll. Der Teilnehmer kann nach Erlaß der Ausführungsanordnung bereits außerhalb des Grundbuches über seinen neuen Grundbesitz verfügen, obwohl dieser im Grundbuch noch nicht eingetragen ist. Die Verfügung über die noch nicht eingetragenen Grundstücke hat die Besonderheit, daß nicht das noch auf dem Grundbuchblatt eingetragene Grundstück, sondern die Abfindung betroffen wird. Der eingetragene Eigentümer ist kraft des Surrogationsprinzips als eingetragener Eigentümer des Abfindungslandes im Sinne des § 39 GBO anzusehen. Die im Grundbuch eingetragenen Grundstücke repräsentieren die im Plan ausgewiesenen Grundstücke so lange, bis die Berichtigung des Grundbuches stattgefunden hat. Soweit für derartige Verfügungen die Eintragung im Grundbuch notwendig ist, gibt die Reichsumlegungsordnung dem Teilnehmer gegenüber der Umlegungsbehörde das Recht, daß diese das Grundbuchamt um vorzeitige Berichtigung hinsichtlich seiner Grundstücke ersucht (§ 87 RUO). Die Entscheidung über den Antrag steht nicht - wie Seehusen in Anm. 1 zu § 82 des Flurbereinigungsgesetzes annimmt - im Ermessen der Behörde; sie muß ihm vielmehr entsprechen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Einen Anspruch auf die Einleitung der vorzeitigen Berichtigung des Grundbuches versagt das Gesetz nur demjenigen Teilnehmer, "dessen Rechte durch ein dem Umlegungsplan betreffendes Spruchverfahren berührt werden". Hierzu weist das Flurbereinigungsgericht zutreffend darauf hin, daß diese Einschränkung auch dann gilt, wenn die Rechte des Teilnehmers durch ein gerichtliches Verfahren berührt werden. Dagegen vermag der Senat nicht der Auffassung zu folgen, daß eine teilweise vorzeitige Berichtigung des Grundbuches unter keinen Umständen zulässig sei, weil immer die gesamte Abfindung des Teilnehmers in Betracht gezogen werden müsse. Das mag dann gelten, wenn der die Grundbuchberichtigung betreibende Teilnehmer selbst seine Abfindung angefochten hat, nicht aber für den Teilnehmer, dessen Abfindung unanfechtbar geworden ist. Richtig ist, daß Alt- und Neubesitz bei der Ermittlung des Abfindungsanspruchs und bei der Berechnung der Zuteilung je als Einheit anzusehen sind und daß bei der Prüfung der Wertgleichheit der gesamte Altbesitz mit dem gesamten Neubesitz verglichen werden muß. Hierauf kommt es für die Eintragung im Grundbuch aber nicht entscheidend an, da die Wertgleichheit in dem Zeitpunkt gegeben sein muß, der in der Ausführungsanordnung bestimmt ist (Urteil des erkennenden Senats vom 9. Juni 1959 (BVerwGE 8, 343)). Dieser liegt notwendigerweise vor dem Ersuchen um Berichtigung des Grundbuches; denn eine Berichtigung des Grundbuches kommt erst nach Erlaß der Ausführungsanordnung in Frage. Richtig ist auch, daß die Zuteilung eines Teilnehmers möglicherweise geändert werden muß, wenn die Grundstücke seiner Abfindung von einem Rechtsmittelverfahren berührt werden. Die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung des Planes kann aber die Abfindung eines jeden Teiln. treffen; sie kann sich auch auf Grundstücke erstrecken, die vom Rechtsmittelführer gar nicht beansprucht werden. Bis zur Schlußfeststellung bleibt der ganze Plan in der Schwebe (§§ 73, 145 RUO). Trotzdem hat das Gesetz die Umlegungsbehörde ermächtigt, vor diesem Zeitpunkt das Grundbuchamt um Berichtigung zu ersuchen. Es hat die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung des Grundbuches im Interesse der Beschleunigung des übrigen Verfahrens in Kauf genommen (§§ 88, 89 RUO). Dem Gesichtspunkt des Flurbereinigungsgerichts, daß eine Verwirrung im Falle der nachträglichen Änderung des Grundbuches zu besorgen sei, kann daher keine wesentliche Bedeutung beigemessen werden. Es kommt auch nicht darauf an, daß grundsätzlich mehrfache Änderungen im Grundbuch vermieden werden sollen. Wären dies die maßgeblichen Erwägungen, dann hätte die gesetzliche Regelung dahin gehen müssen, daß die Grundbuchberichtigung immer erst nach der Rechtskraft des Umlegungsplanes vorzunehmen sei (vgl. § 13 des preußischen Gesetzes zur Beschleunigung der Umlegung vom 3.12.1935 (GS. S. 143); Art. 79 Abs. 1, 80 des bayerischen Flurbereinigungsgesetzes).