RzF - 4 - zu § 79 Abs. 1 FlurbG

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 23.12.1982 - BReg. 2 Z 70/82 = RdL 1983, 71= AgrarR 1983, 102= NVwZ 1983, 764= BWNotZ 1983, 45= MittBayNot 1983, 64

Aktenzeichen BReg. 2 Z 70/82 Entscheidung Beschluss Datum 23.12.1982
Gericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Veröffentlichungen RdL 1983, 71 = AgrarR 1983, 102 = NVwZ 1983, 764 = BWNotZ 1983, 45 = MittBayNot 1983, 64  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wird die (hier vorzeitige) Ausführung des Flurbereinigungsplans angeordnet, so hat ausschließlich die Flurbereinigungsbehörde die Berichtigung des Grundbuchs zu veranlassen. Dem Teilnehmer steht nur das Recht zu, bei der Behörde zu beantragen, daß diese das Grundbuchamt um die vorzeitige Teilberichtigung nach § 82 FlurbG ersucht. Mit einer Zwischenverfügung kann aufgegeben werden, einen solchen Antrag zu stellen.

Aus den Gründen

Die angefochtene Zwischenverfügung des Grundbuchamts ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. In ihr ist den Beteiligten aufgegeben worden, vor dem beantragten Vollzug der Auflassung bei der Flurbereinigungsbehörde zu beantragen, diese möge die vorzeitige Teilberichtigung des Grundbuchs hinsichtlich der von der Auflassung betroffenen Grundflächen gemäß § 82 FlurbG veranlassen. Damit ist den Beteiligten nicht anheimgestellt worden, einen anderen (erfolgversprechenden) Eintragungsantrag zu stellen (dies könnte nicht zulässiger Inhalt einer mit Rechtsmitteln anfechtbaren Zwischenverfügung sein; vgl. BayObLGZ 1977, 81/83, 1980, 299/301, Horber, GBO, 15. Aufl., § 18, Anm. 4, B, b, je m. Nachw.).

Der Zulässigkeit der Zwischenverfügung steht auch nicht entgegen, daß mit der geforderten Antragstellung bei der Flurbereinigungsbehörde allein das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis (fehlende vorherige Berichtigung des Grundbuchs auf den neuen Grundstücksbestand) noch nicht beseitigt ist. Die vorzeitige Teilberichtigung des Grundbuchs nach § 82 FlurbG ist nämlich nicht nur von einem entsprechenden Antrag eines Teilnehmers abhängig; die Flurbereinigungsbehörde muß vielmehr einem solchen Antrag auch alsbald entsprechen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (BVerwGE 9, 288/291 ff.; Seehusen/Schwede, FlurbG, § 82, RdNrn. 2, 3). Damit ist die den Beteiligten aufgegebene Antragstellung ein taugliches Mittel zur Beseitigung des Eintragungshindernisses.

Die Zwischenverfügung ist auch inhaltlich zu Recht ergangen.

Nach der Feststellung des LG hat die Flurbeeinigungsbehörde die vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans, der u. a. die von der Auflassung betroffenen Grundstücke erfaßt, gemäß § 63 Abs. 1 FlurbG angeordnet (hiervon ist ersichtlich auch das Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung ausgegangen). Es fehlen allerdings nähere Feststellungen hierzu, insbesondere ist der in der Ausführungsanordnung zu bestimmende Zeitpunkt für das Wirksamwerden der Rechtsänderung (§ 63 Abs. 1 i. V. m. § 61 Satz 2 FlurbG; vgl. hierzu Seehusen/Schwede, a.a.O., § 61, RdNr. 2) nicht angegeben.

Dies nötigt indes nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung. Denn der Beteiligte hat - gleichgültig, wann die Rechtsänderung eingetreten ist - nach dem Inhalt der notariellen Urkunde (samt Nachtrag), die bereits beide Möglichkeiten ausdrücklich ins Auge faßt, jedenfalls wirksam verfügt, sei es über die 24 Einlagegrundstücke, sei es über das nach dem Flurbereinigungsplan an deren Stelle tretende neue Grundstück Flurstück 1317; ein Veräußerungsverbot oder eine Grundbuchsperre hat die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens nicht bewirkt (vgl. hierzu näher BayObLGZ 1972, 242/243 ff., 1980, 108/110 ff., BVerwGE 9, 288/290 f.; Haegele, Grundbuchrecht, 6. Aufl., RdNrn. 2257, b, 2257, k m. Nachw.; vgl. auch Nr. 16 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayer. Staatsministerien der Justiz und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 12.08.1981 <JMBl. S. 146>).

Mit der Anordnung der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplans ist zu dem in ihr bestimmten Zeitpunkt der im Plan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen getreten (§ 63 Abs. 1 i. V. m. § 61 Satz 2 FlurbG). Damit sind die alten Grundstücke als Gegenstand des Eigentums (Sachverhältnis) untergegangen; an ihre Stelle ist im Wege der Surrogation das Ersatzgrundstück getreten (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG; BayObLG, a.a.O.). Nach § 79 Abs. 1 FlurbG ist das Grundbuch auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde (§ 38 GBO) entsprechend den neuen Verhältnissen zu berichtigen, wobei bis zur Berichtigung des Liegenschaftskatasters der Flurbereinigungsplan als amtliches Verzeichnis der Grundstücke (§ 2 Abs. 2 GBO) dient (§ 81 Abs. 1 FlurbG). Die Grundbuchberichtigung setzt die Voreintragung des wahren Eigentümers nicht voraus (OLG Zweibrücken, OLGZ 1978, 167/168 f.).

Diese Berichtigung des Grundbuchs ist ein Teil der Ausführung des Flurbereinigungsplans und die formelle Seite der durch die Ausführungsanordnung getroffenen materiellen Entscheidung (BVerwG, Beschluß vom 01.11.1976 - BVerwG V B 82.74 <RdL 1977, 323>; Seehusen/Schwede, a.a.O., § 79, RdNr. 1). Sie zu veranlassen, obliegt daher ausschließlich der Flurbereinigungsbehörde (BVerwGE 9, 288/290). Der Teilnehmer selbst hat lediglich die Möglichkeit, bei der Flurbereinigungsbehörde zu beantragen, daß diese das Grundbuchamt um die vorzeitige Teilberichtigung nach § 82 FlurbG ersucht (BVerwG, a.a.O., S. 290 f.; Haegele, a.a.O., RdNr. 1362); eine Möglichkeit, die insbesondere bei Erlaß einer vorzeitigen Ausführungsanordnung nach § 63 FlurbG in Betracht kommt, wenn der Flurbereinigungsplan insgesamt noch nicht unanfechtbar geworden ist (vgl. § 61 Satz 1 FlurbG), die eingelegten Widersprüche aber - wie hier - den in Frage stehenden Teil des Flurbereinigungsgebiets nicht berühren (Haegele, a.a.O., RdNr. 2257, l).

Vor Durchführung dieser - auch nur teilweisen - Grundbuchberichtigung ist der Vollzug der Auflassung im Grundbuch nicht möglich. Die alten Grundstücke, die im Grundbuch noch eingetragen sind, sind als solche, wie dargelegt, nicht mehr vorhanden. An ihnen kann vor der Eintragung der Änderung des Sachverhältnisses (vgl. BayObLG, a.a.O.) nicht eine Änderung des Rechtsverhältnisses, d. h. die rechtliche Zuordnung zu einem neuen Eigentümer, eingetragen werden. Denn hierdurch würde das Grundbuchamt eine Eintragung vornehmen, von der es mit Sicherheit weiß, daß sie unrichtig ist. Das Grundbuchamt hat aber nicht nur die Pflicht, beantragte Eintragungen abzulehnen, die nach seiner sicheren Erkenntnis das Grundbuch unrichtig machen (BGHZ 35, 135/139 f., BayObLGZ 1979, 434/437, Horber, a.a.O., Grdz. 7, B vor § 13, je m. Nachw.); es hat vielmehr, wenn es die Unrichtigkeit kennt, auch darauf zu achten, daß diese nicht in eine neue Eintragung übernommen und damit weiterhin verlautbar wird. Pflicht des Grundbuchamts ist es, darüber zu wachen, daß das Grundbuch seiner Aufgabe, über Rechtsverhältnisse an Grundstücken möglichst erschöpfend und zutreffend Auskunft zu geben, gerecht werden und damit seinen Zweck erfüllen kann (vgl. BayObLGZ 1976, 44/45 f. m. Nachw.; Horber, a.a.O.). Die Auflassung kann daher vor der Berichtigung des Grundbuchs auf den durch den Flurbereinigungsplan gestalteten neuen Rechtszustand nicht eingetragen werden (ebenso BVerwGE 9, 288/293; Seehusen, RdL 1955, 317/318; Seehusen/Schwede, a.a.O., § 15, RdNr. 4, § 82, RdNr. 1; Haegele, a.a.O., RdNr. 2257, k; Staudinger, BGB, 10./11. Aufl., Art. 113 EGBGB, RdNr. 117; offengelassen OLG Schleswig, RdL 1964, 305/306; a. A. offenbar Rehle, MittBayNot 1980, 160/161 f.).