Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.12.1978 - 5 B 7.77

Aktenzeichen 5 B 7.77 Entscheidung Beschluss Datum 28.12.1978
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Förderung der allgemeinen Landeskultur ist als landschaftsgestaltende Folgemaßnahme einer Unternehmensflurbereinigung im Sinne der § 87 ff. FlurbG, bei der die Voraussetzungen des § 1 FlurbG nicht vorzuliegen brauchen, zulässig.

Aus den Gründen

Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage des Verhältnisses zwischen verlautbarter Begründung (Anlegung von Rückhalte- und Speicherbecken) und verdeckter Begründung (Schaffung eines Naherholungsgebietes) ist für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Das Flurbereinigungsgericht hat festgestellt, daß neben oder entgegen dem verlautbarten Zweck der Unternehmensflurbereinigung, mit Hilfe des Bauvorhabens das S.-Tal hochwasserfrei zu halten, kein anderer Unternehmenszweck verfolgt werde. Das Flurbereinigungsgericht führt hierzu aus, daß die Schaffung eines Naherholungsgebietes im Bereich der Becken nach der Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses nicht Gegenstand des vorliegenden Flurbereinigungsverfahrens sei. Da vom Kläger in bezug auf diese Feststellung keine Verfahrensfehler geltend gemacht werden, ist das Revisionsgericht an die in dem angefochtenen Urteil getroffene tatsächliche Feststellung gebunden (§ 137 Absatz 2 VwGO). Der aufgeworfenen Frage kommt deshalb für den vorliegenden Fall keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Wenn in der Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses angeführt ist, daß bei der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes außerdem im Bereich des Hochwasserrückhalte- und Speicherbeckens die Belange der Landschaftspflege und des Erholungswesens berücksichtigt werden sollen, dann liegt in dieser der Ausgestaltung des Vorhabens dienenden Begleitmaßnahme keine Verfälschung des verlautbarten und verbindlich festgestellten Flurbereinigungszweckes. Eine der Sicherung und sinnvollen Nutzung der Anlage dienende Ausgestaltung ist zur Förderung der allgemeinen Landeskultur geeignet. Die Förderung der allgemeinen Landeskultur, eigenständiger Zweck und gesetzliche Aufgabe eines normalen Flurbereinigungsverfahrens nach § 1, § 37 FlurbG, kann daher als landschaftsgestaltende Folgemaßnahme einer Unternehmensflurbereinigung im Sinne der § 87 ff. FlurbG, bei der die Voraussetzungen des § 1 FlurbG nicht vorzuliegen brauchen (§ 88 Nummer 1 Satz 2 FlurbG) nicht unzulässig sein, insbesondere wenn berücksichtigt wird, daß die für das Unternehmen benötigten Flächen dem Träger des Unternehmens zu Eigentum zugeteilt werden (§ 88 Nummer 4 Satz 3 FlurbG), dessen Gestaltungsfreiheit dadurch nicht eingeschränkt ist.

Auch hinsichtlich der im Kern als rechtliche Würdigung zu qualifizierenden Darlegungen des Flurbereinigungsgerichts, daß weder der Straßenverlauf noch mögliche Eingriffe in die Flurstücke des Klägers für eine Verbindungsstraße von der B 39 zur K 2108 ihre Grundlage im angefochtenen Flurbereinigungsbeschluß hätten, ist kein Beschwerdegrund im Sinne des § 132 Absatz 2 VwGO ersichtlich. Das gilt auch für die nach Maßgabe des § 137 VwGO für das Revisionsgericht verbindlichen tatsächlichen Grundlagen dieser Würdigung. Deshalb kann offenbleiben, ob nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Änderung des Straßenverlaufs in Betracht gezogen werden müßte, wenn einem Beteiligten andernfalls ein Schaden entstehen könnte. Wird nach der verbindlichen Feststellung des Flurbereinigungsgerichts durch den angefochtenen Flurbereinigungsbeschluß weder ein zweckwidriger Zustand geschaffen noch ermöglicht, dann ist für die Anwendung von Treu und Glauben insoweit ebenfalls kein Raum.

Da die Einbeziehung der Grundstücke des Klägers in das Verfahrensgebiet nach dem Flurbereinigungsbeschluß weder für Zwecke eines Naherholungsgebiets noch für die Anlegung einer Verbindungsstraße erfolgte, können die daran geknüpften Fragen weder die Anordnung des Verfahrens betreffen noch die Grenzen des Verfahrensgebietes berühren.

Einer grundsätzlichen Klärung bedarf auch nicht, inwiefern in der Einleitung eines Enteignungsverfahrens durch den Planfeststellungsbeschluß der Enteignungsbehörde keine Zurverfügungstellung von Land zu erblicken sei, während durch den Flurbereinigungsbeschluß der Zugriff auf die Grundstücke des Verfahrensgebiets ermöglicht werde. Aus der Verknüpfung von Anlaß und Zweck ergibt sich hier keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Anlaß ist die Planfeststellung für das dem Hochwasserschutz dienende Unternehmen, dessen Durchführung die Inanspruchnahme ländlicher Grundstücke in großem Umfange im Wege der Enteignung erfordert. Zweck der angeordneten Flurbereinigung ist dagegen, den für die Betroffenen dadurch entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen oder Nachteile für die allgemeine Landeskultur, die durch das Unternehmen entstehen, zu vermeiden. Gerade diesem Zweck dient die Abgrenzung des Flurbereinigungsgebietes. Wenn in der Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses angeführt ist, daß die für das vorgesehene Bauvorhaben benötigten Flächen nicht von den Teilnehmern aufzubringen seien, sondern käuflich erworben würden, so wird das angeordnete Verfahren deshalb nicht hinfällig. Denn soweit der beabsichtigte privatrechtliche Erwerb durch den Unternehmensträger - der nach § 88 Nummer 2 FlurbG Nebenbeteiligter ist - verwirklicht werden kann, erwirbt er hinsichtlich der in das Verfahren eingebrachten und freihändig erworbenen Flächen gleichzeitig die Stellung eines Teilnehmers im Sinne der § 10 Nummer 1, § 15 Satz 1 FlurbG; die Zuteilung der benötigten Flächen zu Eigentum an den Träger des Unternehmens erfolgt dennoch durch den Flurbereinigungsplan nach § 88 Nummer 4 Satz 3 FlurbG, wobei sich am Aufbringungsmaßstab nach § 88 Nummer 4 Satz 1 FlurbG für den einzelnen Teilnehmer nichts ändert.

Die Bedenken des Klägers, nach diesem Aufbringungsmaßstab mit seinen Grundstücken herangezogen zu werden, richten sich weniger gegen das im Flurbereinigungsbeschluß festgestellte Bauvorhaben, sondern vornehmlich gegen die Anlegung einer vorgesehenen Verbindungsstraße, die jedoch - wie im Urteil des Flurbereinigungsgerichts dargetan - nicht Gegenstand des angefochtenen Flurbereinigungsbeschlusses ist. Aber auch die Einbeziehung der Grundstücke des Klägers in das Verfahrensgebiet war weder unzulässig noch ermessensfehlerhaft; den durch eine Heranziehung befürchteten wirtschaftlichen Nachteilen könnte materiell-rechtlich durch § 88 Nummer 4 Satz 2 FlurbG begegnet werden. Danach sind landwirtschaftliche oder gärtnerische Betriebe zu der Aufbringung nur insoweit heranzuziehen, als ihre wirtschaftliche Fortführung nicht gefährdet wird.