Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.03.1978 - 5 CB 34.75
Aktenzeichen | 5 CB 34.75 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 03.03.1978 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Anwendung von § 40 FlurbG setzt voraus, daß eine künstlich geschaffene Anlage hergestellt werden soll. |
2. | Die Voraussetzungen einer nach § 44 Abs. 5 FlurbG zulässigen Änderung sowie einer damit verbundenen Umstellungsentschädigung bestimmen sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. |
3. | Zur Eigenschaft eines Wohngebäudes im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 2 FlurbG. |
Aus den Gründen
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Das gilt zunächst für den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt. So könnte die Entscheidung in einem künftigen Revisionsverfahren nicht dazu führen, rechtsgrundsätzlich und damit für eine Vielzahl gleichgelagerter oder ähnlicher Fälle die Frage zu klären, unter welchen Umständen einem Gebäude die Eigenschaft eines Wohngebäudes im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 2 FlurbG zukommt. Nach den für das Revisionsverfahren verbindlichen tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist das dem Kläger gehörende K.-Haus bereits seit 1963 nicht mehr bewohnt worden. Es konnte ferner, wie das Flurbereinigungsgericht bindend festgestellt hat, nach dem Bauzustand, den es zum Zeitpunkt der vorzeitigen Ausführungsanordnung (1. Mai 1970) aufgewiesen hat, nicht mehr bewohnt werden. Bei einem solchen Sachverhalt bedarf der in § 45 Abs. 2 Satz 2 FlurbG genannte Begriff des Wohngebäudes keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung. Wenn nach der angeführten Vorschrift im Rahmen der Flurbereinigung Grundstücke, auf denen Wohngebäude stehen, ohne Zustimmung des Eigentümers weder verlegt noch einem anderen zugeteilt werden dürfen, so liegt der offenkundige Sinn dieser Regelung darin, daß die Flurbereinigung nicht der Anlaß dafür sein soll, den Eigentümer ohne seine Einwilligung zu zwingen, die bestehende Nutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken aufzugeben. Das gilt unabhängig davon, ob er das Gebäude selbst bewohnt oder einem anderen als Wohnung überlassen hat. Dieser Schutzzweck entfällt jedoch, wenn das Gebäude, wie es für das K.-Haus zutrifft, schon seit einer Reihe von Jahren nicht mehr bewohnt ist und nach seinem derzeitigen Bauzustand auch nicht mehr bewohnt werden kann. Ob es baurechtlich zulässig ist, das Gebäude instand zu setzen und danach zu Wohnzwecken zu nutzen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Grundsätzliche Bedeutung hat hier ferner nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Abfindung zu einer völligen Änderung der Struktur eines Betriebes führt und deshalb gemäß § 44 Abs. 5 FlurbG die Zustimmung des Teilnehmers notwendig macht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, daß im Rahmen des planerischen Gestaltens bei der Flurbereinigung zwischen Einlage und Abfindung eine Verschiebung von Ackerland in Grünland und umgekehrt zulässig ist, soweit dadurch die Wertgleichheit nicht beeinträchtigt wird (Beschluß vom 11. Februar 1975 - BVerwG 5 B 33.72 - RdL 1975, 268 mit weiteren Nachweisen). Ob dem Rechnung getragen ist und inwieweit dabei eine Umstellungsentschädigung in Betracht kommt, ist von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig und deshalb einer rechtsgrundsätzlichen Entscheidung nicht zugänglich. Das gleiche gilt für die angeführte Bodenklassenverschiebung.
Die Revision kann auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden. Das Urteil des Flurbereinigungsgerichts weicht nicht von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab, die der Kläger in dieser Hinsicht anführt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 1962 - BVerwG 1 C 212. 58 - (BVerwGE 15, 72) befaßt sich mit der Frage, ob es zulässig ist, im Rahmen der Flurbereinigung aus dem Hausgrundstück eines Teilnehmers der Gemeinde eine Teilfläche zuzuweisen, um eine Ortsstraße verbreitern zu können. In diesem Zusammenhang ist in der Entscheidung u.a. ausgeführt, wenn die Flurbereinigungsbehörde nur Land für eine Anlage nach § 40 FlurbG bereitstelle, dürfe sie von dem einzelnen Teilnehmer auch nur den Wegebeitrag nach § 47 FlurbG fordern, nicht aber eine reale Landfläche. Um eine solche Maßnahme nach § 40 FlurbG geht es jedoch im vorliegenden Verfahren nicht, auch wenn das Flurbereinigungsgericht die genannte Vorschrift als Rechtsgrundlage für seine Entscheidung anführt. Wie bereits der Wortlaut des § 40 FlurbG ergibt, setzt die Anwendung dieser Bestimmung voraus, daß eine künstlich geschaffene Anlage hergestellt werden soll, die dem öffentlichen Verkehr oder einem anderen öffentlichen Interesse zu dienen bestimmt ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts soll die zugewiesene Fläche weder Bestandteil der Kreisstraße werden noch zur Herstellung einer anderen dem öffentlichen Interesse dienenden Anlage verwendet werden. Der Zweck der vom Flurbereinigungsgericht angeordneten Maßnahme liegt allein darin, im Interesse des landwirtschaftlichen Verkehrs die Sichtverhältnisse im Bereich der Kreisstraße und des in sie einmündenden Gemeindeweges durch den Abbruch des K.-Hauses zu verbessern. In einer solchen Maßnahme allein kann nicht die Schaffung einer Anlage im Sinne des § 39 FlurbG oder auch des § 40 FlurbG gesehen werden. Das Flurbereinigungsgericht ist deshalb nicht von den Grundsätzen der Entscheidung BVerwGE 15, 72 abgewichen, wenn es bei der vorgenommenen Änderung des Flurbereinigungsplans § 47 FlurbG nicht beachtet hat.