Flurbereinigungsgericht Kassel, Beschluss vom 12.10.1984 - F R 2287/84
Aktenzeichen | F R 2287/84 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 12.10.1984 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Flurbereinigungsgericht Kassel | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Liegt eine bestandskräftige Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung noch nicht vor und ist der Zustand eines Grundstücks für die Ermittlung seines Wertes von Bedeutung, so hat die Flurbereinigungsbehörde den Zustand rechtzeitig vor Erlaß einer vorläufigen Anordnung (§ 36, § 88 Nr. 3 FlurbG) selbst festzustellen. |
Aus den Gründen
Die Flurbereinigungsbehörde hat den Zustand des von der Anordnung betroffenen Grundstücks selbst nicht in dem Umfang festgestellt, wie er für die Ermittlung seines Wertes und für die Bemessung einer Entschädigung bzw. einer wertgleichen Abfindung im Flurbereinigungsverfahren erforderlich ist.
Um vorliegend den Wert, insbesondere den Tauschwert nach § 27 ff. FlurbG des hier betroffenen Grundstücks der Antragstellerin auch nach der vorläufigen Anordnung und der Inanspruchnahme für den Straßenbau und damit der völligen Veränderung seiner Bodengestalt und -zusammensetzung noch genau ermitteln zu können, genügt es nicht, daß das Grundstück im Rahmen der für das gesamte Flurbereinigungsgebiet bereits durchgeführten Bodenschätzung von zwei Sachverständigen in eine bestimmte Bodenwertklasse eingestuft wurde. Aus dieser Einstufung ist nämlich nicht zu erkennen, welchen Zustand das unveränderte Grundstück z. B. in bezug auf seine Topographie, seine Bodenzusammensetzung, seine Wasserverhältnisse, seinen Bewuchs und sonstige Beschaffenheit hatte. Die Feststellung dieses Zustandes, nämlich aller wertbildenden Faktoren, ist aber, sofern eine bestandskräftige Wertermittlung - wie hier - vor einer vorläufigen Anordnung zum Zwecke einer Grundstücksveränderung noch nicht vorliegt, erforderlich, um die in einem eventuellen späteren Streit um die Wertermittlung als Grundlage für eine Streitentscheidung als sicheren Beweis zu haben. Eine dahingehende Zustandsfeststellung war im Sinne des § 36 Abs. 2 FlurbG, um rechtzeitig erfolgt zu sein, hier auch vor einer die Besitz- und Nutzungsverhältnisse ändernden vorläufigen Anordnung nach § 88 Nr. 3 FlurbG zu treffen, weil die Anordnung hier zum Zweck des Straßenbaues erlassen worden ist und mit ihr die Veränderung der gesamten Grundstücksstruktur verbunden ist und damit vollendete Tatsachen geschaffen werden. Der ursprüngliche Zustand eines so veränderten Grundstücks läßt sich ohne eine vorausgegangene genaue Zustandsfeststellung auch theoretisch nicht mehr rekonstruieren, mithin auch keine rechtswirksame Wertermittlung mehr vornehmen. Dem steht nicht entgegen, daß die Behörde den Verkehrswert des Grundstücks durch einen Sachverständigen hat ermitteln lassen, denn auch dieser Wert wird von der Antragstellerin nicht anerkannt, so daß ein Rechtsstreit, der zwar vor den ordentlichen Gerichten zu führen wäre (§ 88 Nr. 7 FlurbG), nicht auszuschließen ist. Für den Fall eines solchen Rechtsstreits, und das ist Sinn und Zweck der Bestimmung des § 36 Abs. 2 FlurbG, ist der Zustand des Grundstücks nach den oben aufgeführten Kriterien vor Erlaß einer vorläufigen Anordnung rechtzeitig zur Beweissicherung festzustellen. Dabei ist es - entgegen dem Begehren der Antragstellerin - nicht Aufgabe des Gerichts, die Zustandsfeststellung selbst anzuordnen. Sache des Gerichts ist lediglich die Prüfung, ob eine nach § 36 Abs. 2 FlurbG geforderte ordnungsgemäße Zustandsfeststellung von der Flurbereinigungsbehörde vorgenommen worden ist.