RzF - 7 - zu § 112 Abs. 1 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.02.1971 - IV CB 147.68

Aktenzeichen IV CB 147.68 Entscheidung Beschluss Datum 01.02.1971
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Bei der Zustellung an einen Rechtsanwalt nach § 5 Abs. 2 VwZG ist das Datum des Eingangs des Schriftstücks maßgebend (Fortführung der Rechtsprechung über die Zustellung nach § 5 Abs. 2 VwZG an Behörden (Beschlüsse vom 31. August 1957 - BVerwG II B 7.57 -, vom 7. Juni 1957 - BVerwG VI B 25.57 - und vom 14. Februar 1966 - BVerwG IV B 112.65 -)).

Aus den Gründen

Die am 10. Dezember 1968 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangene Rechtsmittelschrift wahrt nicht die gesetzlichen Fristen der §§ 132 Abs. 3, 139 Abs. 1 VwGO. Die Zustellung des Urteils am 9. November 1968 wird durch das bei den Gerichtsakten befindliche Empfangsbekenntnis bewiesen. Die Einwände der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit dieses Zustellungsnachweises sind nicht begründet. Die Kläger haben glaubhaft gemacht, daß das Empfangsbekenntnis von Rechtsanwalt Dr. O. unterschrieben worden ist, daß dieser jedoch am 9. November 1968, einem Sonnabend, sich nicht in der Anwaltskanzlei befunden habe. Vielmehr habe ein Rechtsreferendar den "Jourdienst" an diesem Tage planmäßig wahrgenommen, der aber nicht amtlich bestellter Vertreter der Kanzleiinhaber gewesen sei. Sie behaupten, Rechtsanwalt Dr. O. habe erst am 11. November 1968, einem Montag, das Empfangsbekenntnis unterzeichnet, ohne indessen selbst ein Datum einzusetzen; auf dem Empfangsbekenntnis befinde sich lediglich der normale Eingangsstempel vom 9. November 1968. Erst am 11. November 1968 habe Rechtsanwalt Dr. O. den Willen zum Empfang des Urteils zum Ausdruck gebracht.

Dieses Vorbringen vermag nichts daran zu ändern, daß die Zustellung des Urteils im Sinne von § 5 Abs. 2 VwZG am 9. November 1968 wirksam geworden ist. Denn die Zustellung besteht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VwZG in der Übergabe eines Schriftstücks in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift oder im Vorlegen der Urschrift. Nach § 5 Abs. 2 VwZG kann unter anderem an Rechtsanwälte das Schriftstück auch auf andere Weise übermittelt werden; als Nachweis der Zustellung genügt dann das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Behörde zurückzusenden ist. Diese Vorschrift ist zwar nach dem Vorbild des § 198 ZPO zustandegekommen, sie weicht aber schon insofern davon ab, als es sich bei § 198 ZPO um die Zustellung von Anwalt zu Anwalt handelt. Die zu § 198 ZPO ergangene Rechtsprechung ist daher nicht uneingeschränkt auf § 5 Abs. 2 VwZG anzuwenden. Im Gegensatz zu § 198 Abs. 2 ZPO, wonach unter anderem das "mit Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis des Anwalts, dem zugestellt worden ist", erforderlich, aber auch genügend ist, reicht nach § 5 Abs. 2 VwZG "das mit Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis" zum Nachweis der Zustellung aus. Daher hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß, wenn nach § 5 Abs. 2 VwZG an Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts zugestellt wird, bereits der Eingang bei derjenigen Stelle, die die Behörde oder Körperschaft zum Empfang der Post eingerichtet hat, maßgebend ist und daß es nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt der Behördenvorsteher oder dergleichen die Zustellung erhalten hat (vgl. Beschluß vom 31. August 1957 - BVerwG II B 7.57 -, Beschluß vom 7. Juni 1957 - BVerwG VI B 25.57 und Beschluß vom 14. Februar 1966 - BVerwG IV B 112.65 -). Für die Zustellung nach § 5 VwZG an einen Rechtsanwalt kann nichts anderes gelten. Somit muß davon ausgegangen werden, daß das Urteil - wie sich aus dem Aufdruck des Eingangsstempels ergibt - am 9. November 1968 bei der Anwaltskanzlei eingegangen, damit den Rechtsanwälten übermittelt, also zugestellt worden ist, und daß Rechtsanwalt Dr. O., dies und nichts anderes durch seine Unterschrift bescheinigt hat, die er in den umrandeten, das Datum enthaltenen Eingangsstempel setzte. Mehr war nicht erforderlich, und dies genügt auch der gesetzlichen Vorschrift. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob die Kanzlei voll oder auf Anordnung der Rechtsanwälte nur mit einem "Jourdienst" besetzt war. Insbesondere kann es nicht darauf ankommen, zu welchem Zeitpunkt der innerhalb der Kanzlei "zuständige" Rechtsanwalt von der Zustellung oder gar von dem Inhalt des Urteils Kenntnis erlangt, und schon gar nicht, wann er seinen "Willen zum Empfang des Urteils zum Ausdruck gebracht" hat. Dies muß im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zustellung an Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts schon deswegen gelten, weil aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bei einer Behörde nicht andere Maßstäbe angelegt werden können als bei einem Büro einer Anwaltsgemeinschaft oder -sozietät, die schon wegen der Anzahl der Angestellten eine behördenähnliche Organisation verlangt. Sonst könnte bei der Zustellung an einen Rechtsanwalt nach § 5 Abs. 2 VwZG das eintreten, was das Bundesverwaltungsgericht bei den Behörden gerade ausdrücklich mißbilligt hat, daß es nämlich in das Belieben der die Zustellung empfangenden Behörde - hier der Rechtsanwälte - gestellt wäre, den Zeitpunkt der Zustellung durch spätere Vorlage ins Ungewisse hinauszuschieben. Wie die Behörde muß auch der Rechtsanwalt eine Zustellung nach § 5 VwZG dulden. Dies folgt auch aus § 9 VwZG. Danach kommt es, wenn eine formgerechte Zustellung eines Schriftstücks nicht nachweisbar ist oder wenn das Schriftstück unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist - was hier beides nicht vorliegt -, auf den Zeitpunkt an, in dem es der Empfänger "erhalten" hat. Daß § 9 Abs. 1 VwZG nicht gilt, wenn es sich um die Frist zur Erhebung der Klage, eine Berufungs- oder Revisions- oder Rechtsmittelbegründungsfrist handelt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VwZG ohnehin nicht vorliegen. Diese Vorschrift läßt indessen den Willen des Gesetzgebers erkennen, daß es - abgesehen von Fällen der Ersatzzustellung (§ 11 VwZG) - auf das Zugehen, das Erhalten des Schriftstücks, und nicht auf die Bereitschaft des Empfängers ankommt, das Schriftstück als zugestellt anzusehen.

Demgegenüber haben die Kläger nicht den Beweis erbracht, daß das angefochtene Urteil an einem anderen Tage als dem 9. November 1968 im Sinne von § 5 Abs. 2 VwZG zugestellt worden ist.

Anmerkung

Diese Rechtsprechung wurde aufgegeben durch BVerwG, Urteil vom 17.05.1979 - 2 C 1.79