Flurbereinigungsgericht München, Beschluss vom 28.09.1962 - 10 VII 60
Aktenzeichen | 10 VII 60 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 28.09.1962 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zu den Gebühren eines Rechtsanwalts, die nach § 147 Abs. 4 FlurbG erstattungsfähig sind, gehören die Verhandlungs-, Prozeß- und gegebenenfalls die Beweisgebühr. |
Aus den Gründen
Die Vorschrift des § 162 Abs. 2 VwGO erklärt, Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, die sich im einzelnen nach der BRAGebO bemessen, für erstattungsfähig. Diese Vorschrift erfährt im Verwaltungsstreitverfahren vor dem Flurbereinigungsgericht durch die Bestimmung des § 147 Abs. 4 FlurbG, welche die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren auf die Gebühren für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung beschränkt, eine Einschränkung. § 190 Abs. 1 Nr. 4 VwGO läßt auch nach dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung die Bestimmung des § 147 Abs. 4 FlurbG unberührt. Die Erläuterungsbücher (Seehusen-Schwede-Nebe und Steuer, Anmerkung 5) suchen diese Beschränkung der Erstattung von Anwaltskosten damit zu erklären, daß im Verwaltungsstreitverfahren vor dem Flurbereinigungsgericht vorwiegend und in der Regel landwirtschaftliche Fragen in Betracht kommen. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hält in seinem Beschluß vom 18.5.1956 - F III 53, 54 (NJW 1956 S. 1654) die vollen Gebühren des in der mündlichen Verhandlung auftretenden Rechtsanwalts für erstattungsfähig und mißt der Bestimmung des § 147 Abs. 4 FlurbG nur dann Bedeutung bei, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Der erkennende Senat hat bisher im Hinblick auf diese einschränkende Bestimmung nur Kosten (Gebühren und Auslagen) für die Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht für erstattungsfähig anerkannt. Er sieht sich veranlaßt, diesen Rechtsstandpunkt aufzugeben und im Falle einer mündlichen Verhandlung auch eine Prozeßgebühr (§ 31 Nr. 3 BRAGebO) und, insoweit eine Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung durchgeführt worden ist, die dafür vorgesehene Beweisgebühr für erstattungsfähig zu erklären. Unter Gebühren im Sinne des § 147 Abs. 4 FlurbG wurden in den bisherigen Beschlüssen auch die zusätzlich zur eigentlichen Gebühr anfallenden weiteren Auslagen für erstattungsfähig angesehen, da mit der Bezeichnung Gebühren auch Kosten, also Gebühren und Auslagen, erfaßt werden wollen. Zur Änderung des bisherigen Standpunkts veranlaßten die folgenden Umstände: Ist ein Rechtsanwalt nur in der mündlichen Verhandlung mit der Vertretung beauftragt, so steht ihm auf Grund der Vorschrift des § 53 Satz 1 BRAGebO neben der Verhandlungsgebühr die halbe Prozeßgebühr zu. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn ein Rechtsanwalt, wie hier, zur Vertretung im gesamten Verwaltungsstreitverfahren beauftragt ist. In diesem Falle tritt an die Stelle der halben Prozeßgebühr die volle. Die Prozeßgebühr ist hier die Voraussetzung für die Verhandlungsgebühr (vgl. Lauterbach, KG Anm. 1 c zu § 31 BRAGebO). Schließlich erheischt auch der verbindliche Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, daß die Prozeßgebühr für erstattungsfähig erklärt wird. Es darf in diesem Zusammenhang darauf verwiesen werden, daß fast ausnahmslos in allen Verwaltungsstreitverfahren im Falle des Obsiegens einer Partei, ihr volle Gebührenerstattung gewährleistet ist. Eine im Kriegsgefangenenentschädigungsrecht versagende Bestimmung des Gebührenersatzes vor dem Verwaltungsgericht (§ 27 Abs. 4 KGefEG) hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4.4.1962 (DÖV 1962 S. 422 - NJW 1962 S. 1147 -) für nichtig erklärt.